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Zika besiegen per Frühwarnsystem

Deutsche und brasilianische Forscher arbeiten zusammen daran, das Zika-Fieber einzudämmen.

Boris Hänßler, 18.04.2016

Das Virus ist Forschern schon seit den 1950er-Jahren bekannt, doch bis 2007 waren nur etwa 15 Menschen weltweit infiziert. Im Jahr 2015 änderte sich die Situation schlagartig: Das Zika-Virus breitete sich rasant aus – zunächst nur in Lateinamerika, dann auch über die Region hinaus. Inzwischen wurde es in mehr als 50 Ländern nachgewiesen. Vor allem schwangere Frauen sind tief besorgt: Im Fall einer Infektion kann es beim Fötus zu Wachstumsstörungen oder zu Schädigungen des zentralen Nervensystems kommen. Im schlimmsten Fall stirbt das ungeborene Kind.

Die Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen (WHO) fürchtet, dass sich das Zika-Fieber ähnlich stark verbreiten könnte wie das Dengue-Fieber, an dem jährlich 50 bis 100 Millionen Menschen erkranken. Bei beiden Erregern gelten Moskitostiche als hauptsächlicher Übertragungsweg. Derzeit suchen mehr als 60 Firmen und Forschungsinstitute nach Diagnoseverfahren, Impfstoffen, Medikamenten und Methoden, mit denen sie die Ausbreitung stoppen können.

Brasilianische Forscher arbeiten dabei eng mit Experten des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNITM) in Hamburg zusammen. Nach wie vor ist Brasilien besonders stark von dem Virus betroffen – jenes Land, das im Sommer 2016 Gastgeber der Olympischen Spiele ist. Wie beim Dengue-Virus sind vor allem die Menschen in den Favelas – den Armenvierteln von Metropolen wie Rio de Janeiro – dem Erreger ausgesetzt. Dort liegen oft unverschlossene Wasserbehälter auf Dächern herum: leere Flaschen, Dosen und Eimer, in denen sich kleine Wassermengen sammeln. Sie sind beliebte Brutstätten der Stechmücken.

Das BNITM unterstützt Forscher der Universidade Federal do Rio de Janeiro deshalb mit Schulungen und Materialien, wie zum Beispiel speziellen Mückenfallen. Die Fallen locken die Tiere mit einem Duftstoff an, ein Propeller treibt sie in ein Fangnetz. Die Wissenschaftler können die Mücken dann mit neuen Diagnosegeräten aus Deutschland sofort auf Viren untersuchen und auch Infektionen bei Menschen innerhalb weniger Stunden nachweisen.

Bis zu Beginn der Olympischen Spiele erstellen die Partner zudem eine Karte mit den „Hotspots“ in der Stadt – Orten, an denen die infizierten Mücken ihre Eier bevorzugt ablegen. „Wir möchten die Moskitos finden, ehe sie die Bevölkerung erreichen“, sagt Davis Fernandes Ferreira von der Hochschule in Rio de Janeiro. Die Larven werde man gezielt vernichten. „Ohne die Unterstützung des Bernhard-Nocht-Instituts mit seinen Ressourcen und ohne den Technologietransfer könnten wir dieses Projekt nicht durchführen.“

Die Kooperation wird aus Mitteln des deutschen Partnerschaftsprogramms für biologische Sicherheit und Gesundheitssicherstellung finanziert. Damit unterstützt die Bundesregierung Partnerländer dabei, den Ausbruch gefährlicher Krankheiten schnell zu erkennen, die Verbreitung einzudämmen, Ursachen ausfindig zu machen und sie zu beseitigen. Zudem soll der Missbrauch biologischer Erreger verhindert werden.

Das geförderte Projekt ist nicht die einzige Brasilien-Kooperation des BNITM. Ein Forscherteam um Jonas Schmidt-Chanasit, Professor für Arbovirologie, arbeitet zum Beispiel mit dem Instituto Oswaldo Cruz des brasilianischen Gesundheitsministeriums an einer besseren Diagnostik. Die Forscher infizieren Affen mit dem Zika-Virus und untersuchen sie anschließend auf Organschäden. „Wir vergleichen verschiedene Gruppen von Affen: zum Beispiel solche, die Antikörper gegen das Dengue-Virus in sich haben, mit solchen, die keine haben“, sagt Schmidt-Chanasit. Auch trächtige Affen werden untersucht. „Diese Experimente, bei denen wir auch die Auswirkungen der Erreger auf Föten und Neugeborene erforschen, können wir nur in Ländern wie Brasilien durchführen, weil es dort riesige Affenkolonien gibt.“

Die Zusammenarbeit mit Brasilien hat in Hamburg Tradition: Von 1909 bis 1927 leitete der brasilianische Mediziner Henrique da Rocha Lima die Abteilung für Pathologie am damaligen Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten. Auch danach haben Forscher beider Länder immer wieder gemeinsam gegen die Verbreitung von gefährlichen Tropenkrankheiten gekämpft. „Und das werden wir auch in Zukunft tun“, sagt Schmidt-Chanasit. „Unser Wunsch ist es, über Olympia hinaus in Brasilien ein Frühwarnsystem nach deutschem Vorbild zu etablieren. Dazu gehören ein erhöhtes Bewusstsein für die Gefahren durch Erreger, ein dauerhaftes Monitoring sowie die Einbindung möglichst vieler Akteure aus Forschung, Gesundheitswesen und Politik.“ ▪

ENTDECKER DES 
SARS-ERREGERS

Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin ist die größte deutsche Einrichtung für Forschung, Versorgung und Lehre zu Tropen- und seltenen Infektionskrankheiten. So identifizierten die Hamburger Wissenschaftler im Jahr 2003 das Virus, das die gefährliche Atemwegs­erkrankung SARS verursacht, und entwickelten einen Test zur Diagnose. Das BNITM ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.