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Die Zusammenarbeit intensivieren

Das „Deutsch-Türkische Jahr der Forschung, Bildung und Innovation“ hat zahlreiche Projekte auf den Weg gebracht.

13.08.2014
© BMBF/Jessica Wahl - Wissenschaftsjahr

Vernetzung steht auf der „Informatica Feminale“ Jahr für Jahr im Mittelpunkt. Seit 1997 bringt die Sommeruniversität für Frauen in der Informatik Dozentinnen und Teilnehmerinnen aus dem In- und Ausland an die Universität Bremen. Im August 2014 setzt das Forum einen besonderen Akzent: Zehn türkische Studentinnen und Nachwuchswissenschaftlerinnen der Informations- und Kommunikationstechnik sind im Rahmen des „Deutsch-Türkischen Jahrs der Forschung, Bildung und Innovation 2014“ zum fachlichen Austausch eingeladen worden. Es ist der Auftakt für eine weiterführende Vernetzung.

Im November 2014 werden Vertreterinnen der Universität Bremen auf Informationstagen in der Türkei, vor allem an Partneruniversitäten in Istanbul und Ankara, für das Konzept der Informatica Feminale werben, um türkische Teilnehmerinnen für die nächste Runde zu gewinnen. Zur Sommeruniversität 2015 sollen Dozentinnen aus der Türkei nach Bremen eingeladen werden, um mit eigenen Lehrangeboten neue Ansätze für das Informatikstudium einzubringen. „Wir glauben, dass die Begegnungen der Teilnehmerinnen in Deutschland und der Türkei inspirierend wirken werden – für das Studium wie für den Berufsalltag“, sagt Veronika Oechtering, Wissenschaftliche Leiterin des Kompetenzzentrums Frauen in Naturwissenschaft und Technik der Universität Bremen und eine der Begründerinnen der Informatica Feminale.

Der Informatik-Austausch ist nur eines von zahlreichen Projekten, die im Rahmen des deutsch-türkischen Wissenschaftsjahrs gefördert werden. Aber er verbindet gleich mehrere Ziele des Themenjahrs: So setzt das Projekt an einer Zukunftstechnologie an, mit der Förderung von Frauen in der Informatik wird einer gesellschaftlichen Herausforderung begegnet – und der über das Wissenschaftsjahr hinausreichende Austausch zwischen der Türkei und Deutschland ist ohnehin gegeben.

Wissenschaft lebe „von gegenseitigem Informationsaustausch und grenzüberschreitenden Netzwerken“, hatte Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung, anlässlich der Eröffnung des Wissenschaftsjahrs betont – und auf die traditionsreiche Zusammenarbeit der beiden Länder in Forschung und Bildung verwiesen: „Mit diesem Jahr wollen wir die Zusammenarbeit noch intensivieren und neue Kooperationen schaffen.“

Die Basis hierfür ist gelegt: Nach den USA ist Deutschland für die Türkei der zweitwichtigste Kooperationspartner in der Forschung; es bestehen über 1100 Kooperationen zwischen deutschen und türkischen Hochschulen. Ebenfalls eindrucksvoll: die Zahl von über 5000 deutschen Unternehmen, die bereits in der Türkei tätig sind. Wirtschaft wie Wissenschaft in beiden Ländern ist besonders an einer Weiterentwicklung von Schlüsseltechnologien gelegen, die das deutsch-türkische Wissenschaftsjahr zu einem seiner drei zentralen Themenfelder gemacht hat.

So zeigte sich beispielsweise Ayhan Karaca, Generaldirektor für EU-Angelegenheiten und Auswärtige Beziehungen im türkischen Ministerium für Wissenschaft, Industrie und Technologie, in einem Interview „davon überzeugt, dass die Türkei im sich schnell entwickelnden Gesundheitssektor, sowie bei der Umwandlung von FuE-Ergebnissen in marktfähige Produkte viel von den Erfahrungen Deutschlands profitieren kann“. Venio Piero Quinque, Geschäftsführer der TU9-Initiative Deutschlands führender Technischer Universitäten, hatte bereits zum Auftakt des Wissenschaftsjahrs festgehalten: „Durch ihre große Dynamik wird die Türkei für Deutschland nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in wissenschaftlicher und technologischer Hinsicht zunehmend interessant.“

Das zeigen weitere Projekte aus dem Ideenwettbewerb des Wissenschaftsjahrs. Jeweils mit einer Gesamtsumme von rund einer Million Euro fördern das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das türkische Wissenschaftsministerium öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen, um zukunftsweisende Projekte auf den Weg zu bringen. Etwa die Kooperation des Innovationsverbunds Maschinenbau Sachsen „VEMASinnovativ“ mit dem Metal Forming Center of Excellence der Atılım-Universität in Ankara: Mit Delegationsreisen und einem Workshop – und der Technischen Universität (TU) Chemnitz als weiterem Partner – soll unter anderem die ressourceneffiziente Produktion von Karosseriekomponenten vorangebracht werden. Das türkische Wissenschaftsministerium möchte unter anderem die wichtigsten Gruppen, die in der Türkei und in Deutschland auf dem Gebiet der Mensch-Computer-Interaktion tätig sind, vernetzen. Hierzu kooperieren die Universität Boğaziçi, die TU München und die Freiburger Albert-Ludwigs-Universität.

Neben dem Schwerpunkt Schlüsseltechnologien richtet das Wissenschaftsjahr den Blick auf zwei weitere zentrale Themenfelder: „Globaler Wandel“ und „Gesellschaftlicher Wandel“. Allein bei denen vom BMBF bereits zur Förderung ausgewählten Projekten reicht die thematische Bandbreite von der demografischen Herausforderung des „Alterns im transnationalen Raum“ bis zu neuen Ausbildungswegen in der Berufsbildung, vom Umgang mit dem Klimawandel in Istanbul bis zu einer Weiterbildungsoffensive für Hochbegabte mit türkischem Migrationshintergrund.

„Ich bin überzeugt, dass die Potenziale gerade der jungen Leute mit Einwanderungshintergrund eine wichtige Chance für Deutschland bieten“, formuliert Bundesministerin Wanka mit Blick auf die rund drei Millionen Menschen türkischer Herkunft in Deutschland. Der Brückenschlag des Wissenschaftsjahrs reicht freilich weit über Deutschlands Grenzen hinaus. Das wird auch zum Jahresende deutlich werden, wenn an ausgewählten deutschen Hochschulen „Türkei-Wochen“ Kenntnisse über die türkische Studien- und Forschungslandschaft vermitteln – und zugleich präsentieren, wie vielfältig bereits bestehende deutsch-türkische Hochschulpartnerschaften sind.

Johannes Göbel