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Sicherheit für die Menschen in Irak

Viele Iraker lernen nach der Befreiung vom „Islamischen Staat“ erst, ihrem Staat wieder zu vertrauen. Deutschland unterstützt sie dabei.

27.12.2017
Community Policing
© IOM

Khalil al-Dschobory ist der IS-Terrormiliz entkommen. Doch sich in der Stadt Tikrit ein neues Zuhause aufzubauen, war viel komplizierter als erwartet. Weil er aus einem von den IS-Dschihadisten kontrollierten Gebiet geflohen war, brauchte er zehn verschiedene Unterschriften, um als ungefährlich eingestuft zu werden. „Es hat über einen Monat gedauert“, sagt der Iraker. 

Inzwischen brauchen Binnenflüchtlinge und Rückkehrer nur noch vier Unterschriften für die Sicherheitsfreigabe – dank eines Konzepts namens Community Policing, das mit deutscher Hilfe im Irak aufgebaut wurde. Im Community-Policing-Forum kommen Vertreter der Gemeinde und der Sicherheitsbehörden zusammen, um über dringende Probleme zu beraten und Lösungen zu finden. „Jetzt fühlen sich auch meine Verwandten ermutigt zu kommen“, erzählt al-Dschobory. „Ich wünschte, dass es solche Polizisten überall im Irak gäbe.“

Rückkehrern die Angst nehmen

Das Auswärtige Amt unterstützt die irakische Regierung darin, den Menschen in den vom sogenannten IS befreiten Gebieten das Vertrauen in ihren Staat zurückzugeben. Die Iraker sollen beim Community Policing die konkrete Erfahrung machen, dass die Polizei den Bürgern dient, als Freund und Helfer auf ihrer Seite steht und Rückkehrern die Angst vor Konflikten nehmen kann.

Ohne ein gewisses Maß an Sicherheit kann keine wirtschaftliche Entwicklung stattfinden.
Placido Silipigni, Internationale Organisation für Migration (IOM)

Community Policing gehört zu einem Gesamtpaket von 52 Projekten im Irak, die von der Abteilung S für Krisenprävention, Stabilisierung, Konfliktnachsorge und Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt koordiniert und finanziert werden –  290 Millionen Euro hat die Abteilung S für Irak allein in 2017 bereitgestellt. Denn die Lage im Irak zu stabilisieren und der Bevölkerung vor Ort zu helfen ist nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit und globalen Verantwortung für den Frieden. Es dient gleichzeitig auch der Fluchtursachenbekämpfung.

Bessere Bleibeperspektiven

Die meisten Iraker wollten selbst unter den widrigsten Umständen in ihre Heimat zurück, hat Placido Silipigni beobachtet. Er ist Projektmanager bei der Internationalen Organisation für Migration (IOM), die das von Deutschland finanzierte Community-Policing-Projekt in Irak durchführt. „Der kritische Punkt für die Menschen ist die Sicherheit“, betont er. „Ohne ein gewisses Maß an Sicherheit kann keine wirtschaftliche Entwicklung stattfinden, die Menschen verlieren die Hoffnung und suchen nach Alternativen“. So entstehen Flucht- und Migrationsbewegungen von Bevölkerungsgruppen, die eigentlich gar nicht auswandern wollen

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Eine funktionierende Polizei ist deshalb der Schlüssel für mehr Vertrauen und bessere Bleibeperspektiven. „Die Uniform eines Polizisten steht für den Staat“, sagt Silipigni. „Die Uniform sollte ausdrücken: Wir sind hier, um euch zu schützen und um eines jeden Freiheit zu garantieren.“ Doch das funktioniere nur, „wenn die Menschen den Polizisten vertrauen und sie respektieren“.

Neutrale Instanz

Silipigni und seine Mitarbeiter suchen die Polizisten sorgfältig aus, die Community-Policing-Officer werden. Die Beamten brauchen Erfahrung und Ausbildung, um das Forum zu moderieren, bei dem Probleme der Gemeinschaft besprochen werden. Sie benötigen auch ein Gespür dafür, Spannungen zu erkennen und zu entschärfen, bevor es zum offenen Konflikt kommt. Oft gilt es, den Umgang mit Binnenflüchtlingen oder Rückkehrern zu erleichtern und das gegenseitige Misstrauen abzubauen.

Doch es kann auch darum gehen, bei einer Anschlagswelle von IS-Terroristen einen sicheren Schulweg für die Kinder zu organisieren – oder Jugendliche einer in Not geratenen Familie davor zu bewahren, in die Kriminalität abzurutschen. Außerdem  werden Probleme diskutiert, die sonst nie öffentlich zur Sprache kommen: häusliche Gewalt etwa und wer in solchen Fällen weiterhilft. „Dass die Polizei auch für die Schwachen und Verwundbaren in der Gesellschaft da ist, ist eine enorm wichtige Botschaft“, sagt Silipigni. Die Community Policing-Foren würden inzwischen als neutrale Instanz empfunden. „Für mich ist allein das schon ein riesiger Schritt nach vorne.“

Deutsche Irak-Hilfe im Überblick
Das Auswärtige Amt hat die Iraker 2017 mit 290 Millionen Euro unterstützt; in den vergangenen drei Jahren waren es 502 Millionen. Zurzeit werden 23 Projekte zur Stabilisierung des Landes und 30 humanitäre Hilfsprojekte finanziert. Unter anderem werden die Sprengfallen und Minen, die der IS hinterlassen hat, geräumt. Aktuell ist Deutschland in Irak der zweitgrößte Geber für humanitäre Hilfe nach den USA. Seit 2014 hat das Auswärtige Amt insgesamt 415 Millionen Euro für humanitäre Hilfe in Irak bereitgestellt, davon allein rund 200 Millionen Euro im Jahr 2017. Die Gelder gehen zu etwa zwei Dritteln an internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen (UNHCR, OCHA, WFP, WHO) und zu einem Drittel an deutsche Organisationen wie das Deutsche Rote Kreuz oder die Welthungerhilfe. Deutschlands wichtigste Partner in Irak 2017 sind UNDP, WFP, UNHCR und OCHA. 

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