„Ich trage Verantwortung“
Der deutsch-türkische Regisseur Fatih Akın engagiert sich für den Umweltschutz.

Es könnte ein Idyll sein: Kinder, die auf einem Bolzplatz irgendwo in der Türkei fröhlich Fußball spielen. Aber nach und nach zeigt die Kamera, was den Fußballplatz umgibt: Berge von Müll. Immer neuer Abfall kommt hinzu und scheint die Kinder einzuschließen, ihnen den Raum für Spaß und Spiel streitig zu machen. Am Ende des kurzen Films scheint eine Botschaft auf: „Wenn der Nachwuchs im Müll aufwächst, muss man sich nicht wundern, wenn die Gesellschaft zugemüllt wird.“
Der Kurzfilm „Infrastruktur“ des deutsch-türkischen Starregisseurs Fatih Akın („Gegen die Wand“, „Soul Kitchen“) gehört zu einer Reihe von 30 „Kurztelegrammen“, mit denen sich namhafte internationale Filmkünstler unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen für den Umweltschutz stark machen. Das Thema Müll hat für Fatih Akın eine besondere Bedeutung. 2005 kam er für Dreharbeiten zu seinem später bei den Filmfestspielen in Cannes ausgezeichneten Drama „Auf der anderen Seite“ nach Çamburnu an der türkischen Schwarzmeerküste. Die Mülldeponie im Heimatdorf seiner Großeltern war der Auslöser für seine kritische Langzeit-Dokumentation „Der Müll im Garten Eden“, die im Mai 2012 in Cannes gezeigt wird. Zu Beginn der Dreharbeiten begründete Akın seine Motivation gegenüber dem „Greenpeace Magazin“: „Die Türkei befindet sich auf EU-Kurs, und dabei geht es auch darum, Umweltstandards einzuhalten. Die Mülldeponie läuft diesem Anspruch total zuwider.“
"Mein Kind hat mich grüner gemacht"
Dass er ein Künstler mit Umweltbewusstsein ist, liegt laut Fatih Akın aber insbesondere an seinem kleinen Sohn: „Mein Kind hat mich grüner gemacht. Wir trennen den Müll und schalten Elektrogeräte ganz ab, statt auf Stand-by. Ich habe mir einen Rußfilter für mein Dieselauto besorgt, und wenn das den Geist aufgibt, kaufe ich mir ein Hybridauto. Das hat mit meinem Kind zu tun. Ich trage Verantwortung für die Welt, die wir hinterlassen.“
So ist es wohl auch kein Zufall, dass Fatih Akın in einem weiteren Kurzfilmprojekt zu einer Kinderperspektive angeregt hat. Für die Klimaschutzinitiative des berühmten deutschen Kameramannes Michael Ballhaus befragten Filmstudenten renommierte Regisseure, was sie durch den Klimawandel bedroht sehen. Der einminütige Film „Schnee in Hamburg“ zeigt bei aller Kürze eindringlich, wie sich die Welt ohne Schnee aus Kinderaugen verändert. So wird die vermisste Pudelmütze zum Sinnbild eines Verlustes, der unwiederbringlich ist.
Bei seinem Einsatz gegen das umstrittene Ilısu-Staudammprojekt in der Südosttürkei drehte Fatih Akın indes ein Musikvideo. „Rewend“ ist den Einwohnern der vom Staudamm bedrohten historischen Stadt Hasankeyf gewidmet; die Künstlerin Aynur besingt den Verlust von Heimat. Fatih Akın sagt, dass für ihn die norddeutsche Metropole Hamburg Heimat bedeutet. Aber er sagt auch: „Ich liebe die Türkei, und wenn ich etwas liebe, fühle ich ihm gegenüber eine Verantwortung.“