Open Air-Festivals liegen im Trend
Die Musikindustrie ist tot, es lebe die Musikindustrie. Die Berlin Music Week ist Höhepunkt einer Branche, die aufgemischt wurde.

Wenn Singer-Songwriter Philipp Poisel im Berliner Admiralspalast die Gewinner des New Music Award 2012 präsentiert, dann liegt eine Woche voller Musik hinter der deutschen Hauptstadt. In Berliner Clubs, auf Dächern der Stadt und Dutzenden Bühnen zeigen Musiker und DJs ihr kreatives Potential. Die Karawane zieht dann weiter zum Hamburger Reeperbahn Festival, das längst in der Szene hoch gehandelt wird. Nicht mehr im Musik-Kalender steht die Popkomm. Die internationale Musikmesse erlebt jetzt ihr wohl endgültiges Aus. „In konzeptioneller Neuausrichtung“ heißt es auf der Homepage und spiegelt den Umbruch wider, den die gesamte Branche erlebte.
Der deutsche Musik-Markt ist mit einem Umsatz von 1,67 Milliarden Euro im Jahr 2011 der drittstärkste der Welt, nach den USA und Japan. Doch im neuen Jahrtausend waren die Zahlen zunächst nach unten gerutscht, denn in der digitalen Welt kaufen immer weniger Musikliebhaber CDs. Auch wenn die physischen Tonträger nach Angaben des Bundesverbands noch die wichtigste Umsatzsäule ausmacht: Der deutliche Abwärtstrend ist hier unübersehbar und lag zuletzt bei minus 3,8 Prozent. Der Rückgang beim Gesamtumsatz wurde erst 2011 gestoppt, vor allem durch digitale Verkäufe. Wer Rock und Pop hören will, kauft immer häufiger Lieder oder Alben als Downloads. Im ersten Halbjahr 2012 haben in Deutschland Musikdownloads im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Drittel zugelegt. Jeder fünfte Euro aus Musikverkäufen wird in Deutschland wird mittlerweile digital erwirtschaftet. Viele sparen sich aber immer noch die Ausgaben ganz und gar und laden sich Songs illegal herunter oder hören Musik mit dem sogenannten Streaming über Plattformen. Musiker und Labels gehen dabei oft leer aus
Umso wichtiger ist für Künstler der Boom bei den Musikfestivals. Vor allem Tickets für Open Air-Festivals bringen wachsende Umsätze. Das meldet der Verband, der 2011 einen Umsatz aus Musikveranstaltungen in Höhe von mehr als 2,7 Milliarden Euro verzeichnete. Viele Besucher wollen bei diesen Happenings nicht nur Musik hören. „Festivals bieten den Menschen für ein paar Tage eine soziale Heimat“, meint Babette Kirchner, die am Lehrstuhl für Soziologie der TU Dortmund forscht, in einem Interview. So werde ein Gemeinschaftsgefühl hergestellt, das man früher in Parteien, Sportvereinen oder Jugendorganisationen erlebt habe, gleichzeitig müsse sich keiner dafür langfristig binden. Ein Erfolgrezept: Der Festival-Guide listet hunderte Musikfestivals auf, geschätzt gibt es allein in Deutschland bis zu 1000. Dazu gehören Kult-Veranstaltungen wie das Heavy-Metal-Open Air Wacken, Klassiker wie „Rock am Ring“ oder das Melt-Festival bei Dessau – mit Gästen aus aller Welt.
Berlin Music Week vom 5. bis 9. September 2012; Hamburger Reeperbahn Festival vom 20. bis 22. September 2012
www.berlin-music-week.de/ Webseite der Berlin Music Week
www.reeperbahnfestival.com/ Webseite des Hamburger Reeperbahnfestivals
www.festivalguide.de/ Webseite des Magazins Festivalguide
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