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Deniz Yücel - 365 Tage eingesperrt

Erst kam Deniz Yücel in Gewahrsam, wenig später in Haft. Eine Chronik der Ereignisse.

Diana Hodali, 14.02.2018
Meinungsfreiheit: Deniz Yücel noch immer in Haft
© dpa

14. Februar: Denis Yücel, Türkei-Korrespondent der Tageszeitung "Die Welt", begibt sich in das Istanbuler Polizeipräsidium, um sich Fragen von Ermittlern zu stellen. Der 43-Jährige hatte - so wie andere internationale Journalisten auch - über eine Hackerattacke auf das E-Mail-Konto des türkischen Energieministers berichtet. Er kommt in Polizeigewahrsam. Zunächst sind die Gründe dafür unklar. Yücel ist sowohl deutscher als auch türkischer Staatsbürger.

18. Februar: Wenige Tage später schaltet sich die Bundesregierung ein. Kanzlerin Angela Merkel dringt gegenüber dem türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim auf eine faire Behandlung Yücels.

27. Februar: Ein Gericht erlässt Haftbefehl gegen Yücel. Er kommt auf unbestimmte Zeit in Untersuchungshaft, zunächst im Istanbuler Gefängnis Metris. Der Vorwurf: "Propaganda für eine terroristische Vereinigung und Aufwiegelung der Bevölkerung" - also Volksverhetzung. Texte von Yücel zum Kurdenkonflikt und dem gescheiterten Putschversuch vom 15. Juli 2016 werden vom Richter erwähnt. Die Untersuchungshaft kann in der Türkei bis zu fünf Jahre lang sein.

1. März: Deniz Yücel wird in das Hochsicherheitsgefängnis Silivri überstellt. Kurz darauf legen seine Anwälte Widerspruch gegen die Untersuchungshaft ein.

14. März: Deniz Yücel kommt in eine 16 Quadratmeter große Einzelzelle. Über seine Anwälte lässt der Korrespondent seiner Heimatzeitung seine Erfahrungen zukommen. "Das Alleinsein ist schon fast eine Art Folter", schreibt er. "Durch das Fenster sehe ich nur eine sechs Meter hohe Mauer. Den Himmel sehe ich nur durch den Stacheldraht auf der Mauer." Einmal die Woche dürfe er Besuch bekommen, nur von den engsten Angehörigen: "Eine Stunde hinter Trennscheibe", schreibt Yücel.

4. April: Die deutsche Botschaft erhält das erste Mal konsularischen Zugang zu Yücel. Im September untersagen die Behörden dem Auswärtigen Amt allerdings einen erneuten Besuch bei Deniz Yücel. "Wir verstehen nicht, warum es nicht möglich sein kann, dass unser Generalkonsul Herrn Yücel und die anderen deutschen Gefangenen in der Türkei regelmäßig besucht", sagte Außenamtssprecher Martin Schäfer. Die konsularische Betreuung sei klar geregelt. Man könne daher eine Klage erwägen. Bis es zu einem Urteil darüber käme, würden allerdings Jahre vergehen.

12. April: Deniz Yücel heiratet seine Freundin, die TV-Produzentin Dilek Mayatürk, im Gefängnis. Mit der Heirat erhält Mayatürk ein Besuchsrecht. Nach Angaben der Welt sollen sein Anwalt Ferat Cagil und die Parlamentsabgeordnete der größten Oppositionspartei CHP, Safak Pavey, die Trauzeugen gewesen sein.

10. September: Anlässlich des 44. Geburtstags von Deniz Yücel findet ein Auto- und Fahrrad-Korso mit Kundgebung in Berlin statt, um für die Freilassung der in der Türkei inhaftierten Journalisten zu demonstrieren.

3. Dezember: Deniz Yücels Einzelhaft endet. Er wird in eine Zelle verlegt, die Zugang zu einem Gefängnishof hat. Diesen wiederum teile er sich mit einem ebenfalls inhaftierten türkischen Journalisten, berichten verschiedene Medien. Der Zugang beider Zellen zu dem gemeinsamen Innenhof sei während des Tages geöffnet. Wie die "Welt am Sonntag" schreibt, darf Yücel einmal pro Woche für 60 Minuten Besuch von engen Angehörigen empfangen. Ansonsten dürfen ihn nur seine Anwälte besuchen. Er erhält nur eingeschränkt Post und kann selbst keine Postsendungen verschicken.

17. Januar 2018: Deniz Yücel lehnt einen Tauschhandel zwischen Deutschland und der Türkei für seine Freilassung ab. "Für schmutzige Deals stehe ich nicht zur Verfügung", sagt er der Deutschen Presse-Agentur in einem Interview, das schriftlich über seine Anwälte geführt wurde. Er wolle seine Freiheit nicht "mit Panzergeschäften von Rheinmetall oder dem Treiben irgendwelcher anderen Waffenbrüder befleckt wissen". Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hatte wenige Tage zuvor gesagt, die Türkei sei zwar Nato-Partner, "trotzdem hat die Bundesregierung eine sehr große Anzahl von Rüstungsexporten nicht genehmigt. Dabei wird es auch bleiben, solange der Fall Yücel nicht gelöst ist".

1. Februar 2018: Die Bundesregierung gibt eine Stellungnahme zum Fall Deniz Yücel vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ab. Man weise darin darauf hin, dass Yücel ausschließlich aufgrund seiner Berichterstattung inhaftiert worden sei. Der geschäftsführende Bundesjustizminister Heiko Maas sagt der Zeitung "Die Welt": "Jede Unterdrückung von kritischer Berichterstattung ist mit unserem Verständnis von Pressefreiheit nicht vereinbar." Der SPD-Politiker sagt weiterhin: "Wir werden nichts unversucht lassen, um uns für ein rechtsstaatliches Verfahren für Deniz Yücel einzusetzen."