Zum Hauptinhalt springen

Weltempfang Satellit

Wie verändern Fake News die Gesellschaft? Der „Weltempfang Satellit“ auf der Buchmesse gibt Antworten.

Sarah Kanning , 11.10.2017
Frankfurter Buchmesse: Weltempfang Satellit
© Sarah Kanning

Der Vorwurf war hart und schmerzhaft: „Dieses Buch steckt voller Lügen“, wetterte der afghanische Buchhändler Shah Muhammad Rais kurz nach dem Erscheinen des Buches „Der Buchhändler von Kabul“ 2002. Die norwegische Kriegsreporterin und Autorin Åsne Seierstad hatte sechs Monate mit Rais‘ Familie gelebt und aus ihren Beobachtungen ein Sachbuch in Romanform veröffentlicht, das ihr weltweit Beachtung – und mehr als zehn Jahre Streit vor Gericht brachte.

In einem neuen Format der Frankfurter Buchmesse, dem „Weltempfang Satellit“, diskutierte Seierstad am 11. Oktober 2017 mit Buchmesse-Direktor Juergen Boos und dem profilierten Investigativjournalisten Hans Leyendecker über den Einfluss von Fake News auf unsere Gesellschaft. Nun kann man Seierstads Buch sicher nicht als Fake News bezeichnen – „doch der Streit über die Wahrheit oder Nichtwahrheit des Inhalts hat mein gesamtes späteres Schreiben beeinflusst“, gibt die 47-Jährige zu. Seit dieser Erfahrung lege sie Personen, über die sie schreibt, vor der Veröffentlichung Zitate und Textpassagen vor. Angst, dass ihre Bücher dadurch an Schlagkraft oder Schärfe verlieren könnten, hat sie nicht: „Ich bin überzeugt davon, dass ich damit näher an die Wahrheit komme“, sagt sie. Passagen ihres aktuellen Buchs „Zwei Schwestern“, das die Radikalisierung zweier Mädchen und die Reise zum sogenannten Islamischen Staat nachzeichnet, legte sie Familienangehörigen der Mädchen vor. „Sie sagten mir, dass ich die Mädchen zu düster schildere, dass sie auch mal gelacht oder Muffins gebacken hätten. Durch diese Ergänzungen bin ich den Mädchen gerechter geworden, denke ich.“

Neue und alte Phänomene

Der „Weltempfang Satellit“ gehört zum großen Forum „Weltempfang“ auf der Frankfurter Buchmesse. In Diskussionen, Gesprächsrunden und an Informationsständen stellen Partner und Mittler der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik des Auswärtigen Amts ihre Arbeit vor. Autoren, Journalisten und Vertreter aus Politik, Kultur und dem Bildungsbereich diskutieren über aktuelle Themen und Fragestellungen, in diesem Jahr zum Thema „Krise, Ordnung, Gestaltung“.

Hans Leyendecker berichtete im „Weltempfang Satellit“ davon, dass gerade in Geheimdienstkreisen Desinformation schon immer zum Geschäft gehörte. Sogenannte „Fake News“ seien also nicht nur ein weites, sondern auch ein altes Feld. „Ein neues Phänomen ist allerdings, dass Leute, die den Medien Lügen vorwerfen, oft gar nicht lesen“, sagte Leyendecker. „Sie basteln sich ihre eigene Welt.“ Schreibe der Autor, was sie glauben, sei er ein „guter Mann“, schreibe er anderes, sei er „ein schlechter Mann und bestimmt gekauft“.

Die Frage, ob die Menschen das Vertrauen in die Medien verloren hätten, beantworteten beide Journalisten aber mit einem klaren Nein. Uneingeschränktes Vertrauen habe es ohnehin nie gegeben und Vertrauen lasse sich durch guten Journalismus und Räume zum Austausch auch wiedergewinnen. Einen solchen Ort konnten die beiden gleich benennen: die Buchmesse.

Deutschland-Blog

© www.deutschland.de