„Ein europäisch verankertes Programm“
Ein Doppel-Masterprogramm sorgt für kontinuierlichen Austausch zwischen Deutschland und Russland.

Seit mehr als neun Jahren pendeln Studierende zwischen Moskau und Berlin – zwischen der Freien Universität Berlin, der Humboldt-Universität zu Berlin, der Universität Potsdam und dem Staatlichen Moskauer Institut für Internationale Beziehungen (MGIMO). Dominik Sonnleitner betreut die guten Kontakte, kümmert sich um die Studierenden und ist Ansprechpartner für jene, die zukünftig pendeln wollen – und das sind nicht wenige: „Rund fünfmal mehr Studierende als wir aufnehmen können bewerben sich Jahr für Jahr in beiden Ländern für unseren Doppel-Masterstudiengang Internationale Beziehungen“, sagt Sonnleitner. Wenn acht erfolgreiche Bewerber dann zum Wintersemester ihr Studium beginnen liegen intensive und anspruchsvolle zwei Jahre vor ihnen.
Es ist ein Doppel-Studium im wörtlichen Sinne und ein sehr anspruchsvoller Studierendenaustausch, der 2005 vereinbart wurde und seitdem erfolgreich funktioniert. Ein großer Teil der Bewerber kommt aus dem vom DAAD geförderten Projekt „German Studies Russia (GSR)“, das ein einjähriges Zusatzstudium in deutscher Sprache für Bachelorstudierende des MGIMO ermöglicht. Jeweils vier ausgewählte Studierende starten schließlich sowohl in Deutschland als auch am MGIMO in ausgezeichneten politikwissenschaftlichen Studiengängen. Der deutsche Master-Studiengang für Internationale Beziehungen (MAIB), den die Berliner Universitäten mit Potsdam seit 2003 anbieten, wurde 2006 vom DAAD und dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft mit einem Qualitätslabel versehen. Er zählt damit zu den besten internationalen Masterstudiengängen in Deutschland und zieht mit seinem internationalen forschungsorientierten Profil europaweit exzellente Studierende an.
„Das Erfolgskonzept dieses europäisch verankerten Programms wollten wir nach Russland erweitern“, erzählt Professor Klaus Segbers, Politikwissenschaftler an der Freien Universität und Gründungsvater des Doppel-Master-Studiengangs. Mit dem international bekannten MGIMO fand sich ein idealer Partner. Absolventen des dort angesiedelten Master-Studiengangs Mirovaja Politika, Weltpolitik, qualifizierten sich für Stellen im russischen Außenministerium und ähnlich hochrangige Positionen, berichtet Koordinator Dominik Sonnleitner. „Diese Ausbildung mit Doppelabschluss öffnet weltweit wichtige Türen in die internationale Politik und Wirtschaft.“
Zunächst bedeutet der Doppel-Master für die Studierenden den Einstieg in äußerst unterschiedliche Arbeitsmethoden – eine bewusst getroffene Entscheidung und Herausforderung, die zusätzliche Kompetenzen schafft. Wenn die Masterkandidaten nach dem ersten Semester ihren Standort austauschen und vollständig in die Studiengänge der jeweiligen Kooperationspartner integriert werden, beginnt für die Deutschen ein extremes Lernpensum auf Russisch. „Die russische Universität stellt in kurzer Zeit sehr viel Wissen bereit und stärkt die Arbeitsmoral der Studierenden enorm“, erzählt Sonnleitner. Im Gegenzug fördert der deutsche Masterstudiengang gezielt die Fähigkeiten der russischen Teilnehmer zum selbstständigen Arbeiten und ermöglicht intensive Debatten über ein breit gefächertes Spektrum von Lehrinhalten – von politischer Theorie bis zu praktischer Regionalpolitik. Teil der Ausbildung sind außerdem Praktika, die in Russland und deutschsprachigen Ländern oftmals in Stiftungen, Forschungsinstituten oder Botschaften absolviert werden. Rund 50 Absolventen zählt das Programm heute, die auf dieser breiten Basis fundierte Analysen internationaler Beziehungen liefern können. Professor Klaus Segbers betont: „Es geht uns um Qualität statt Quantität.“
Mit dem Erwerb beider Abschlüsse reißen die guten Beziehungen nicht ab, sondern werden eher noch erweitert, sagt Segbers und hebt hervor: „Ein Teil unserer Alumni vernetzt und engagiert sich über das Center for Global Politics“ – eine Dachorganisation an der Freien Universität für Absolventen aus zahleichen international ausgerichteten Programmlinien für Politikwissenschaftler. Auch „Internationale Beziehungen an der Spree“ – der Alumni-Verein des Masters Internationale Beziehungen in Berlin-Potsdam – steht den Absolventen offen. Dominik Sonnleitner ist überzeugt: „Unsere bestens ausgebildeten und interkulturell erfahrenen Absolventen sind ein wichtiger Gewinn für die internationale Politik.“ ▪
Bettina Mittelstraß