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Gemeinsam durch die Krise

Wegen Covid-19 bekommen Kooperationen im Gesundheitssektor zwischen Deutschland und der arabischen Welt neuen Stellenwert.

Nina Jerzy, 23.04.2020
Die Antwort auf Corona lautet überall gleich, hier in Saudi-Arabien.
Die Antwort auf Corona lautet überall gleich, hier in Saudi-Arabien.

Deutsche Medizintechnik ist in der Corona-Krise in der arabischen Welt sehr gefragt. Umgekehrt arbeiten viele Ärzte aus der Region an deutschen Krankenhäusern. Abdulaziz Al-Mikhlafi ist Generalsekretär der Ghorfa Arab-German Chamber of Commerce and Industry. Er kennt die Gesundheitszusammenarbeit zwischen den Partnern und blickt trotz der Corona-Krise mit Zuversicht in die Zukunft.

Herr Al-Mikhlafi, melden sich jetzt viele Unternehmen bei Ihnen und fragen, wie es mit der deutsch-arabischen Wirtschaftszusammenarbeit weitergeht?

Die Zusammenarbeit dreht sich derzeit stark um die gesundheitliche Versorgung. Zum Beispiel gibt es viele Anfragen von Firmen aus dem arabischen Raum an deutsche Unternehmen, um Beatmungsgeräte und Hilfsmittel zu importieren. Wie kann man sie schnell bekommen, welche Firmen liefern was?

Wie sah die Zusammenarbeit in der Gesundheitsbranche bisher aus?

Die deutsch-arabische Kooperation im Gesundheitsbereich ist vielfältig, von der Planung von Krankenhäusern über die Pharmaindustrie bis hin zum sogenannten Medizintourismus. Die Umsätze liegen in Milliardenhöhe. Was man aber nicht immer direkt sieht, sind die Ärzte aus der Region, die in Deutschland ihre Ausbildung absolvieren. Nehmen wir nur zum Beispiel Saudi-Arabien: Von dort stammen über 600 Ärzte, die derzeit Weiterbildungen in Deutschland machen und während der Krise in ihrem Krankenhaus geblieben sind, um dort die deutschen Medizinerinnen und Mediziner zu unterstützen. Aber auch ein Land wie Jemen stellt viele Ärzte. In Deutschland sind fast eintausend Jemeniten oder Deutsch-Jemeniten im Gesundheitssystem aktiv. Unter ihnen ist auch mein Sohn.

Abdulaziz Al-Mikhlafi ist seit 2000 Generalsekretär der Ghorfa.
Abdulaziz Al-Mikhlafi ist seit 2000 Generalsekretär der Ghorfa. © Al-Mikhlafi

Gibt es Branchen die in der Corona-Krise stärker werden?

Die Gesundheitsbranche, aber auch die Lebensmittel- und Logistikbranche. Alle Länder der Welt haben aus dieser Krise gelernt, dass die Gesundheit der Menschen oberste Priorität hat. Deutschland hat bewiesen, wie gut es auf solche Krisen vorbereitet ist. Bereits auf die Finanzkrise 2008/2009 hat Deutschland mit Beschäftigungsprogrammen und Lohnfortzahlung reagiert. Das haben sich viele Länder in der Welt abgeschaut.

Gibt es im arabischen Raum auch Soforthilfen wie etwa Kurzarbeitergeld?

Ja, in Saudi-Arabien übernimmt der Staat zum Beispiel 60 Prozent der Lohnausfälle im Privatsektor. Das zeigt, es gibt ähnliche Antworten auf dieselben Herausforderungen.

Was kann Deutschland umgekehrt von den Ländern der Region lernen?

Die Menschen können lernen, wie man solidarisch miteinander umgeht. Die aktuellen Herausforderungen, wie die jetzige Pandemie oder der Klimaschutz, betreffen nicht nur ein Land, sondern die ganze Welt.

Die Zeiten nach Corona werden anders sein. Aber das Leben geht weiter und ich denke, wir überstehen das gemeinsam.
Abdulaziz Al-Mikhlafi , Generalsekretär der Ghorfa

Welche Branchen im arabischen Raum sind besonders von der Covid-19-Pandemie betroffen?

Der Luftfahrtsektor, zum Beispiel die großen Fluggesellschaften wie Emirates, Qatar Airways oder Etihad. Auch Regionen, in denen der Tourismus eine größere Rolle spielt – beispielsweise Dubai, Ägypten, Jordanien, aber auch Tunesien oder Marokko – werden die Folgen stärker zu spüren bekommen. Letztlich sind jedoch alle Wirtschaftssektoren betroffen.

Ist das die größte Krise, die Sie als Generalsekretär der Ghorfa erlebt haben?

Ja, auf jeden Fall. Für jeden von uns ist das eine unvergleichbare Krise, vor allem in Bezug auf die Unsicherheiten. Die Zeiten nach Corona werden anders sein. Vielleicht wird es zum Beispiel beim Reisen neue Schutzmaßnahmen geben. Aber das Leben geht weiter und ich denke, wir überstehen das gemeinsam.

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