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Deutsche Politiker stützen Macrons EU-Ideen

Frankreichs Präsident macht wieder Vorschläge zur Reform der EU - mit einem europaweiten Zeitungstext.

06.03.2019
Macron und Merkel: Der französische Präsident will die Kanzlerin zu mehr EU-Reformen bewegen
© dpa

Emmanuel Macron mangelt es nicht an Ideen, um Europa aus der Defensive zu bringen. Und ein Gespür für die ganz große Bühne hat der Präsident Frankreichs auch: In bekannten Tageszeitungen in allen EU-Ländern, so in der deutschen "Welt" unter der Überschrift "Europa neu beginnen", unterbreitet Macron am Dienstag seine Ideen für eine Reform, oder gar die Rettung Europas.

Dass Frankreichs Präsident wieder einmal aktiv wird, finden viele Politiker in Deutschland gut. "Lieber Emmanuel Macron, Danke für diese Initiative. Wir Europäerinnen und Europäer müssen jetzt zusammenkommen und Europa gemeinsam stark machen", twitterte etwa die Spitzenkandidatin der deutschen Sozialdemokraten für die Europawahl im Mai, Katarina Barley - noch Justizministerin -, auf Französisch unter einem Bild des Eiffelturms.

Schon seit langem auf der Linie Macrons, endlich aktiv zu werden gegen das Auseinanderdriften der Gemeinschaft, ist der frühere Außenminister und SPD-Parteichef Sigmar Gabriel. Er twitterte: "Macron hat Recht: Europa muss wieder mehr sein als ein seelenloser Binnenmarkt. Hoffentlich unterstützt die Bundesregierung endlich dieses Mal seine Vorschläge!"

Eine "Agentur zum Schutz der Demokratie!"

Die gehen tatsächlich sehr weit: So macht sich Macron für die Gründung einer "europäischen Agentur zum Schutz der Demokratie" stark. Diese sollte in jeden Mitgliedsstaat europäische Experten entsenden, um die Wahlen vor Hacker-Angriffen und Manipulationen zu schützen. "Im Sinne dieser Unabhängigkeit sollten wir auch die Finanzierung europäischer politischer Parteien durch fremde Mächte verbieten", schreibt der Präsident, der wegen der "Gelbwesten"-Proteste im eigenen Land unter erheblichem Druck steht. Zudem müssten durch EU-weite Regelungen "Hass- und Gewalt-Kommentare" aus dem Internet verbannt werden.

Weitreichend auch Macrons Ideen für die wirtschaftliche Zukunft der EU: In strategischen Branchen und bei öffentlichen Aufträgen müssten europäische Unternehmen bevorzugt behandelt werden. Vorbild seien hier die USA oder China. Und Macron will "Internet-Giganten" besser überwachen. Das Motiv für seine Überlegungen fasst Macron so zusammen: "Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war Europa so wichtig. Und doch war Europa noch nie in so großer Gefahr."

Grüne gegen stärkere Grenzkontrollen

Kritisch sehen die deutschen Grünen Macrons Vorschlag, den Grenzschutz in der Gruppe der Schengen-Staaten voranzutreiben, also der Staaten, die untereinander auf Grenzkontrollen verzichten. So sagte der Außenexperte der Grünen im Bundestag, Omid Nouripour, der DW: "Macrons Vorschläge sind an vielen Stellen unausgegoren und kein Beitrag zur Einigkeit in der EU, etwa bei der Verknüpfung des Schengen-Raums mit der Flüchtlingsaufnahme. Das darf aber nicht mehr dazu führen, dass sich die GroKo weiterhin europapolitisch versteckt. Dass Deutschland in der notwendigen Debatte um Reformen in der EU vorkommt, ist längst überfällig."

Für die deutsche FDP begrüßte der Abgeordnete Ulrich Lechte die Vorschläge Macrons zur Abwehr von Wahlmanipulationen. Lechte sagte: "Macron legt hierbei den Finger in die Wunde, denn die Gefahren von verdeckter externer Einflussnahme sind nicht erst seit den US-Präsidentschaftswahlen 2016 bekannt."

Einige altbekannte Forderungen

Eine gemeinsame Verteidigungspolitik, eine gemeinsame Richtung beim Thema Asyl, mehr gemeinsame Sozialpolitik - diese Gedanken hat Macron so oder so ähnlich schon häufiger gefordert. Neu sind aber sicher seine Vorschläge, dem grassierenden Hass in den sozialen Medien oder der Gefahr der Wahlmanipulation zu begegnen, etwa durch die Demokratie-Agentur.

Vieles davon scheint zur Zeit in der EU schwer umsetzbar, trotzdem gefällt es auch Vertretern von Angela Merkels konservativer Partei. So twittert der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Norbert Röttgen (CDU): "Wir brauchen nicht weniger, sondern an den richtigen Stellen mehr Europa." Und weiter: "Macron hat es vorgemacht. Wie wäre es jetzt mit Vorschlägen aus Deutschland?"

Macron und die Ungeduld mit Europa

Macrons Ungeduld mit Europa ist bekannt. Bereits 2017, wenige Monate nach seiner Wahl, hatte er in einer Rede an der Pariser Universität Sorbonne Reformen angemahnt.

Ganz deutlich setzte er dabei auch auf die deutsche Bundeskanzlerin, die aber lange zögerte, auf seine Vorschläge überhaupt zu reagieren. Jetzt sagte ein Sprecher der Bundesregierung in Berlin nur mit den dürren Worten, die Regierung unterstütze die engagierte Diskussion über die Ausrichtung der Europäischen Union.

Kritik von der "Alternative für Deutschland"

Einhellige Kritik kam von der rechtspopulistischen "Alternative für Deutschland" (AfD). Deren Fraktionschef im Bundestag, Alexander Gauland, meinte, Macrons Vorschläge würden die Krise der EU verschärfen. Gauland auf Twitter: "Nicht Nationalisten gefährden Europa, sondern der ausufernde Kontroll- und Bürokratie-Wahn der EU."