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„Wir erfahren großen Zuspruch“

Brigadegeneral Franz Pfrengle erläutert im Interview, wie Deutschland zur Stabilität Malis beiträgt.

13.01.2016

Herr General, Deutschland ist derzeit an der Stabilisierung Malis aktiv beteiligt. Welche Verantwortung übernimmt Deutschland konkret?

Deutschland führt derzeit zwei Missionen. EUTM, die Ausbildungsmission der Europäischen Union für die malischen Streitkräfte, die aber auch gleichzeitig eine Beratungsmission ist, sowie die EUCAP Sahel-Mission, die die Polizeiausbildung in Mali übernimmt.

Welche Fähigkeiten bringt die Bundeswehr dabei ein?

Zum einen bilden wir mit unseren hoch qualifizierten Ausbildern die malischen Streitkräfte direkt aus. Ebenso schulen wir ihre Ausbilder. Zusätzlich sind wir in der Advisory Task Force vertreten, die auf Ministeriumsebene Beratung zur Reorganisation der Streitkräfte durchführt. Auch im Stab haben wir viele Schlüsselpositionen besetzt. Um es jedoch gleich vorwegzunehmen: Hier bringt jeder aus der Europäischen Union etwas ein und so arbeiten 24 Nationen im täglichen Dienst miteinander. Ich mache da keine Unterschiede.

Zudem gibt es die MINUSMA-Friedensmission der Vereinten Nationen. Wie funktioniert die Koordination dieser Missionen?

Ein gutes Dreieck ergibt sich allein schon dadurch, dass sich die Chefs der jeweiligen Missionen gut miteinander verstehen. Wir haben untereinander viel Kontakt. Es finden häufig Abstimmungsgespräche statt. Darin geht es unter anderem um die Intensivierung des Friedensprozesses. Das gibt uns ein gutes Bild über die Fortschritte in allen Bereichen.

Und wie sieht diese Zusammenarbeit genau aus?

Die EUCAP Mission hat gewisse Überschneidungen mit EUTM. EUCAP übernimmt die Ausbildung der Gendarmerie und der Nationalgarde. Die Gendarmerie ist die lokale Polizei in der Fläche, hat in der Territorialverteidigung jedoch auch rein militärische Aufgaben zu übernehmen. Sie muss vor allem im Süden sehr eng mit den malischen Streitkräften zusammenarbeiten und interoperabel sein. EUCAP bildet die Gendarmerie dazu in ihren polizeilichen Fähigkeiten aus und wir haben seit kurzem im Rahmen der Ausbildung einen gemischten Verband, in dem eine große Gendarmerieeinheit militärisch ausgebildet wird.

Welche Ausbildungsinhalte vermittelt die Bundeswehr in Mali?

Wir bilden die malischen Streitkräfte in grundlegenden militärischen Fähigkeiten aus: Überwachung von Räumen, Checkpoints, Patrouillen, Verhalten in Hinterhalten und Verteidigung von bestimmten Punkten. Außerdem läuft derzeit ein Kompaniecheflehrgang. Was wir immer in unsere Ausbildung integrieren, ist das humanitäre Völkerrecht. So lernt der malische Soldat, dass der Gegner und die Bevölkerung auch in einem Konflikt Rechte haben. Da haben wir gute Fortschritte gemacht. Wir erhalten Rückmeldung aus der Bevölkerung, dass das Verhalten der Soldaten ihr gegenüber deutlich besser geworden ist.

Auf welche Herausforderungen stoßen Sie bei der Ausbildung?

Herausforderungen sind die materielle Ausstattung der Streitkräfte und der Ausbildungsstand. Man musste hier teilweise schon relativ weit unten mit der Ausbildung anfangen. Eine weitere Herausforderung ist das Führungsverhalten, vor allem bei den Führern, die unmittelbar mit den Soldaten arbeiten. Man kann aber beobachten, dass die malischen Soldaten unheimlich motiviert sind. Die Herausforderung ist eigentlich, die Soldaten in zwölf Wochen auf solch einen Ausbildungsstand zu bringen, damit sie im Norden ihre Aufgaben gut wahrnehmen können.

Welche Lehren ziehen Sie bisher aus der Mission in Mali?

Eine Ausbildung und die Änderung von Führungsverhalten lassen sich nicht von heute auf morgen umsetzen. Auch eine Reform von Streitkräften braucht Zeit, gerade nach den Ereignissen im Jahr 2012. EUTM hat seit 2013 in kurzer Zeit dafür gesorgt, dass die malischen Streitkräfte wieder über einsatzfähige Verbände verfügen, die zur Stabilisierung der Lage im Norden beitragen können. Wesentlich länger dauert es, die Ausbildung so zu gestalten, dass unsere malischen Kameraden übernehmen und die Qualität halten können. Ich sage immer, die vier wichtigsten Schlüsselworte hier sind Geduld, Leidenschaft, gegenseitiger Respekt und Flexibilität. Wenn wir das beherzigen, dann kann eigentlich kommen, was will. Aber Zeit braucht man.

Was war für sie persönlich das positivste Ereignis in Ihrer Zeit in Mali?

Ich habe in 40 Dienstjahren viel Schönes bei den Streitkräften erlebt, aber das hier ist eigentlich die schönste Erfahrung, die ich in dieser Zeit machen durfte. Es gibt so viele positive Eindrücke, da kann man schwer etwas hervorheben. Aber toll ist zum Beispiel, wenn man einen jungen malischen Unteroffizier sieht, der einen Befehl für einen Auftrag gibt und das bis auf Kleinigkeiten richtig gut macht. Die Leute hier sagen Ihnen mit den Augen: „Es ist gut, was ihr hier macht“. Diese Motivation entschädigt für alles andere. Das „Aufsaugen“ von Informationen, das wir in der Ausbildung und der Beratung erleben, ist toll. Ich glaube, dass das hier ein unheimlich sinnvoller Einsatz ist. Das schönste Ereignis war jedoch, als ich das letzte Mal in einer malischen Kirche hier in Bamako war. Als die Leute erkannten, dass ich der Kommandeur der Europäischen Trainingsmission bin, sind sie spontan aufgestanden und haben Beifall geklatscht. Daran kann man erkennen, welchen Zuspruch die Mission auch von Seiten der malischen Bevölkerung hat.

Interview: Jan Fuhrmann