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Doppelte Spitze

Lukas Podolski und Mario Gomez haben in Istanbul neuen Schwung für ihre Karrieren gewonnen.

07.07.2016

Für den deutschen Stürmerstar Mario Gomez war es eine wegweisende Entscheidung: Als er im Sommer 2015 zustimmte, vom AC Florenz an Beşiktaş Istanbul ausgeliehen zu werden, verband er mit dem Wechsel große Hoffnungen. „Die nächste Saison ist für mich sehr wichtig, mein Ziel ist die Nationalmannschaft. Ich will zur EM 2016“, formulierte der Torjäger. Das Comeback ist geglückt: Mit dem Turnier in Frankreich hat sich Gomez eindrucksvoll im DFB-Team zurückgemeldet. Wesentlich dafür: Die vorangegangene, außergewöhnlich erfolgreiche Saison bei Beşiktaş. Mit 26 Toren wurde Gomez nicht nur Torschützenkönig der Süper Lig und Meister mit dem Traditionsverein. Der 30-Jährige stellte auch einen neuen Rekord auf: So viele Pflichtspieltore wie Gomez erzielte in der Beşiktaş-Geschichte noch kein ausländischer Spieler in einer Saison.

„Für mich war diese Saison wie ein Traum“, bilanzierte Mario Gomez. „Beşiktaş war zu Beginn vielleicht ein Schritt ins Ungewisse, aber dafür auch genau die richtige Entscheidung – weil mir klar war, dass hier ein ähnlicher Anspruch herrscht wie in Deutschland bei den Bayern. Diese Spielzeit hat mir gezeigt, wie wichtig auch der Wohlfühl- und Vertrauensfaktor ist.“ Wichtig war laut Gomez auch die gute Zusammenarbeit mit Beşiktaş-Trainer Şenol Güneş – und die außergewöhnliche Atmosphäre im Stadion: „So eine Stimmung wie bei den beiden letzten Heimspielen habe ich noch nie erlebt, das war unfassbar.“ Mario Gomez hat aber auch etwas dafür getan, um die Herausforderug in Istanbul zu meistern. Nach zwei frustrierenden Spielzeiten beim AC Florenz und einem Start bei Beşiktaş als Ersatzspieler gab er nicht auf und integrierte sich erfolgreich in das neue Umfeld.

Ein Neustart in Istanbul ist auch Lukas Podolski geglückt: Der 31-jährige Stürmerkollege von Gomez ist in der deutschen Nationalmannschaft zwar keine Stammkraft mehr, aber als Sympathieträger und erfahrener Turnierspieler besonders wichtig für Bundestrainer Joachim Löw. Und bei Galatasaray Istanbul ging es für Lukas Podolski zuletzt auch sportlich wieder aufwärts: Nach einer eher unglüclichen Station bei Inter Mailand wurde Podolski in der Saison 2015/16 mit 13 Treffern zu Galatasarays Top-Torjäger in der Liga – und markierte zudem den entscheidenden Treffer im Pokalfinale gegen Fenerbahçe.

Unmittelbar nach seiner Verpflichtung durch den türkischen Rekordmeister im Sommer 2015 sandte Podolski per Video einen Gruß an die Galatasaray-Fangemeinde: „Günaydın, Galatasaray Ailesi!“ (Guten Morgen, Galatasaray-Familie!). Podolski betonte, wie wichtig ihm der Wechsel war: „Es war eine Bauch- und Herzensentscheidung. Es hat alles gepasst für mich.“ Bestätigt wurde der Wechsel auch durch die Nominierung Podolskis für die Europameisterschaft in Frankreich. Bundestrainer Joachim Löw begründete seine in Deutschland umstrittene Entscheidung für Podolski mit dessen starker Leistung in Istanbul wie auch mit der Rolle des erfahrenen Stürmers als Integrationsfigur der deutschen Mannschaft: „Er hat eine sehr ordentliche Saison gespielt in der Türkei, sehr viele Spiele absolviert, auch Tore erzielt. Er kann der Gruppe viel geben.“

Podolski gibt nicht nur als Teamplayer: Seit Langem engagiert er sich mit seiner „Lukas Podolski Stiftung für Sport und Bildung“. Die Stiftung möchte unter anderem Kinderarmut bekämpfen und „Integration und Völkerverständigung fördern“. Auch Mario Gomez hat sich in der Vergangenheit wiederholt sozial engagiert, etwa als einer der ersten Botschafter der Aktion „Alle Kids sind VIPs“ der Bertelsmann Stiftung, die sich ebenfalls für Integration an Schulen einsetzt. Heute zählen auch prominente Deutschtürken wie der Comedian Bülent Ceylan oder der Schauspieler Tayfun Baydar zu den Botschaftern der Aktion. Mario Gomez, dessen Vater aus Andalusien stammt, und Lukas Podolski, der im Alter von zweieinhalb Jahren mit seiner Familie aus Polen nach Deutschland kam, verbindet nicht nur ihr sportlicher Erfolg: Beide wissen um den Wert gelungener Integration – und sind auch in dieser Hinsicht Vorbilder. ▪