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Die neue Start-up-Connection

Der Berliner Gründer Makoto Takeda will mit finanzkräftiger Unterstützung die Berliner und Tokyoter Start-up-Communities zusammenbringen.

Christina Cassala, 19.03.2015
© Stephan Pramme - Makoto Takeda
Der Weg zur Arbeit führt nach Hause. Nachdem Makoto Takeda seine Kinder in die Schule und den Kindergarten begleitet hat, geht er zurück, schließt die Tür zum Arbeitszimmer auf und setzt sich an den Schreibtisch. Während der Laptop hochfährt, wird die Wohnung zum Büro. Der japanische Gründer ist mit diesem Lebensentwurf keine Ausnahme in Berlin. Denn die Gründerszene wächst rasant und zieht immer mehr Menschen an. Die Bedingungen sind ideal: Die deutsche Hauptstadt bietet günstige Mieten, verhältnismäßig geringe Lebenshaltungskosten, ein kreatives Umfeld und eine internationale Kulturszene.
 
Takeda kennt Berlin aus seiner Kindheit. „Schon mein Vater mochte Deutschland. Deswegen sind wir Anfang der 1980er-Jahre hierhergezogen“, erzählt er. Fünf Jahre bleibt die Familie. Eine prägende Zeit für Takeda. In Japan studiert er Germanistik. Dann kehrt er nach Berlin zurück. Und lernt als Übersetzer und Begleiter japanischer Wirtschaftsdelegationen die dynamische Berliner Start-up-Szene kennen. „Von der Berliner Start-up-Kultur können die Japaner enorm profitieren und viel lernen“, sagt Makoto Takeda.
 
Nun will er mit seinem eigenen Start-up bistream den Austausch beider Kulturen, insbesondere im Technologiesektor, voranbringen. Die Idee: IT-Entwickler aus Japan sollen in deutschen Start-ups über mehrere Monate hinweg Berufserfahrungen sammeln, um diese nach der Rückkehr nach Japan gewinnbringend im eigenen Unternehmen einsetzen zu können. Hinter dieser Idee steht Recruit Technologie, einer der ersten japanischen Investoren, der sich auf dem deutschen Markt nach  profitablen Anlagemöglichkeiten in Start-ups umsieht.
 
Die Start-up-Metropole Berlin muss sich schon längst nicht mehr hinter den großen Gründungsmetropolen London, Tel Aviv oder dem Silicon Valley verstecken. Das belegt auch eine viel beachtete Studie der Unternehmensberatung McKinsey. Darin heißt es: Berlin hat beste Voraussetzungen, sich zur führenden Gründermetropole in Europa zu entwickeln. Bis 2020 können in Berlin über 100.000 neue Arbeitsplätze durch Start-ups entstehen. Bereits heute ist die Stadt Top-Standort für Gründer in Deutschland. Auf eine Betriebsgründung in München kommen 2,8 in Berlin. Derzeit registriert der Gründungsmonitor 126 Neugründungen pro 10000 Einwohner. Deutsche und ausländische Wagniskapitalgeber investierten Im Jahr 2012 in Berlin 133 Millionen Euro in Start-ups.
 
„Insbesondere junge Menschen, die am Anfang ihrer Karriere stehen, zieht es zunehmend in die Hauptstadt“, sagt Dr. Stefan Franzke, Geschäftsführer der Gesellschaft „Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie“. Das haben nun auch große Technologiekonzerne begriffen. Mit rund einer Million Euro finanziert beispielsweise Google über drei Jahre hinweg Workshops, Mentoren und Techniklabore in der sogenannten Factory, die als Campus für 22 Unternehmen Räume bieten wird. Neben den Büros liefert die Factory den Mietern auch Kontakt zu Beratern, die mit ihrem Wissen zu Recht, Finanzen, Personalwesen und Marketing behilflich sein können. Die Factory führt damit ein Modell weiter, das in kleinerem Umfang auch im Betahaus, einem so genannten Co-Working Space, umgesetzt wird. Gegen einen überschaubaren monatlichen Betrag können sich junge Gründer, denen noch das Geld für das eigene Büro fehlt, einen Schreibtisch mieten.
 
Co-Working entwickelte sich aus der Kaffeehauskultur heraus. Zum Synonym der umtriebigen Berliner Start-up-Szene wurde das Kaffee St. Oberholz in Berlin Mitte, das seit Jahren als Treffpunkt der kreativen Szene gilt und jetzt von der digitalen erobert wird. An einem ganz normalen Arbeitstag reiht sich Laptop an Laptop und Telefonate überstimmen das internationale Gemurmel, während ein Latte Macchiato nach dem anderen über die Theke geht. Danach geht es auf eine der vielzähligen Netzwerkveranstaltungen, Gründermessen oder einfach zum Workout im Sportstudio.
 
Makoto Takeda wünscht sich so eine Gründerdynamik auch für Tokyo. Zwei Deutsche sind bereits dort. Matthias Henze mit Jimdo und Jan Miczaika mit Wooga. Das Webseiten-Baukastensystem Jimdo mit Sitz in Hamburg und der Social Gaming-Entwickler Wooga aus Berlin gehören zu den ersten deutschen Unternehmen, die ihr Business in Japan aufbauen wollen beziehungsweise aufgebaut haben. Seit Eröffnung des japanischen Jimdo-Büros 2009 in Kooperation mit dem großen japanischen Telekommunikationsanbieter KDDI ist der Inselstaat für das Unternehmen zum zweitgrößten Markt nach Deutschland geworden. „Es ist super interessant zu sehen, wie sich unsere Nutzer in Japan untereinander helfen und eine starke Community aufbauen“, sagt Henze. Und für die Berliner Spieleschmiede Wooga ist Japan einer der globalen Schlüsselmärkte für mobile Spiele. „Unsere Erfahrung nach ist es von Vorteil, in Japan einen engen Kontakt zu den Partnern vor Ort zu halten“, sagt Jan Miczaika, COO von wooga, und in dieser Funktion verantwortlich für das Wachstum des Unternehmens.
 
Auf Wachstum setzt auch Takeda. Mit seiner Firma bistream zieht er bald um. Der Gründer hat sich mit Schreibtisch und Laptop bei einem deutschen Start-up eingemietet. Dort hat er Blick auf einen für Berlin typischen Hinterhof und Kontakt zu Gründerkollegen. Und: Das Kaffee St. Oberholz ist nur wenige Gehminuten entfernt. ▪