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Lebendige Kulturnation

Deutschlands Ruf als große europäische Kulturnation gründet auf bekannten Namen, einer lebendigen aktuellen Kunstszene und einer weltoffenen Vielfalt.

13.08.2012
© dpa/Hendrik Schmidt/ZB

Die eine Kultur Deutschlands gibt es nicht. Es gibt viele, die gleichzeitig und oft erstaunlich gegensätzlich nebeneinander her existieren, ineinander verwoben, einander abstoßend und anziehend. Von Deutschland als Kulturnation sprechen, heißt im 21. Jahrhundert, von einem gewachsenen, sich immerfort weiterentwickelnden, lebendigen Organismus zu reden, dessen Vielfalt verblüffend, irritierend, oft auch anstrengend ist. Dies wurzelt zum einen in der föderalen Tradition des Landes, das erst ab 1871 als Gesamtstaat zu existieren begonnen hat. Die 1949 gegründete Bundesrepublik, aber auch das seit 1990 wiedervereinte Deutschland haben bewusst an föderale Traditionen angeknüpft und die Kulturhoheit den Ländern überlassen. Erst seit 1998 gibt es einen Beauftragten für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt. Ergebnis der aus vielen ehemaligen Klein- und Mittelstaaten sowie freien Städten bestehenden Struktur Deutschlands sind unter anderem rund 300 Stadt- und Landestheater, 130 zum Teil an die Rundfunkanstalten gekoppelte Berufsorchester und 80 Musiktheater. 630 Kunstmuseen mit international hochkarätigen Sammlungen bilden zudem eine beispiellose Museumslandschaft. Mit dieser Vielfalt an Kultureinrichtungen nimmt Deutschland eine Spitzenposition ein. Das überwiegend öffentlich organisierte Theater-, Orchester- und Museumssystem findet grundsätzlich hohe Akzeptanz. Vor dem Hintergrund engerer finanzieller Spielräume der öffentlichen Haushalte sowie den soziodemografischen und medialen Veränderungsprozessen wie der Digitalisierung befindet es sich gleichwohl in einer Phase des Umbruchs und der Neuorientierung.

Deutschlands Ruf als bedeutende Kulturnation gründet auf den großen Namen der Vergangenheit wie Bach, Beethoven und Brahms in der Musik, Goethe, Schiller und Thomas Mann in der Literatur. Auch die künstlerischen Positionen der Moderne sind in allen Kunstgattungen namhaft besetzt.

Zum anderen hat das Land einen Prozess durchlaufen, der in anderen europäischen Staaten bereits früher einsetzte. Es hat sich, auf Basis der eigenen Traditionen, von außen kommenden Einflüssen geöffnet und ein neues Narrativ entwickelt. Junge Künstler mit Migrationshintergrund haben Artikulationsformen gefunden, musikalisch, aber auch poetisch auf das Aufeinandertreffen und Verschmelzen unterschiedlicher Herkunftskulturen zu reagieren.

Die regionalen Kunst- und Kulturzentren haben sich im immer weiter verschwimmenden Grenzbereich zwischen Unterhaltung und Hochkultur zu lebendigen Zentren der neuen deutschen Kultur entwickelt. Zusammen bilden sie ein Kräftefeld, ein Spiegelbild Deutschlands in konzentrierter Form. Mit dem Humboldt-Forum entsteht zudem bis 2019 ein kulturelles Leuchtturmprojekt im wieder errichteten Schloss in der Mitte Berlins. Geprägt von Weltoffenheit, soll es einen internationalen Wissensaustausch und den Dialog der Kulturen ermöglichen.