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„Victoria“ – ein Kinofilm in einer Einstellung

Der deutsche Regisseur Sebastian Schipper hat mit „Victoria“ einen Film gedreht, der in 140 Minuten ohne einen einzigen Schnitt auskommt.

03.08.2015
© dpa/Uwe Geisler - Victoria

Ein Mädchen, eine Nacht, eine einzige filmische Einstellung: Das Echtzeit-Drama „Victoria“ von Sebastian Schipper wirbelt gerade die deutsche Filmszene durcheinander. Denn der 140-minütige Kinofilm kommt ohne einen einzigen Schnitt aus – ein gewagtes Experiment, das sich gegen gängige Filmkonventionen stellt.

Kritiker zeigen sich begeistert von dem etwas anderen Berlin-Film, in dem die junge Spanierin Victoria (Laia Costa) vier Berliner Jungs kennenlernt und mit ihnen durch die Nacht zieht. Doch was wie ein großes romantisches Abenteuer von Freiheit und Unsterblichkeit beginnt, entwickelt sich bald zu einem Albtraum. Denn Sonne (Frederick Lau), Boxer (Franz Rogowski), Blinker (Burak Yigit) und Fuß (Max Mauff) haben eine Schuld zu begleichen und Victoria schließt sich ihnen an.

Ein emotionaler Sog

22 Mal wechseln die Schauspieler in den frühen Morgenstunden die Schauplätze im nächtlichen Berlin. Club, Hochhausdach, Café, Auto, Tiefgarage, Straße, Hotelsuite. Drei Durchläufe waren nötig, bis Sebastian Schippers Team am 27. April 2014 zwischen 4.30 und 7 Uhr morgens den richtigen „Take“ für „Victoria“ im Kasten hatte. Bei der Berlinale erhielt Kameramann Sturla Brandth Grøvlen einen Silbernen Bären, weil er den fünf Personen so unmittelbar und unbemerkt durch Berlin folgt, dass der Zuschauer Teil des Geschehens wird. „Victoria“ ist mehr als nur eine technische und logistische Meisterleistung: Das zwischen Romanze, Thriller und fiebrigem Großstadtporträt angesiedelte Nachtstück besitzt eine unbändige Energie und entwickelt einen emotionalen Sog.

Trotz des handlungsstarken Plots umfasst das Drehbuch zu „Victoria“ nur zwölf Seiten. Die Schauspieler erarbeiteten sämtliche Dialoge in den dreimonatigen Probephasen und improvisierten dann während der Aufnahme.

Beim Deutschen Filmpreis 2015 hat „Victoria“ sechs der begehrten „Lola“-Auszeichnungen abgeräumt: als bester abendfüllender Spielfilm, für die beste Regie, beste Kamera und beste Filmmusik. Auch die Hauptdarsteller Laia Costa und Frederick Lau erhielten eine Lola für ihre Darstellungen. „Victoria“ war mit sieben Nominierungen bereits im Vorfeld der große Favorit bei dem wichtigsten deutschen Preis der Filmschaffenden.

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