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Musik verbindet

Außergewöhnliche Klänge entstehen, wenn deutsche und afrikanische Künstler gemeinsam musizieren. Ein Interview mit Jens Cording vom Projekt „Music In Africa.“

Nicole Sagener, 07.06.2017
© Siemens Stiftung - Music in Africa

Die afrikanische Musiklandschaft ist vielfältig – bislang aber kaum vernetzt. Das will die Online-Plattform „Music in Africa“ ändern. Mitbegründer Jens Cording erzählt, wie Musik zur Verständigung auf dem afrikanischen Kontinent beiträgt – und welche stilistische Vielfalt Afrika bietet.

Jens Cording

Die Fülle der afrikanischen Musikkultur ist enorm – aber in Europa kaum bekannt. Und Musiker in Afrika haben wenig Möglichkeiten, sich untereinander auszutauschen. Wie will die Plattform „Music In Africa“ das ändern?

Ausgangspunkt für „Music In Africa“ war eine einfache Beobachtung: Es war kaum möglich, an gesicherte und hochwertige Informationen zum aktuellen Musikschaffen auf dem Kontinent zu kommen. Austausch oder gegenseitiges Lernen waren so nicht möglich. Dies wollten wir als Siemens Stiftung ändern. Gemeinsam mit dem Goethe-Institut haben wir vor sieben Jahren Musikschaffende aus ganz Afrika zu einer Konferenz nach Johannesburg eingeladen, um zu diskutieren, inwieweit eine Musikinformationsplattform im Internet eine gute Möglichkeit sein könnte, diese Wissens – und Kommunikationsdefizite auszugleichen. Dort entstand die Idee, ein langfristiges, nachhaltiges Instrument für Information und Kommunikation im Musiksektor auf dem Kontinent zu schaffen.

Wie arbeiten Sie in der Plattform zusammen?

Mehr als 100 professionelle Musiker, Wissenschaftler, Journalisten, Kulturmanager und Pädagogen sind an der Konzeption und am Aufbau des Projekts beteiligt, das mittlerweile die größte und aktivste Kulturplattform in Afrika ist. Die Plattform versammelt zahlreiche Informationen zu Künstlern, Kulturorganisationen, Produzenten, Musikstudios oder Bildungsinstitutionen sowie Konzert- oder CD-Besprechungen, Ankündigungen, Ausschreibungen, Musiknews und umfangreiches Textmaterial zu den Musikstilen der bisher bearbeiteten 30 Länder.

Was hat das Projekt bislang erreicht?

Musikschaffende können sich ein umfassendes und qualifiziertes Bild vom aktuellen Musikleben in Afrika verschaffen und Kooperationen anzupeilen. Die Music In Africa Foundation, die sich vor drei Jahren in Kenia gegründet hat und die heute das Projekt betreibt, stößt zusammen mit uns zudem aktiv Kooperationen zwischen deutschen und afrikanischen Musikern an. Es gab beispielsweise eine wirklich sehr gewinnbringende Zusammenarbeit zwischen Senegalesischen Hiphoppern mit der Band Blumentopf in München oder auch die fruchtbare Zusammenarbeit der Kameruner Band Macase mit der Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim. Hier werden wir intensiv weiter arbeiten.

Welche Rolle spielen Kunst und Musik für das gesellschaftliche, politische und auch wirtschaftliche Wachstum auf dem afrikanischen Kontinent?

Kunst und Musik sind ausgesprochen wichtig in Afrika. Sie sind, wie überall auf der Welt, Ausdruck des eigenen Selbstverständnisses und tragen zu Frieden und Verständnis bei. Jenseits von Politik vermag die Musik einen wichtigen Beitrag zur Verständigung auf dem Kontinent, auch über Länder und Gesellschaftsgrenzen hinaus zu leisten. Oftmals sind es Künstler, die gesellschaftliche Umbrüche besonders sensibel reflektieren und so zu einer lebendigen Zivilgesellschaft beitragen. Ein gutes Beispiel ist der senegalesische Hiphop, der einer selbstbewussten Generation junger Afrikaner immer wieder Sprachrohr ist und ganz entscheidenden Einfluss auf die Realpolitik des Landes nimmt. Oder auch die Griot in vielen Ländern Westafrikas, die mit ihrer Jahrhundertealten Musiktradition wesentlich zur Identitätsbildung beitragen. Der Nigerianisch-Deutsche Musiker Ade Bantu, der ebenfalls im Präsidium der Music In Africa Foundation ist, hat einmal gesagt: „Musik ist die Waffe der Zukunft“. Und das würde ich mir auch wünschen: Dass die Musik eine positive Wirkung auf Friedensprozesse und gelingende Gesellschaften hat.

Was kann Musik darüber hinaus leisten?

Musik ist in Afrika nicht nur gesellschaftlich-kulturell zu sehen, sondern bietet auch Geschäftsmöglichkeiten. Die Entwicklung der gesamten Kreativindustrie steht noch ziemlich am Anfang. Es scheint, als ob hier ein schier unerschöpfliches Potenzial darauf wartet, den Kontinent umzugestalten. Mit „Music In Africa“ wollen wir die Kreativen im Land unterstützen, ihnen Handwerkszeug geben und zur Professionalisierung und Vernetzung beitragen.

„Music In Africa“ hat zum kulturellen Rahmenprogramm der G20-Konferenz „G20 Africa Partnership – Investing in a Common Future beigetragen, die am 12.und 13. Juni in Berlin stattfindet. Wie kam es dazu?

Wir beobachten, dass „Music In Africa“ zunehmend als Autorität für qualitativ hochwertige Informationen gesehen wird. Und so ist es auch zu dem Kontakt zur G20-Konferenz gekommen. Ganz konkret haben wir geeignete Musiker aus Afrika recherchiert und diese vorgeschlagen. Sieben Musiker aus Südafrika, Zimbabwe, Senegal und Ghana werden mit vier europäischen Musikern in den musikalischen Austausch treten und an verschiedenen Orten auf dem Konferenzgelände in unterschiedlichen Konstellationen musizieren. Vielleicht ein Beispiel auch für die teilnehmenden Gäste an der Konferenz, wie Kommunikation und Partizipation real funktionieren kann. „Music In Africa“ hat inhaltlichen Input zum Gesamtkonzept geleistet und die Siemens Stiftung unterstützt das Vorhaben.

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