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Im Tandem lernen

Gemeinsam schneller ans Ziel kommen – das wollen die Lerngespanne der Facebook-Gruppe „Tandem Deutsch-Hebräisch“.

Agnes Fazekas, 22.04.2016
© dpa/Fredrik von Erichsen - Tandem

Ishay Sommer macht’s wie ein Profi: Seit drei Jahren lebt der israelische Software-Entwickler in Berlin, zehn Tandem-Partner trifft er regelmäßig. „So viele müssen es sein, wenn man drei Treffen die Woche koordinieren will.“ Für den 36-Jährigen ist das das Minimum, um seine Deutschkenntnisse ernsthaft zu verbessern. „Anfangs habe ich einen Sprachkurs besucht, aber der war mir nicht effektiv genug. Das Deutsch, das ich jetzt spreche, habe ich von diesen Tandem-Treffen im Café oder Park.“ Und sein Deutsch ist gut. Kein Wunder, denn um die Einheiten zu strukturieren, bringt er sogar Bücher mit, die gemeinsam durchgeackert werden – und über Leerlauf im Small-Talk hinweghelfen. „Aber die Chemie muss sowieso stimmen.“

Sprechensprechensprechen. Das ist der Lieblingstipp von Sprachlehrern. Früher musste man motivierte Muttersprachler zum Austausch umständlich über Uni-Pinnwände suchen, heute genügt für Deutsch- und Hebräischlerner ein Post in der Facebook-Gruppe „Tandem Deutsch-Hebräisch“. Sie wurde im Juli 2013 als Gemeinschaftsprojekt der Israelischen Botschaft in Berlin und des Goethe-Instituts in Israel eingerichtet und hat mittlerweile mehr als 3700 Mitglieder. Der Vorteil: Bevor man sich zum Kaffee oder im Skype-Video das erste Mal sieht, kann man schon mal vorsichtig das Profil des Partners checken – und nach Sympathie entscheiden, ob man mit einem Kommentar oder per Privatnachricht Kontakt aufnehmen möchte. Neben Tandemgesuchen werden Tipps zu deutsch-israelischen Veranstaltungen geteilt – oder auch mal ein Nena-Musikvideo, um Partizip-Formen zu üben.

Manchmal verstehen sich die Sprach-Tandems so gut, dass echte Freundschaften entstehen: Mit einer Partnerin hat Ishay Sommer sogar zusammengewohnt, bis sie mit ihrem gemeinsam erarbeiteten Hebräisch nach Israel gezogen ist. Ein Treffen hat er allerdings auch abgebrochen: „Man redet irgendwann über Politik. In dem Fall hatte ich wirklich ein Problem mit der Haltung des Partners.“ Manchmal scheint das Interesse auch schon im Voraus übers Lernen hinauszugehen. Inzwischen klärt Sommer die Motivation beim ersten Treffen. „Ich kenne einige Paare, die sich im Tandem näher gekommen sind.“ So ging es dem 34-jährigen Nadav Yakonovitch, der 2015 seine Doktorarbeit in Psychologie in Berlin beginnen will. Plötzlich dauerten die Treffen mit seiner Tandem-Partnerin immer länger, wurden zu gemeinsam verbrachten Tagen.

Die Fotojournalismus-Studentin Sara Klatt holte sich über die Tandem-Gruppe ein Stück Israel nach Hannover. Ihr Großvater ist Israeli, ihr Vater hat in den 1960er-Jahren im Kibbuz gelebt. Zur Gruppe kam die 24-Jährige über einen Umweg: „Ich bringe mir meinen Kaffee immer aus Israel mit und habe versucht, welchen in Hannover aufzutreiben.“ Ein Bekannter verwies sie auf Facebook. Dort suchte sie nach Stichworten wie „Israel“ und „Hannover“ und landete schließlich bei der Facebook-Gruppe „Tandem Deutsch-Hebräisch“. Dort stieß Sara auf Talia Benabus Facebook-Post. Die junge Künstlerin zog der Liebe wegen nach Deutschland, tut sich aber immer noch schwer mit dem kühlen Norden. „Ich hab sie dann gleich zu mir eingeladen“, sagt Sara. Das Lernen ist bei den beiden inzwischen in den Hintergrund geraten: Soviel haben sie sich zu erzählen, dass sie oft ins Englische umschwenken. Inzwischen bringt Benabus Mutter der Hannoveranerin ihren Kaffee mit.

www.facebook.com/groups/TandemDeutschIvrit