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„Das EU-Programm schafft Brücken“

Ulrike Plüschau ist mit ihrer Möbelmanufaktur Uccelino über das EU-Gateway-Programm nach Japan gegangen. Ein Interview über Erfahrungen und Erfolge.

29.10.2014
© Karin Desmarowitz - Ulrike Plüschau

Frau Plüschau, Sie haben mit Ihrem Unternehmen Uccellino den Gang nach Japan gewagt. Wie kam das zustande?

Wir wurden von Vertretern des EU-Programms Gateway to Japan angemailt und eingeladen an der Messe Interior Design im Juni 2013 in Tokyo teilzunehmen. Bis dahin hatten wir aber noch nie etwas von diesem Programm gehört. Und da wir sehr häufig von irgendwelchen Messen im Ausland eingeladen werden, haben wir auf diese Einladung zunächst nicht reagiert.

Wie ging es weiter?

Eines Tages wurden wir angerufen und gebeten, uns die Unterlagen doch mal genau anzuschauen. Wir haben uns dann für das Seminar in Brüssel angemeldet. Aber erst in Brüssel wurde uns klar, dass es nicht irgendeine Messe ist, für die noch Teilnehmer gesucht werden, sondern dass die Teilnehmer für dieses Programm gut ausgewählt werden. Die perfekte Organisation, die interessanten teilnehmenden Firmen und die Erfahrungsberichte von Teilnehmern, die ein zweites Mal dabei waren, haben uns dann von der Teilnahme überzeugt.

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

In dem Seminar in Brüssel wurden uns vom historischen und kulturellen Hintergrund bis zum wirtschaftlichen Einblick in das Land viele unterschiedliche Aspekte aufgezeigt. Das war eine gute Ausgangsbasis für die Vorbereitung der Messe, hilfreich für die Produktauswahl und den logistischen Ablauf. Der Unterschied zu anderen geförderten Messen im Ausland war die Vermittlung von Kontakten schon vor der Messe, so dass Meetings geplant werden konnten.

Was haben Sie über den japanischen Markt gelernt?

Japaner lieben Shopping. Viele Japaner lassen sich die gekaufte Ware nach Hause bringen. Die Japaner haben im Verhältnis zu Europa hohe Gehälter, leben aber auf sehr kleinem Raum. Deshalb spielt Inneneinrichtung eine nicht so große Rolle. Das ändert sich aber zunehmend.

Gab es auch Hürden?

Der japanische Markt scheint sehr reguliert und daher auch ein wenig unflexibel zu sein. Ein Beispiel: Der Transport unserer Muster nach Japan. Die Palette mit den Teilen sollte am Dienstag ins Hotel geliefert werden. Am Montag erhielten wir eine Meldung des Transportunternehmens, dass die Zeit von Montag morgen bis Dienstag abend zu knapp wäre und man den Transport nicht handeln könne. Auch andere Unternehmen sahen sich nicht in der Lage. Für eine Anlieferung mit Carnet-Verzollung sei die Zeit zu kurz. Daraufhin sind wir mit Bus und Bahn selber zum Zoll in Tokyo gefahren. Nach vier Stunden mit drei verschiedenen Ansprechpartnern hatten wir dann alle Stempel, haben uns für den nächsten Tag einen Transporter geliehen und die Ware selber aus dem Hafen geholt.

Was gefällt den Japanern an Ihren Produkten?

Japaner lieben made in Germany und Limited Editions, stellen aber auch hohe Anforderungen an Qualität und Service. Diese Anforderungen können wir erfüllen, denn durch unsere Produktion in Deutschland können wir nicht nur die Modelle nach Bedarf anpassen, sondern auch Sonderwünsche wie bestimmte Farben und Maße kurzfristig realisieren.

Wie entwickelt sich das Geschäft?

Wir haben nach den beiden Messen viele und gute Kontakte und sehen großes Potenzial. Man braucht aber auch Geduld und einen langen Atem.

Würden Sie das EU-Gateway-Program weiterempfehlen?

Auf jeden Fall, denn der Support geht weit über das Finanzielle hinaus. Das Programm schafft Brücken auf kultureller, wirtschaftlicher und sozialer Ebene.

Sind andere Unternehmen diesen Weg mitgegangen?

Bei unserer ersten Teilnahme waren nur kleinere und mittlere Unternehmen dabei. Das lag aber an den Auswahlkriterien. Bei unserer zweiten Teilnahme waren vermehrt große Firmen wie zum Beispiel die Königliche Porzellan Manufaktur dabei. Da kam schon mal die Frage auf, warum solche Firmen diesen Support brauchen. Aber in Gesprächen mit diesen Teilnehmern stellten wir fest, dass auch diese Firmen dieselben Hindernisse und Hürden zu überwinden haben wie kleine Unternehmen. Alle brauchen Geduld, müssen sich mit den oft komplizierten und undurchsichtigen Vertriebswegen auseinandersetzen, die sprachlichen Hindernisse bewältigen und mit den erst allmählich eingehenden Bestellungen abfinden. ▪

Interview: Martin Orth

Info: Uccellino

Uccellino wurde 2004 von Ulrike Plüschau gegründet. Die gelernte Modedesignerin entwirft und produziert in ihrer Hamburger Manufaktur individuelle Kleinmöbel und Wohnaccessoires. Die Kollektion wird in ausgewählten Fachgeschäften, Boutiquen und Designhäusern in über 30 Ländern weltweit verkauft. Der Großteil der Produkte wird in Deutschland hergestellt. Die Veredelung findet in Hamburg statt.

Übrigens: Uccellino bedeutet auf Italienisch „kleiner Vogel“. Der Mädchenname von Ulrike Plüschau war Vögele (kleiner Vogel)...