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Ermutigung für den Austausch

Das naturwissenschaftliche Exzellenzzentrum G-RISC sorgt für Kontinuität im Wissenschaftsdialog.

Беттина Миттельштрасс, 26.03.2015

Monsterwellen“ tauchen in den Ozeanen scheinbar aus dem Nichts auf und sind eine tödliche Gefahr, selbst für schwere Tankschiffe. Fieberhaft versucht man zu verstehen, wie diese Wellen entstehen – auch am German-Russian Interdisciplinary Science Center (G-RISC) in St. Petersburg. Hier forschen junge Wissenschaftler über Disziplinen und Landesgrenzen hinweg.

So können mathematische Modellierung und theoretische Physik im Austausch zu aufschlussreichen Ergebnissen kommen, etwa wenn es um die irregulär auftretenden Monsterwellen geht, erläutert Eckart Rühl. Der Professor an der Freien Universität Berlin nennt ein weiteres Beispiel für die interdisziplinäre Zusammenarbeit am G-RISC: „Auch Geophysiker, die Bodenschätze explorieren, gewinnen neue Erkenntnisse, wenn sie für die Modellierungen des Erdkörpers Mathematiker hinzuziehen.“ Der Professor für Physikalische Chemie koordiniert das Exzellenzzentrum gemeinsam mit dem Physikprofessor Alexander Shikin von der Staatlichen Universität St. Petersburg. Das G-RISC ist eines von vier „Exzellenzzentren in Forschung und Lehre“, die seit 2009 über die Außenwissenschaftsinitiative des Auswärtigen Amtes gefördert werden.

Mathematik, Physik, Geophysik und Physikalische Chemie – aus diesen Disziplinen kommen Wissenschaftler im G-RISC zusammen. „Russland hat einen sehr hohen Ausbildungsstand in den sogenannten harten Naturwissenschaften und ist deshalb ein traditionell enger Partner für Naturwissenschaftler aus Deutschland“, sagt Eckart Rühl. Seit den 1960er-Jahren pflegt die Freie Universität Berlin die enge Zusammenarbeit mit der Universität St. Petersburg, damals noch Leningrad. „Darauf hatte einst auch der Kalte Krieg keinen Einfluss“, hebt Rühl hervor. „Wissenschaft hat eine große Kontinuität.“

Das Besondere am G-RISC ist die gezielte Förderung der jungen Wissenschaftler in der interdisziplinären Kooperation. „Es gibt kaum eine bedeutende wissenschaftliche Fragestellung, die sich grundsätzlich von einem Fach alleine angehen lässt“, sagt Eckart Rühl, allerdings: Ohne disziplinäre Kompetenz sei die Arbeit zwischen den Disziplinen nicht fruchtbar oder sogar unmöglich. „Jeder muss von seinem Handwerk was verstehen, aber man muss miteinander reden“, lautet seine Devise und dieses Miteinander ist eine Frage der Übung – eine Übung der Interdisziplinarität, die das Zentrum erfolgreich zwischen jungen russischen und deutschen Wissenschaftlern fördert. Rühl ist überzeugt: „Die jungen Wissenschaftler sind die Zukunft.“

Alle halbe Jahre können Mittel für Forschungsaufenthalte im Partnerland neu beantragt werden, sagt der Koordinator. „Wir wollen mit dem offenen Konzept viele Institutionen fördern und immer wieder Menschen ermutigen, sich am Austausch zu beteiligen.“ Mehr als 1500 jungen Forscherinnen und Forschern zwischen Bachelor- und PhD-Abschluss wurde in den ersten fünf Förderjahren dieser Austausch ermöglicht – durch Konferenzen, Sommerschulen, Seminare und Forschungsaufenthalte an den jeweiligen Partneruniversitäten.

Auch zwischen Leipzig und St. Petersburg pendelt der wissenschaftliche Nachwuchs hin und her, erzählt Mariia Rusinova, Administrative Koordinatorin des G-RISC in St. Petersburg. So will zum Beispiel ein gemeinsames Projekt der Staatlichen Russischen Hydrometeorologischen Universität in St. Petersburg und der Universität Leipzig die Erwärmungs- und Interaktionsprozesse zwischen Luftschichten genau beschreiben, ein zentrales Problem in der Klimaforschung.

„Aus russischer Sicht eröffnet das Exzellenzzentrum Studierenden beste Möglichkeiten, mit hochqualifizierten europäischen Wissenschaftlern zu arbeiten, modernstes Equipment zu nutzen und ihr Wissen und ihre Erfahrungen zu erweitern“, sagt Mariia Rusinova. Die präzise Ausführung experimenteller Studien sei russischen Wissenschaftlern sehr wichtig. „Deshalb ist das G-RISC unter russischen Studierenden und Doktoranden ausgesprochen populär.“ ▪