Deutschland – Vorbild für die arabische Welt
Der stellvertretende Direktor der Birzeit Universität im Westjordanland erinnert sich an den Mauerfall.

Der Wirtschaftswissenschaftler ist stellvertretender Präsident der Birzeit Universität im Westjordanland.
Herr Zagha, Sie reisten ausgerechnet am Tag des Mauerfalls 1989 nach Berlin. Wie kam es dazu?
Das war Zufall, ich hatte keine Ahnung! Ich hatte zwar immer davon geträumt, dass die Mauer fällt, wie ich mir das auch für die Grenze zwischen Israel und Palästina wünsche. Aber eigentlich wollte ich an diesem 9. November 1989 nur meinen Doktorvater für Wirtschaftswissenschaft in Berlin besuchen. Ich lernte gerade Deutsch in Prien am Chiemsee in Bayern. Als ich in Berlin ankam, holte mich ein befreundeter Professor des arabischen Instituts ab und sagte zu mir: Die Mauer ist gefallen. Wir fuhren hin – und da sah ich die Menschen tanzen. Sie waren so froh.
Seit dem Mauerfall sind Sie mehrmals nach Deutschland gereist. Wie hat sich das Land Ihrer Meinung nach verändert?
Nach meiner Promotion 1994 habe ich Berlin drei Mal besucht, das letzte Mal in diesem Jahr. Anfangs hatte ich den Eindruck, dass die Mauer in den Köpfen, und vielleicht in den Herzen, weiter besteht. Bei meinem jüngsten Aufenthalt fiel mir auf: Auch diese Mauer ist nun verschwunden. Die Menschen reden über andere Themen, sind zufrieden. Die Landschaft hat sich verändert, gerade rund ums Brandenburger Tor. Früher war dort Sperrgebiet, heute flanieren Touristen. Das erschien mir anfangs merkwürdig.
Sehen Sie in der Friedlichen Revolution in Deutschland ein Modell für die Umbrüche in der arabischen Welt?
Die arabische Welt ist noch mit ihren alten Herausforderungen beschäftigt; der Arabische Frühling ist nicht vollendet. Deutschland kann ein Vorbild sein. Für Vielfalt, für Technologie, für Toleranz. Auch deutsche Freundschaft ist etwas Besonderes. Hat man einen Freund gefunden, bleibt er für immer.
Interview: Sarah Kanning