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Betty, Fati und die anderen

Noch nie haben so viele Afrikanerinnen und Afrikaner ein Klimaschutzstipendium erhalten wie in diesem Jahr. 

Martina Propson-Hauck, 14.07.2017
Humboldt Foundation: scholarship holders
© Humboldt-Stiftung

Seit 2009 vergibt die Alexander von Humboldt-Stiftung Klimaschutzstipendien an junge Nachwuchswissenschaftler aus außereuropäischen Schwellen- oder Entwicklungsländern. Noch nie waren so viele aus Afrika dabei. Von den 19 Stipendiaten des Jahrgangs 2017/18 sind elf aus Afrika, darunter fünf Frauen. Sie alle können ein Jahr lang ein Forschungsprojekt zum Klimawandel nach eigener Wahl in Deutschland durchführen. Betreut werden sie dabei von Professoren deutscher Universitäten, die sie nach ihrem eigenen Forschungsschwerpunkt aussuchen können.  

Not durch Dürre
 

Betty Jepchirchir Rono
© Daniela Schmitter

Betty Jepchirchir Rono, 29, ist eine von ihnen. Sie hat ihren Master of Science in Kenia gemacht, an der Egerton University in Nakuru, nun will sie promovieren. In Deutschland  forscht sie seit einem halben Jahr am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung der Universität Leipzig, um den Bauern in ihrer Heimat zu helfen. Sie sind bedingt durch den Klimawandel zunehmend von steigenden Temperaturen und sich verändernden Niederschlägen betroffen. Die Folgen sind Dürren und damit verbunden Viehsterben, Ernteausfälle und dramatische Hungersnöte wie erneut auch zu Beginn dieses Jahres. „Hunger ist sehr schlimm für ein Land“, sagt Betty Rono. Bereits in Kenia hat sie deshalb Daten der Dürren in den letzten 40 Jahren zusammengetragen. Nun erstellt sie mit Hilfe einer ausgefeilten Software eine Art Dürre-Monitor und einen Dürre-Index, der es ermöglichen soll, Dürren gezielt vorherzusagen und internationale Hilfsprogramme früher zu starten. 

Frühwarnsystem für die Bauern

Zum anderen aber hat sie auch ausführliche Interviews mit mehr als 120 Landwirten in Kenia geführt, um zu verstehen, wie sich die Menschen angesichts von Dürren verhalten und warum sie das tun. So hat die kenianische Regierung zwar ein Notfall-Programm aufgelegt, um Vieh in Dürrezeiten anzukaufen. „Doch das Vieh bedeutet für die Familien ihren kostbarsten Schatz, von dem man sich nicht trennt“, erläutert Professor Dr. Aletta Bonn, die Betty in Deutschland an der Universität Leipzig betreut und in ihrer Forschungsarbeit unterstützt. Zudem werden aber auch die Böden ausgelaugt, wenn zu viel Vieh darauf gehalten wird. Die naturwissenschaftliche Erhebung der abstrakten Dürredaten zu Voraussagezwecken fließt in ihrer Arbeit zusammen mit soziologischen Erkenntnissen über tradierte Verhaltensmuster. Herauskommen soll ein Warnsystem, das über Mobil-Telefone auch die Menschen in entlegenen Bezirken des Landes erreicht. 

Ein Netzwerk für die Zukunft

Extreme Dürre plagt die Menschen in Ostafrika auch 2017 wieder. Etwa zwölf Millionen Bewohnern drohe der Hungertod, warnten Hilfsorganisationen schon vor Monaten. Kenias Regierung rief zu Jahresbeginn den Katastrophenzustand aus. In den vergangenen Jahren haben die Dürren zugenommen. Betty hofft, dass sie durch ihre Forschungen in Deutschland ihrem Heimatland Kenia helfen kann. In Deutschland habe sie neben der guten technischen Ausstattung der Universität auch die Gelegenheit, Kontakte zu vielen Wissenschaftlern zu knüpfen, sagt sie. Sie baut auf dieses Netzwerk für die Zukunft Afrikas. Das Gute an ihrem Humboldt-Stipendium sei, so die junge Wissenschaftlerin,  dass sie nun ein lebenslanges Netzwerk in der ganzen Welt knüpfen könne. Das öffne Grenzen in den Köpfen. Die jungen Wissenschaftler haben im Rahmen des Programms nicht nur Energie-Unternehmen, Organisationen wie Greenpeace oder  Einrichtungen der Vereinten Nationen in Deutschland besucht, sondern tauschen sich auch untereinander regelmäßig aus. „Wir haben eine Whats-App-Gruppe eingerichtet, in der sind wir bestimmt drei Mal am Tag miteinander verbunden“, erzählt Betty. 

Gefahr an den Küsten 

Etwa mit Fati Aziz, die aus Benin kommt und am Institut für Ostseeforschung in Warnemünde vergleicht, wie Küstenregionen in Deutschland und Ghana mit nachhaltigen Maßnahmen vor den Auswirkungen des Klimawandels geschützt werden können. Schon 2010 stellte die Weltbank fest, dass Teile der ghanaischen Küste und tausende Kilometer der afrikanischen Westküste mittelfristig vom Untergang bedroht sind. Der Atlantik nagt an den flachen Sandküsten von Mauretanien bis Kamerun.  In Ghana konzentrieren sich fast alle Industrie-Anlagen auf die Küstengebiete. Wenn der Meeresspiegel steigt, bedrohen Fluten die Existenz der Bevölkerung. Denn auf der Suche nach Arbeit sind viele tausend Menschen in die Küstengebiete gewandert, an denen Öl und Gas gefördert wird. Für neue Siedlungen wurden Mangrovenwälder gerodet, die zuvor den sandigen Böden Halt gaben. Prognosen zufolge soll der Meeresspiegel durch die Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts weltweit um mindestens einen halben Meter steigen. In Ghana droht einer UN-Studie zufolge vielen Orten des Landes der Untergang. Fati will nun in einer vergleichenden Studie festhalten, wie der Klimawandel die Küsten Deutschlands und Ghanas verändern wird. 

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