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Journalisten gestalten die Zukunft

Die DW Akademie bringt erstmals Journalisten aus der Golfregion mit Kollegen aus Deutschland zusammen. Mit überraschenden Erkenntnissen. Vier Protokolle.

24.05.2017
© Nicolas Martin - DW Akademie

Wie arbeiten Journalisten in der Golfregion? Wie unterscheidet sich ihr Alltag von dem deutscher Journalisten? Zum ersten Mal hat die DW Akademie der Deutschen Welle im Mai 2017 einen Mediendialog mit der Golfregion organisiert. Fünf Tage lang diskutierten Journalisten aus Oman, Bahrain, Saudi-Arabien, Kuwait, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten mit Kollegen aus Deutschland in Berlin. Ziel war es, Klischees und Stereotypen abzubauen und sich über Ideen, Werte, Unterschiede und Herausforderungen der journalistischen Arbeit auszutauschen. Das Treffen bot zudem die Möglichkeit, Chancen in den jeweiligen Medienlandschaften und eine künftige engere Zusammenarbeit auszuloten. Der Mediendialog kann auf Facebook und Twitter unter dem Hashtag #GulfGermany und auf dem Blog akademie.dw.com/gulfgermany nachverfolgt werden. Vier Teilnehmer erzählen von ihren Erfahrungen – und ihrer Arbeit in Oman, Saudi-Arabien, Bahrain und Kuwait.

Turki Al Balushi

„Eine Debatte über Werte“

Turki Al Balushi aus Oman, Korrespondent für „Bloomberg Radio Network“. 2012 war er Mitbegründer und Chefredakteur der ersten Online-Zeitung in Oman, „Albalad“, die Ende 2016 abgeschaltet wurde.

„Der Austausch mit den deutschen und arabischen Kollegen beim Mediendialog Golfregion war für mich sehr wichtig. Es war nicht nur spannend zu sehen, wie die Medienlandschaft in anderen Ländern funktioniert. Mir kam es auch sehr darauf an, offene Debatten über kulturelle Hintergründe und die zugrundeliegenden Werte einer Gesellschaft zu führen. Es geht immer um die Frage: Warum finden wir eine bestimmte Medienlandschaft so vor, wie sie ist? Nicht nur die sichtbaren Herausforderungen sind groß. Wir müssen tiefer gehen und analysieren, woher der jeweilige Umgang mit Medien kommt, dazu müssen wir in die Erziehung, in die Religion und in die unterschiedlichen Gesellschaftsbereiche schauen. So können wir einander besser verstehen und in einen echten Dialog eintreten. Omans junge Gesellschaft sucht neue Formate und Inhalte, interessiert sich für Politik, Meinungsaustausch, Arbeitsmarkt und Ökonomie, und will sich in der Medienlandschaft repräsentiert sehen. ,Albalad‘ hatte sich mit ihren sozialen und politischen Themen an die junge Generation gerichtet und auch den Bereich der sozialen Medien berücksichtigt.“

Arafat Almajed

„Ich bin ziemlich stolz auf mich“

Arafat Almajed aus Saudi-Arabien, Moderatorin beim staatlichen Fernsehen „Saudi Broadcasting Corporation”.

„Mit Deutschland habe ich vor dieser Reise vor allem eines verbunden: Autos. Viele wunderbare Gespräche beim Mediendialog haben mir dann klar gemacht, dass wir alle ständig mit Stereotypen zu tun haben. Das ist ein Problem. Ein Stereotyp ist zum Beispiel auch, dass wir Frauen in Saudi-Arabien schwach seien. Das sind wir nicht. Ich bin ziemlich stolz auf mich. Es ist für Frauen in vielen Regionen der Welt eine Herausforderung, über sich und ihre Arbeit selbst zu bestimmen. Ich war beispielsweise die erste Frau aus meiner Region, die für das Fernsehen gearbeitet und Karriere gemacht hat, ich wurde währenddessen geschieden – aber ich arbeite immer noch! Es gibt also durchaus Chancen, in denen mehr journalistische Arbeit als Frau möglich ist, als man vielleicht annimmt. Es ist wichtig, das zu transportieren und die eigenen Stereotypen abzulegen. Ich hoffe sehr, dass der Austausch weitergeht.“

Amani Al-Masqati

„Diskussionen über Selbstzensur“

Amani Al-Masqati aus Bahrain, Journalistin bei der Tageszeitung „Al-Wasat“. Verantwortlich für Lokalpolitik, Diplomatie und Menschenrechte. Die Zeitung gilt als unabhängig und vertritt ein breites Meinungsbild.

„Frau zu sein in unserer Gesellschaft, ist keine Herausforderung – eine Journalistin in einer Leitungsposition zu sein, aber durchaus. Da fehlt es in Bahrain an Förderung und Vertrauen. Trotzdem habe ich das erreicht. Sehr spannende Themen an diesen fünf Diskussionstagen in Berlin waren für mich der Informationsaustausch zu Medientechnologien und der Datenschutz. Das ist enorm wichtig für uns. Wertvoll waren auch die Diskussionen über Selbstzensur. Wir sind das einzige unabhängige Blatt in Bahrain und setzen uns täglich damit auseinander. Es war für mich überraschend zu erfahren, mit welchen Herausforderungen deutsche Kollegen zu tun haben und dass es auch dort Restriktionen und Reflexionen über Selbstzensur gibt. Es sind andere Erfahrungen, aber der Austausch darüber hat mich sehr weitergebracht.“

Jassim Alqames

„Unabhängig von Werbung bleiben“

Jassim Alqames aus Kuwait, Blogger, Journalist und Mitbegründer der Onlineplattform manshoor.com mit Hauptsitz in Kairo, Ägypten. Die Seite widmet sich kulturellen und sozialen Themen im Nahen Osten.

„Wir haben in Zeiten der Revolution den Schrei einer ganzen Generation in der arabischen Region gehört, die sich nicht repräsentiert fühlt. Das hat zu der Entscheidung geführt, eine unabhängige Website mit einem Schwerpunkt auf kulturellen und sozialen Themen zu gestalten. Die Herausforderungen sind enorm – überall fehlt es an Ressourcen. Ich meine nicht nur Geld, sondern es stellen sich auch andere Fragen: Wie kann man Redaktionsabläufe effektiv gestalten? Wie bleibt man unabhängig von Werbeeinnahmen? Wir brauchen dafür immer innovative und kreative Ideen. Der Austausch mit den Kollegen hier in Berlin war dazu einfach wunderbar.“

Protokolle: Bettina Mittelstraß

akademie.dw.com/gulfgermany

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