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Neue Gründerkultur

Deutsche Start-ups sind mit guten Ideen in den USA erfolgreich.

Jutta Maier, 07.10.2016

Wir waren am Anfang etwas naiv und zu optimistisch“, erinnert sich Dominik Stein. „Wir haben angenommen, dass wir unser Konzept für deutsche Döner-Restaurants einfach 1:1 für den US-Markt übernehmen können.“ Stein und Michael Heyne sind die Gründer der Kebab-Restaurantkette „Verts Mediterranean Grill“ mit Sitz in Texas.

Die Idee dazu kam den beiden Absolventen der Otto Beisheim School of Management (WHU) 2008 während eines Auslandssemesters in Dallas: Damals fiel den Deutschen auf, dass es in den USA kaum Döner-Buden gibt. Es folgten ein MBA-Studium und mehrere Praktika, bis sie 2011 schließlich ihre ersten beiden Verts-Restaurants eröffneten. Mittlerweile betreiben sie 33 davon in ganz Texas.

Zu verstehen, wie der amerikanische Restaurant-Markt funktioniert, war für die Gründer ein längerer Lernprozess. „Die Kunden erwarten mehr als in Deutschland, sind im Schnitt aber auch bereit, mehr für gutes Essen zu bezahlen“, sagt Dominik Stein. Deshalb haben die Verts-Filialen kaum etwas zu tun mit den Döner-Buden, wie man sie in Deutschland findet. Sie erinnern eher an Systemgastronomie-Restaurants: Die Kunden können sich Döner, Falafel oder Reisgericht individuell zusammenstellen. Außerdem wirbt Verts damit, dass die meisten Gerichte weniger als 600 Kalorien und keine künstlichen Zusatzstoffe enthalten.

Auch andere Start-up-Gründer aus Deutschland haben schon bewiesen, dass ihre Geschäftsideen auf dem US-Markt funktionieren: Zum Beispiel die Foto-App EyeEm oder die Software-Firma Celonis, die Finanzierungen in Millionenhöhe von US-Investoren erhielten. Anders als Verts haben sie sowohl Niederlassungen in den USA als auch in Deutschland. Celonis profitierten bei ihren ersten Gehversuchen in den USA von dem Förderprogramm German Accelerator. Die private Initiative, die vom Bundeswirtschaftsministerium unterstützt wird, stellte Celonis mehrere Monate lang Büros, Beratung und Kontakte zur Verfügung.

„Für viele deutsche Gründer ist es ein wichtiges Ziel, den US-Markt zu erobern“, sagt Lucie Volquartz vom Digitalverband Bitkom. „Das hat auch viel mit den dortigen Finanzierungssystemen zu tun.“ Denn besonders digitale Start-ups mit hohen Entwicklungskosten stießen auf der Suche nach Wachstumskapital in Deutschland und Europa an ihre Grenzen.

Auch die Verts-Gründer haben bereits Kapital in den USA eingeworben, zwei Drittel ihrer bisherigen Finanzierung von 35 Millionen Dollar stammen jedoch aus Deutschland: von Kollegen, Freunden und Verwandten, auch von mehreren Familienunternehmen. Stein und Heyne halten aber weiterhin die Mehrheit an dem Unternehmen, ein schneller Exit kommt für sie – anders als für viele andere deutsche Start-ups – nicht in Frage.

Momentan planen sie die nächste Finanzierungsrunde; 50 Millionen Dollar brauchen die Deutschen für die weitere Expansion. Noch 2016 wollen sie sieben weitere Filialen in New York, Philadelphia und Boston eröffnen. Ihr ehrgeiziges Ziel: Bis 2020 soll es 250 Verts-Restaurants geben, davon auch einige an der Westküste. ▪