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„Diese Zusammenarbeit hat Welten geöffnet“

Neuer Blick auf Iran: Ausstellungsleiterin Susanne Annen über Herausforderungen und Highlights der neuen Iran-Ausstellung in der Bundeskunsthalle in Bonn.

12.04.2017
© Barbara Helwing/Bundeskunsthalle - Cultural heritage

Susanne Annen

Die Vorbereitungen zur Ausstellung „Iran – Frühe Kulturen zwischen Wasser und Wüste“ dauerten fast vier Jahre – das ist eine ziemlich lange Zeit. Wo lagen die Herausforderungen in der Konzeption?

Wir stellen in dieser Ausstellung die frühe Kultur Irans vor, etwa 8.000 Jahre Geschichte, von der Sesshaftwerdung der Menschen bis zum ersten Großreich der Achämeniden 550 v. Chr. Die westlichen Ausläufer Irans gehören zur Region des sogenannten fruchtbaren Halbmonds, wo die ersten Menschen vor vielen tausend Jahren sesshaft wurden. Das macht die Gegend bedeutend und unglaublich spannend. Die Iran-Ausstellung gehört zu unserer „Reihe der großen Kulturen“, die sich mit Kulturgeschichte und Archäologie beschäftigen. Die Zeit vor den Achämeniden ist relativ unerforscht – das reizte uns, uns wissenschaftlich damit auseinanderzusetzen. Wir haben mit Forschern aus der ganzen Welt zusammengearbeitet, recherchiert und geforscht. Die Kuratorin der Ausstellung, Barbara Helwing, leitete viele Jahre lang die Außenstelle des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) in Teheran und hat sich richtig in das Thema eingegraben. Ich bin durch das Land gereist und habe in Provinzmuseen nach den schönsten und spannendsten Objekten gesucht. So eine aufwendige Ausstellung gelingt nur mit viel Herzblut!

Welche Highlights sollten Besucher auf keinen Fall verpassen?

Wir haben sehr viele wunderschöne Chloritgefäße aus dem Süden Irans als Leihgaben bekommen, aus Grabungen in der Provinz Kerman. Im letzten Raum der Ausstellung stellen wir Goldschmuck aus den Gräbern zweier Prinzessinnen aus der neuelamischen Zeit im 6. Jahrhundert v. Chr. aus. Visuell sind die Stücke unglaublich! Sie sind noch nie außerhalb von Iran und noch nie in dieser Kombination gezeigt worden. Normalerweise liegen sie in Teheran im Safe. Das ist wirklich ein Highlight!

Die Bundeskunsthalle wurde 1992 eröffnet als künstlerisches Zentrum, das von Austausch geprägt sein sollte. Sie besitzt keine eigene Sammlung und konzipiert jedes Thema neu und anders. Was bedeutet das für Ihre Arbeit?

Wir bieten eine enorme Themenvielfalt an. Die Iran-Ausstellung läuft beispielsweise zeitgleich mit einer Ausstellung über die Künstlerin Katharina Sieverding und einer Ausstellung zu Comics, Mangas und Graphic Novels. Diese Bandbreite macht mir Freude und ist eine große Chance!

Für die Iran-Ausstellung haben wir dreisprachige Wandtexte und Audioguides sowie eine multimediale Aufarbeitung vorbereitet: Mit Filmen und Rekonstruktionen wird erst einmal begreiflich, wie es damals aussah. Denn aus der prähistorischen Zeit ist sehr wenig erhalten. 8.000 Jahre vorzustellen ist eine Herausforderung! Allein wegen der Größe des Landes sind unterschiedliche Entwicklungen im Norden oder Süden Irans auch teilweise gleichzeitig passiert.

Die Ausstellung ist in Zusammenarbeit mit dem National Museum of Iran und der iranischen Kulturerbe- und Tourismusorganisation ICHTO konzipiert werden. Wie lief die Zusammenarbeit – und haben Sie auch etwas für die Zukunft geplant?

Wir haben fast vier Jahre lang gemeinsam mit den iranischen Kollegen gearbeitet, die Zusammenarbeit öffnet Welten! Die iranischen Archäologen und Wissenschaftler begreifen es als große Chance, ihr Land einmal aus einem anderen Blickwinkel in Europa vorzustellen. Wir haben schließlich auch eine gemeinsame Geschichte. Vor der Aufhebung der Sanktionen gegen Iran war das Land für viele Wissenschaftler gar nicht zugänglich. Daher freuen wir uns, dass die Ausstellung jetzt endlich möglich wurde. Unser Ausstellungskatalog soll sowohl auf Deutsch als auch auf Persisch erscheinen, sodass Jungwissenschaftler in Iran ihn ebenfalls nutzen können.

Auch für die Zukunft stehen bereits zwei Projekte fest: Der Aufbau eines Regionalmuseums in Yazd mit aktuellen konzeptionellen und konservatorischen Standards sowie der Aufbau einer Objektdatenbank am Museum für Islamische Kunst in Teheran. Beide Projekte werden von der Gerda Henkel Stiftung unterstützt und in Kooperation zwischen der Bundeskunsthalle, dem Museum für Islamische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin und ICHTO erarbeitet und umgesetzt.

Interview: Sarah Kanning

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