Zum Hauptinhalt springen

Neue Energie für Uganda und Ruanda

Eine gute Wasser- und Stromversorgung sind in Ostafrika keine Selbstverständlichkeit. Deutschland engagiert sich, damit sich dies ändert.

Sofia Shabafrouz, 09.02.2017
© dpa - Bujagali Wasserkraftwerk, Ugandas Nilkraftwerk

Gregory Tayi ist stolz darauf, was er geschafft hat. Er ist der erste Privatunternehmer, der in Ruanda eine Kleinwasserkraftanlage gebaut hat. Das kleine Städtchen Murunda ist seither aufgeblüht: private Haushalte, ein Krankenhaus, eine Schule und viele Kleinstunternehmer mit elektrischer Gerätschaft sind nun an das stabile Stromnetz angeschlossen, das seine Firma Repro aufgebaut hat. Alles ist viel geschäftiger als früher. Selbst eine Bar hat noch spät am Abend auf, weil die Straßenlaternen den Platz beleuchten.

2010 nahm Tayi an einer Ausschreibung des ruandischen Ministeriums für Infrastruktur und des Programms Energising Development (EnDev) teil, das die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und anderer Geber umsetzt. Mit der Ausschreibung wollten die beteiligten Partner erreichen, dass sich die Privatwirtschaft an der Stromversorgung für die ländliche Elektrifizierung beteiligt. Denn lediglich 18 Prozent der Ruander haben Zugang zum Stromnetz; auf dem Land sogar weniger als zwei Prozent. Ein Großteil der Infrastruktur zur Stromversorgung wurde während des Völkermords von 1994 zerstört. Viele Wirtschaftsbereiche in Ruanda können daher ihr Wachstumspotenzial nicht ausschöpfen. Haushalte ohne Anschluss an das Stromnetz nutzen gesundheitsschädigende und teure Leuchtquellen wie Kerosinlampen und batteriebetriebene Lampen.

Gregory Tayi dachte damals, warum nicht die Wasserkraft von Ruandas vielen kleinen Flüssen nutzen. Er machte einen Plan und seine Firma bekam den Zuschlag für Bau und Betrieb einer ersten Anlage. Die GIZ unterstützte die Firma technisch, fachlich und finanziell. Sie forderte vom Unternehmen aber ein, das Projekt von Anfang bis Ende eigenverantwortlich zu stemmen und auch selbst zu investieren. Mit dem Programm an seiner Seite konnte Tayi einen Kredit bei einer Bank aufnehmen. Er stellte 300 Bauarbeiter ein. Vier Jahre später beschäftigt er immer noch vier Festangestellte und bis zu acht Gelegenheitsarbeiter. Inzwischen schreibt er mit Murunda schwarze Zahlen und startet neue Projekte für sein Land. „Wichtiger als der Profit ist mir, einen Beitrag zu leisten, um das Leben der Menschen zu verbessern. Was nützt es mir, wenn ich reich bin, um mich herum aber alle arm sind“, so der Unternehmer mit der sozialen Ader.

Bis 2019 will das in 25 Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika tätige EnDev-Programm allein in Ruanda knapp 700.000 Menschen mit Wasserkraft, Solarlampen, Biogas und Inselnetzen Zugang zu Licht und Strom verschaffen. Um die Maßnahmen nachhaltig zu gestalten, arbeitet es mit kleinen und mittleren Unternehmen zusammen. „Zum ersten Mal hat die Regierung von Ruanda im Bereich der Energieversorgung nachhaltige marktwirtschaftliche Strukturen aufgebaut“, sagt Michael Köberlein, Energieexperte der GIZ, zufrieden. „Mit etwas mehr als 2 Millionen Euro konnten über Ausschreibungen effektive Anreize für einen Wettbewerb unter Anbietern gesetzt und mehr als 20 Unternehmen mobilisiert werden, in diesen Sektor zu investieren. Dies hat zu einem funktionierenden Stromversorgungssystem im ländlichen Ruanda geführt“, so Köberlein.

Ein Fluss, ein Volk, eine Vision

Im Nachbarland Uganda haben trotz großer Fortschritte immer noch 30 Prozent der Einwohner, insbesondere Menschen in den städtischen Armutsvierteln, keinen Zugang zu sauberem Wasser oder Sanitärversorgung. Auf dem Land sind teilweise nur 6 Prozent der Haushalte an Stromnetze angeschlossen. Dabei ist Uganda mit seinen Seen und Flüssen das wasserreichste Land Ostafrikas. Der Viktoriasee und der Weiße Nil bieten Frischwasser und Wasserkraft für die Energieerzeugung. Da die Nachfrage nach Wasser und Strom für die wachsenden Bevölkerungen und Volkswirtschaften in der gesamten Region weiter steigt, birgt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Einzugsgebiet des Nils die Chance, neue Formen der Kooperation zu entwickeln.

Einen Beitrag zum friedlichen Dialog leistet die 1999 von den Anrainerstaaten des Nils gegründete und in Uganda ansässige Nilbeckeninitiative (NBI). Deutschland ist zusammen mit anderen Gebern langjähriger Partner der Initiative und ihrer Mitgliedsstaaten – neben Uganda sind dies Ägypten, Äthiopien, Burundi, die Demokratische Republik Kongo, Kenia, Ruanda, Südsudan, Sudan und Tansania. Sie verständigen sich darüber, wie die Wasserressourcen des Flusses gemeinschaftlich und langfristig entwickelt und zum Nutzen aller bewirtschaftet werden können. Durch die verstärkte Zusammenarbeit soll eine Basis für gegenseitiges Vertrauen geschaffen werden. Wie kann die Verschmutzung der Wasservorkommen eingedämmt werden? Inwiefern hilft der Zugang zu Wasser den Menschen dabei, sich gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu rüsten? Wie kann man Konflikte um Wassermengen mit regionalen Stromnetzen kompensieren?

Bewusster Umgang mit Wasser

Zahlreiche Wasserexperten suchen nach Antworten und arbeiten gemeinsam an regionalen Lösungen. „Im Februar 2017 wird die Nilbeckeninitiative 18 Jahre alt. Sie ist heute eine etablierte und leistungsfähige Organisation. Das Bewusstsein in den Anrainerstaaten, dass der Nil wertvoll ist, aber geteilt werden muss, ist deutlich gestiegen“, beobachtet Sarah Bebb, eine von der GIZ ans NBI-Sekretariat entsandte Beraterin. Bereits seit 2002 unterstützt die GIZ im Auftrag des BMZ die grenzüberschreitende Wasserkooperation im Nilbecken auf nationaler wie internationaler Ebene und stärkt die fachlichen Kompetenzen politischer Entscheidungsträger und nationaler Behördenmitarbeiter. „Die Nilbeckeninitiative bildet kontinuierlich Experten in wasserrelevanten Bereichen aus und stattet die Länder mit Informationen über bestehende Entwicklungspotenziale aus, die den Menschen der Anrainerstaaten zu Gute kommen“, resümierte Ugandas Wasser- und Umweltminister Sam Cheptoris die erfolgreiche Zusammenarbeit bei der letzten Ministerratssitzung im Sommer 2016. Ugandas Gesamtfläche liegt zu über 99 Prozent im Nilbecken – der Fluss betrifft somit das Leben seiner 35 Millionen Einwohner. 2017 soll sich die Dürre in Ostafrika weiter zuspitzen. Ein nachhaltiger Umgang mit den Wasserressourcen von der Quelle bis zur Mündung bleibt auch in Zukunft oberste Priorität.