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Interesse an deutschen Unternehmen

Deutsche Unternehmen sind bei chinesischen Investoren begehrter denn je.

16.11.2016
© dpa/Da Qing

Chinesische Investoren drängen mit Macht auf den deutschen und europäischen Markt. Allein im ersten Halbjahr 2016 haben sie in Deutschland und in Europa jeweils so viele Akquisitionen getätigt wie im gesamten Jahr 2014 – Rekord für ein erstes Halbjahr. In Europa kauften oder beteiligten sie sich an 164 Unternehmen, in Deutschland waren es 37 Unternehmen. Das ist ein Ergebnis einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, die M&A-Investitionen chinesischer Unternehmen in Deutschland und Europa untersucht.

In Europa tätigten chinesische Unternehmen im ersten Halbjahr Zukäufe im Wert von 72,4 Milliarden US-Dollar. 10,8 Milliarden US-Dollar entfielen auf Deutschland. Zu den größten Transaktionen zählen die Übernahme des deutschen Roboterherstellers Kuka durch den chinesischen Konzern Midea und der Verkauf der EEW Energy from Waste GmbH an den chinesischen Investor Beijing Enterprises Holding.

Das Engagement in Deutschland habe gute Gründe, sagt Yi Sun, Partnerin bei EY Deutschland und Leiterin der China Business Services Deutschland, Österreich und Schweiz. „Made in Germany hat international nach wie vor einen guten Ruf. Für chinesische Manager ist und bleibt Deutschland ein Premium-Standort. Die Deutschen haben zudem den Ruf fleißig zu sein und ihr Wort zu halten. Sie sprechen gutes Englisch – und im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wird weniger gestreikt. Das hohe Ausbildungsniveau, die eher auf Ausgleich als auf Konfrontation setzende Kultur in Deutschland und natürlich die hohe Qualität von Forschung und Fertigung kommen bei den Chinesen gut an." Besonders im Fokus stehen für die Investoren Industrieunternehmen; 17 der 37 in Deutschland getätigten Akquisitionen gingen auf ihr Konto. Begehrt waren  außerdem der Energiesektor (7 Zukäufe) und der Medizin-/Health-Care-Sektor (4 Zukäufe).

Allerdings werden Übernahmen oder geplante Transaktionen durch chinesische Unternehmen in Deutschland zunehmend auch kritisch gesehen, vor allem wenn es sich um Schlüsselindustrien handelt, der chinesische Käufer vom Staat finanziell unterstützt wird oder China in dem entsprechenden Bereich deutschen Unternehmen nur einen eingeschränkten Marktzugang bietet (siehe Interview mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel).

Befürchtungen über eine Standortverlagerung oder Arbeitsplatzabbau kann Yi Sun indes nicht teilen. „Zu den von den bevorzugten chinesischen Übernahmezielen in Deutschland zählen Hochtechnologie-Unternehmen, bei denen eine Standortverlagerung unmöglich ist, weil sehr viel Know-how hinter dem gesamten Produktions-, Logistik-, Management-, und IT-Prozess steckt. Zusätzlich braucht man hochqualifizierte Mitarbeiter, die in der Anzahl in China nicht vorhanden sind. Die Zeiten, in denen hier ein Stahlwerk abgebaut und in China wieder aufgebaut wurde, sind längst vorbei.“ Im Gegenteil: „Tendenziell bauen sie eher zusätzlich zu den hiesigen Produktionskapazitäten ein Werk in China auf. Und vielerorts, wo Unternehmen von der Insolvenz bedroht sind, sind die investierenden Chinesen sogar diejenigen, die die Arbeitsplätze erst retten.“