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Ein Instrument der Selbsthilfe

In einem neuen Land finden sich Menschen mit psychischen Erkrankungen oft schlecht zurecht. Orientierung in Deutschland bietet eine virtuelle Anlaufstelle. 

Kim BergKim Berg , 05.10.2023
REFUGEEUM bietet online Informationen zu mentaler Gesundheit.
REFUGEEUM bietet online Informationen zu mentaler Gesundheit. © AdobeStock

Durch traumatische Erlebnisse wie Krieg, Gewalt und den Zwang, die eigene Heimat verlassen zu müssen, sind Geflüchtete besonders anfällig für psychische Erkrankungen. In 47 Psychosozialen Zentren in Deutschland bekommen sie Hilfe. Eine virtuelle Anlaufstelle für geflüchtete Menschen in Deutschland, die unter körperlichen oder seelischen Beeinträchtigungen leiden, bietet das Projekt REFUGEEUM. Professor Mike Mösko, Leiter der Arbeitsgruppe Psychosoziale Migrationsforschung (AGPM) an der Universität Hamburg-Eppendorf, erklärt, wie die Plattform entstanden ist. 

Professor Mike Mösko leitet die „Research Group on Migration and Psychosocial Health” an der Universität Hamburg-Eppendorf.
Professor Mike Mösko leitet die „Research Group on Migration and Psychosocial Health” an der Universität Hamburg-Eppendorf. © privat

Herr Mösko, welche Unterstützung erhalten Geflüchtete über REFUGEEUM?
Die Grundidee ist, betroffenen Menschen eine Möglichkeit zu geben, sich in ihrer Muttersprache über psychische Probleme zu informieren und ihnen Selbsthilfestrategien mit auf den Weg zu geben. Das Projekt ist somit ein Instrument der Selbsthilfe und Psychoedukation, also der Vermittlung von Wissen über psychische Krankheiten.  

Wie ist das Angebot entstanden?
Die Website ist im Rahmen eines einsemestrigen Praxisprojekts mit Masterstudierenden der Psychologie der Universität Hamburg entstanden. Diese haben wissenschaftlich fundierte Materialien für psychisch erkrankte Geflüchtete entwickelt. Darüber hinaus wurden Geflüchtete aktiv an der Erstellung der Website beteiligt. Im Frühjahr 2016 nahmen an einem Seminarblock 14 Geflüchteten aus vier Ländern teil. Gemeinsam mit den Studierenden sind sie die Textentwürfe durchgegangen und haben wichtige Rückmeldungen und Verbesserungsvorschläge gegeben. 

Dem Engagement der Studierenden ist es zu verdanken, dass das Projekt eine ungeheuer positive Dynamik entwickelt hat. Der gemeinnützige Hamburger Verein Seelische Gesundheit. Migration und Flucht e. V. (SEGEMI) hat das Projekt von Beginn an fachlich unterstützt und betreut die Website seit Ablauf des Seminars technisch und inhaltlich. 

Wie sieht die psychologische Versorgung von Geflüchteten in Deutschland aus?
Die meisten geflüchteten Menschen mit psychischen Erkrankungen erhalten in einem der bundesweit 47 Psychosozialen Zentren in Deutschland Hilfe. Diese sind unter dem Dach der BAfF, der bundeweiten Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer, organisiert. Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche regionale Initiativen und Organisationen, die ebenfalls psychosoziale Hilfen anbieten. Es mangelt jedoch an professionellen Dolmetschern, die für eine umfangreiche Versorgung der Patienten notwendig wären. 

Für dieses Problem hat SEGEMI einen sehr wichtigen Meilenstein erreicht: In Kooperation mit der Psychotherapeutenkammer Hamburg und dem Paritätischen Wohlfahrtverband haben sie es geschafft, ein bundesweit einmaliges Modellprojekt auf die Beine zu stellen. Seit 2017 gibt es den Hamburger Dolmetschpool, mit dessen Hilfe ambulante Behandler kostenlos einen professionellen Dolmetscher zur Diagnostik und Behandlung ihrer Patienten erhalten. 

Hier geht es zur Website von REFUGEEUM

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