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„Mehr Freihandel“

Anfang November findet in Jakarta die Asien-Pazifik-Konferenz der deutschen Wirtschaft statt.  Asien-Sprecher Hubert Lienhard sagt, warum die Region gerade jetzt so wichtig ist.

29.10.2018
Rush Hour in Jakartas Business District
Rush Hour in Jakartas Business District © stock.adobe.com/Didier Marti

Herr Dr. Lienhard, Sie sind Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft. Welchen Stellenwert hat die Region für die deutsche Wirtschaft?
Die asiatischen Märkte sind fundamental wichtig für die deutsche Wirtschaft. Nach dem europäischen Binnenmarkt ist die Region der zweitgrößte Handelspartner Deutschlands. Im Jahr 2017 beliefen sich die deutschen Exporte nach Asien auf 186 Milliarden Euro, fast 15 Prozent aller deutscher Exporte. Das Handelsvolumen wuchs im vergangenen Jahr um mehr als 35 Milliarden Euro auf 391 Milliarden Euro. Das unterstreicht die hohe wirtschaftliche Bedeutung, die die Region für unsere Unternehmen hat. Ein Ausbau dieser Beziehungen, auch zu den Märkten, die noch nicht so stark im Fokus stehen, wird immer wichtiger. Vor allem vor dem Hintergrund eines wachsenden Handelskonfliktes zwischen den USA und China.

An den Exportzahlen sehen wir schon die ersten Bremsspuren.
Dr. Hubert Lienhard, Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft

In wie weit ist die deutsche Wirtschaft von dem Handelskonflikt betroffen?
An den aktuellen deutschen Exportzahlen sehen wir schon die ersten Bremsspuren durch den  Handelskonflikt zwischen den USA und China. Zwar geht ein Großteil der Exporte immer noch in unsere europäischen Nachbarländer, aber auch China und die USA sind wichtige Märkte für uns. Im vorigen Jahr gingen rund neun Prozent der deutschen Warenausfuhr in die USA und etwa sieben Prozent nach China. In Deutschland hängt jeder vierte Arbeitsplatz am Export. Deshalb ist unsere Hauptsorge momentan, dass sich der Handelskonflikt zwischen China und den USA negativ auf die gesamte Weltkonjunktur auswirkt.

Dr. Hubert Lienhard, Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft
Dr. Hubert Lienhard, Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft © APA

Was sind die großen Themen auf der Asien-Pazifik-Konferenz?
Ein Schwerpunkt liegt auf der Diskussion der Vor- und Nachteile von Freihandel und den Reform-Erfordernissen in der multilateralen Handelsordnung und der WTO. Ein weiterer Schwerpunkt liegt beim Infrastruktur-Ausbau in Asien. Auch das Thema Digitalisierung ist in diesem Jahr viel präsenter als in den Konferenzen der Vorjahre: Wir haben Diskussionsrunden zu Industrie 4.0, zur Mobilität der Zukunft, zu künstlicher Intelligenz und zu Cyber Security. Ein fest etablierter Bestandteil der APK ist der Blick mit Experten auf die Sicherheitslage in der Region, die natürlich auch die Aktivitäten unserer lokalen Unternehmen beeinflusst.

Weitere Freihandelsabkommen werden derzeit ausgehandelt.
Dr. Hubert Lienhard, Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft

Mit Japan hat die EU gerade ein Freihandelsabkommen geschlossen. Sollte das das Ziel auch für andere Länder Asiens sein?
Unbedingt! Das Abkommen mit Südkorea als erstes in der Region ist seit 2011 in Kraft. Es wirkt sich eindeutig positiv auf das Handelsvolumen zwischen Deutschland und Südkorea aus. Das sollte ein Ansporn sein für den Abschluss weiterer Abkommen. In diesem Jahr haben die EU und Japan dann ihr Freihandelsabkommen unterzeichnet. Es deckt ein Drittel des weltweiten BIP ab. Die Verhandlungen über Abkommen mit Vietnam und Singapur wurden abgeschlossen, das Abkommen mit Singapur wurde kürzlich am Rande des ASEM-Gipfels in Brüssel unterzeichnet. Das Abkommen mit Vietnam steht unmittelbar vor der Unterzeichnung. Weitere Freihandelsabkommen werden derzeit mit den ASEAN-Mitgliedern Australien und Neuseeland ausgehandelt.

Die Asien-Pazifik-Konferenz 2018 findet am Sitz der ASEAN in Jakarta statt. Kann das als Fingerzeig verstanden werden?
Der Handel zwischen Deutschland und ASEAN lag 2017 bei über 65 Milliarden Euro. Der Staatenbund ist damit der 13. größte Handelspartner Deutschlands. In der ASEAN-Region sind rund 3000 deutsche Unternehmen tätig. Mit Indonesien als Gastland konnten wir einen wichtigen Partner in der Region gewinnen. Ausschlaggebend für Indonesien waren die Bevölkerungsgröße des Landes, die Wachstumsaussichten, die laut IWF für 2017 und 2018 stabil bei gut fünf Prozent liegen, die enge Verflechtung Indonesiens mit den anderen Partnern der ASEAN-Gemeinschaft und die Tatsache, dass Indonesien als größtes muslimisches Land der Welt überregional eine große Bedeutung hat. In den 1980er und 1990er Jahren gab es enge Verbindungen zwischen Indonesien und Deutschland. Diese Beziehungen sind auf deutscher Seite in den letzten 15 Jahren etwas vernachlässigt worden. Ich bin sicher, dass wir mit der APK hier eine Trendwende einleiten.

Interview: Martin Orth

© www.deutschland.de

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