Zum Hauptinhalt springen

Starthilfe in Albanien

Den jungen Frauen und Männern in Albanien fehlen Perspektiven. Ein deutsches Projekt stärkt die Berufsbildung.

Rolf Obertreis, 05.07.2016

Die Jugendarbeitslosigkeit ist in Albanien ein drängendes Problem: Ein Drittel der Frauen und Männer zwischen 15 und 29 Jahren haben keinen Job. Zudem steigt die Zahl derer, die freiwillig oder erzwungenermaßen in das Land zurückkehren – nachdem sie versucht haben, etwa in Deutschland Fuß zu fassen. Mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 3400 Euro ist Albanien eines der ärmsten Länder Europas. Immerhin ist die Wirtschaft 2015 um 2,7 Prozent gewachsen, 2016 soll es um 3,4 Prozent nach oben gehen. „Albanien hat die Krise nach 2008 besser ge­meistert als seine Nachbarstaaten“, sagt Sabine Hartig. Doch das reicht nicht.

Hartig muss es wissen. Sie leitet für die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) das Programm „Berufliche Bildung in Albanien“. Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) will die GIZ gemeinsam mit dem albanischen Ministerium für Soziales und Jugend den Menschen größere Chancen auf dem Arbeitsmarkt eröffnen – in Albanien und darüber hinaus. „Wir sind auf politischer Ebene tätig und wir entwickeln auf Schulebene ein neues und innovatives Modell“, sagt Hartig. Im Mittelpunkt steht das Multifunktionale Berufsbildungszentrum (MFC). Das Pilotprojekt läuft in Kamza, einer Stadt mit 150 000 Einwohnern im Großraum Tirana. Dort zeigen sich die Probleme Albaniens besonders deutlich: sehr viele junge Menschen, eine sehr hohe Arbeitslosigkeit. „Das MFC ist hier der einzige Anbieter für berufliche Aus- und Weiterbildung“, sagt Hartig. Rund 1500 Schülerinnen und Schüler zählt das Zentrum, zudem jährlich bis zu 150 Teilnehmer in der Fortbildung. Hartig ist überzeugt, dass das MFC dazu beitragen kann, ihre Lebens­umstände zu verbessern.

Wichtig ist die Zusammenarbeit mit Unternehmen. Ihnen fehlen Fachkräfte – in der Informationstechnologie, im Gesundheitsbereich oder im Tourismus. Über das seit 2010 laufende Projekt mit einem Budget von 7,9 Millionen Euro werden auch sechs Berufsschulen im Nordosten Albaniens unterstützt, der ärmsten Region des Landes. Auch dort geht es um Fortbildung von Lehrern und die Modernisierung von Lehrplänen. Die GIZ setzt zudem auf die Kooperation mit zwei Schulen in Deutschland: der Berufsbildenden Schule für Gesundheit und Soziales in Jena und dem Oberstufenzentrum Informations- und Medizintechnik in Berlin. „Berliner Schüler waren im vergangenen Jahr am MFC in Kamza, im Herbst 2016 reisen albanische Schüler nach Berlin“, so Hartig.

Überhaupt seien die Ergebnisse der Arbeit positiv. „Wir haben rund 150 Lehrerinnen und Lehrer fortgebildet und direkt sowie indirekt etwa 27 500 Schülerinnen und Schüler erreicht.“ Vor allem aber kommen die jungen Menschen, die das MFC verlassen, beruflich weiter. Zwei Drittel haben eine Arbeitsstelle gefunden oder studieren. Von denjenigen, die arbeiten, haben mehr als 80 Prozent eine Vollzeitstelle. Hartig bereitet es keine Sorge, dass das Projekt Ende 2016 ausläuft. Berufliche Bildung habe für die Regierung in Tirana einen hohen Stellenwert. ▪