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Deutsch-niederländische Nähe

Eine schwierige Geschichte, verwandte Sprachen, das Leben im modernen Europa – Deutsche und Niederländer verbindet einiges.

12.01.2017
© dpa/Uwe Anspach

Im Vorfeld des Deutsch-Niederländischen Forums in Berlin sprechen „Grenzgänger“ aus beiden Ländern über ihren Blick auf das Verhältnis der Nachbarn.

 

Monique van Daalen ist Botschafterin der Niederlande in Deutschland.

„Was die Pflege unserer deutsch-niederländischen Beziehungen angeht, so können wir konstatieren: Die politische, wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit läuft mittlerweile auf hohem Niveau. Beleg dafür sind nicht nur die jährlichen deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen oder unser Gastlandauftritt auf der Frankfurter Buchmesse 2016, sondern auch die enge Kooperation im Verteidigungsbereich. So arbeiten deutsche und niederländische Soldaten zusammen in Mali, Nordafghanistan und Irak. Diese Kooperation gilt inzwischen als Blaupause für viele andere europäische Bündnispartner.

Dass die Niederlande und Deutschland viel teilen, ist klar, und vor diesem Hintergrund können wir optimistisch auf die weitere Zusammenarbeit blicken. Es sind aber auch Zeiten, in denen die europäische Zusammenarbeit notwendiger ist denn je. Nur so können wir grenzüberschreitenden Herausforderungen, wie zum Beispiel der Flüchtlingskrise oder dem Terrorismus, die Stirn bieten. Dialog, Kompromissbereitschaft und gegenseitiges Verständnis sind zwingend notwendig. Die Niederlande haben sich hierfür während ihrer EU-Ratspräsidentschaft in der ersten Jahreshälfte von 2016 eingesetzt und sie werden dies auch weiterhin tun – zusammen mit gleichgesinnten Partnern wie Deutschland.“

 

Der Niederländer Johan Simons ist seit 2015 Intendant der Ruhrtriennale, zuvor leitete er die Münchner Kammerspiele.

„Wenn ich darüber nachdenke, was die Niederlande und Deutschland verbindet, dann denke ich natürlich sofort an die geografische Nähe. Wir sind Nachbarn und haben uns, wie das bei Nachbarn so ist, mal besser und mal schlechter verstanden. Auch sprachlich sind wir uns sehr nah. Als Regisseur sehe ich eine starke Beziehung zwischen den Niederlanden und Deutschland, die sich in der Theaterkultur zeigt, aus der beide Länder stammen. Niederländische und deutsche Schauspieler und Schauspielerinnen verbindet eine besondere Fähigkeit: die des abstrakten Spiels. Sie interessieren sich für Konzepte und beschränken sich nicht auf ein naturalistisches Schauspiel. Künstlerisch ist das für mich eine der wichtigsten Verbindungen zwischen beiden Ländern.“

 

Janet Antonissen lehrt interkulturelle Kommunikation an der International Business School in Venlo und berät Unternehmen in Deutschland.

„Was verbindet Deutschland und Niederlande? Welche Gemeinsamkeiten gibt es? Ganz viele: Man arbeitet gerne miteinander, man versteht sich einfach. Eine direkte Kommunikation von beiden Seiten lässt keinen oder kaum Raum für Missverständnisse. Ziele werden auf unterschiedliche Weisen erreicht, aber Kreativität und Gründlichkeit ergänzen sich gut. Mit einer großen Portion Weltoffenheit, sowohl im Geschäftsleben als auch im Privatbereich (Menschen aus beiden Ländern reisen gern bis in die allerletzten Ecken der Welt), steht einer deutsch-niederländischen Freundschaft nichts im Weg. Und die Liebe? Laut des verstorbenen Autors Dik Linthout gibt es nirgendwo sonst in Europa so viele Liebschaften, wird über die Grenze hinweg so oft zusammengelebt und geheiratet. Wenn das nicht verbindet.“

 

Thomas Hoeps aus Deutschland und Jac. Toes aus den Niederlanden schreiben gemeinsam Kriminalromane.

„Jedes Land pflegt die Tradition mindestens leicht negativer Klischeevorstellungen über seine Nachbarländer. Das war zwischen Deutschland und den Niederlanden lange nicht anders. Doch das Bild der Niederländer vom ‚botten‘, also vom etwas unfreundlichen und groben deutschen ‚Strandabschnittsbesatzer‘, hat sich im letzten Jahrzehnt deutlich positiv gewandelt. Gewertschätzt wird nun der respektvolle, vertrauenswürdige Deutsche mit Qualitätsbewusstsein. Umgekehrt ist das deutsche Bild vom etwas zu lockeren, stets improvisierenden ‚Holländer‘ nicht zuletzt in Folge der Wirtschaftskrise und der Migrationsdebatten um einiges realistischer geworden. Jenseits des Schwarz-Weiß-Denkens ist es für uns einfacher geworden, die guten Eigenschaften des Anderen zu prüfen und anzunehmen. Und einig erscheinen zumindest die weiseren deutsch-niederländischen Köpfe in der Überzeugung, dass die deutsch-niederländische Freundschaft eine entscheidende Basis für eine positivere Entwicklung Europas bilden kann und muss.“