Zum Hauptinhalt springen

Das stärkste Argument gewinnt

Bei einem Debattierwettbewerb in Kairo erlebten junge Deutschlerner Demokratie hautnah.

25.09.2017
Debattieren lernen: Schüler bereiten sich auf ein „TV-Duell“ vor.
Debattieren lernen: Schüler bereiten sich auf ein „TV-Duell“ vor. © Deutsche Botschaft Kairo

Nicht nur in Deutschland war die Bundestagswahl zentrales Thema in den Medien – politische Beobachter in Europa und der ganzen Welt verfolgten mit großer Spannung den Wahlausgang. In der ägyptischen Hauptstadt Kairo stand die deutsche Wahl zudem schon einen Tag vorher im Fokus eines besonderen Events: Ein Debattierwettbewerb brachte Schülerinnen und Schüler aus ägyptischen PASCH-Schulen im Goethe-Institut Kairo zusammen. Sie beschäftigten sich einen Tag vor der Wahl vor allem mit dem Begriff der Demokratie, dem Führen konstruktiver Diskussionen und lernten das politische System Deutschlands kennen. Initiiert hatte das Projekt die deutsche Botschaft in Kairo. Umgesetzt wurde es gemeinsam mit dem Goethe-Institut, der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) und der Initiative PASCH-Schulen. Damit es nicht nur bei theoretischem Input blieb, traten einige der Teilnehmer zum Abschluss der Veranstaltung debattierend gegeneinander an.

Die Schülerinnen und Schüler mussten zunächst eine Antwort auf die Frage „Was verstehe ich unter Demokratie?“ finden und diese schon bei der Anmeldung angeben. „Aus den Einsendungen haben wir die Schüler mit den überzeugendsten Antworten ausgewählt“, sagte Simon Brombeiss, Kulturreferent in der deutschen Botschaft in Kairo. Das Interesse war groß: „Wir haben fast 40 Teilnehmer von mehr als zehn PASCH-Schulen in Ägypten“, freute sich Brombeiss. Soraja Bahgat, eine ägyptische Streiterin für Frauenrechte und eine der Moderatorinnen der Veranstaltung, beeindruckte das Engagement der Schüler der zehnten und elften Klassen: „Es freut mich sehr, wie sich junge Ägypter für die Wahl in Deutschland interessieren und engagieren. Es ist schön zu sehen, dass sie es kaum erwarten können, endlich selbst zu debattieren“.

Schüler als Wahlkämpfer

PASCH steht für die 2008 vom Auswärtigen Amt ins Leben gerufene Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“ und vernetzt weltweit mehr als 1.800 Schulen, an denen Deutsch einen besonders hohen Stellenwert hat. PASCH soll in Zusammenarbeit mit der ZfA, dem Goethe-Institut, dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) sowie dem Pädagogischen Austauschdienst (PAD) der Kultusministerkonferenz Interesse und Begeisterung für Deutschland und die deutsche Sprache wecken. Den Anspruch spiegelte auch das vielfältige Programm des Debattierwettbewerbs. Zwei Experten der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg hatten sich Gruppenspiele ausgedacht und brachten die Schüler so ins Gespräch miteinander. Dann ging es um Begriffe wie „Gewaltenteilung“, das Wahlsystem und die Demokratie in Deutschland. Zur Bundestagswahl gaben die Moderatoren den Schülern außerdem einen Überblick über die wichtigsten Parteien in Deutschland und ihre Ausrichtung.

In der zweiten Phase konnten sich die Teilnehmer auf den Debattierwettbewerb vorbereiten. Schülergruppen schlüpften in die unterschiedlichen Rollen einer Wahlkampfdebatte. Die einen waren Moderatoren eines TV-Duells und bereiteten kritische Fragen für die anderen vor, die die Rolle von Vertretern der deutschen Parteien übernahmen. Mit Hilfe eines Dossiers mit umfangreichen Informationen zur politischer Ausrichtung der Parteien konnten sie ihre Argumente für die Debatte vorbereiten. „Es freut mich besonders, dass die Schüler am Ende nicht nur über die Wahl Bescheid wissen, sondern selber darüber diskutieren können“, sagte Danny McClelland, Moderator von der Landeszentrale für politische Bildung.

Dann kam der Höhepunkt: der Debattierwettbewerb. Aus jeder Gruppe trat jeweils ein Spitzenkandidat an und positionierte sich in der auf Deutsch und Arabisch geführten Debatte zum Thema „Migration in Deutschland“. Ernsthaft, aber auch mit viel Spaß und Witz tauschten die Spitzenkandidaten ihre Argumente aus. Die fünf Jury-Mitglieder, unter ihnen Mona Ajub,  stellvertretende Direktorin des DAAD-Büros in Kairo,  Mona Shahien, Leiterin der Tahrir Lounge, und Franz Maget, Politiker aus Bayern, wählten am Ende eine Gewinnergruppe, die in der Debatte am überzeugendsten auftrat. Der Wettbewerb ging anders aus als die Wahlen am nächsten Tag: Debattensieger waren die SPD-Stellvertreter, dicht gefolgt von der CDU-Gruppe auf dem zweiten Platz. Und so umstritten die Positionen der rechtspopulistischen AfD auch sind: Die Schülergruppe konnte mit ihrem Auftritt den dritten Platz gewinnen. Sachpreise und Anerkennungsurkunden erhielten aber alle Beteiligten.

Wissen als Schlüssel für die Zukunft

Trotz eines langen Workshop-Tags – neun Stunden mit vier Pausen – der zum Teil komplizierten politischen Begriffe und der herausfordernden Debatte, kam die Veranstaltung bei den jungen Deutschlernern sehr gut an. „Der Workshop hat mir heute eine genaue Übersicht über das politische System in Deutschland gegeben“, sagte Majada Salah, die die Rolle der Spitzenkandidatin der Partei Die Linke spielte. Nach der Schule möchte sie zwar nicht in die Politik, wohl aber nach Deutschland gehen – Salah würde gern an einer deutschen Universität ein Medizinstudium beginnen.

Auch das Feedback der Organisatoren ist positiv. „Das Engagement der Schüler finde ich ganz toll”, sagte Kulturreferent Brombeiss. „Man merkt hier in Ägypten, ganz besonders bei den deutschen Auslandsschulen, bei den deutschen Sprachdiplomschulen, und auch bei den Goethe-Fit-Schulen, dass die Schüler Wissen förmlich aufsaugen, mit starker innerer Überzeugung versuchen voranzukommen und sich eine Zukunft aufzubauen. Kenntnisse im Bereich der politischen Entscheidung zu haben, ist für dieses Vorhaben sehr wertvoll.“

© www.deutschland.de