Die EU fit für das digitale Zeitalter machen
Könnte die Digitalisierung Europa spalten? Mariya Gabriel, EU-Kommissarin für Digitalwirtschaft, geht dieser Frage auf dem Global Media Forum nach.
Wie gehen Medien mit globalen Ungleichheiten um? Tun sie genug, um Rassismus, Einkommensunterschiede, digitale Spaltung und Machmissbrauch anzuprangern? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Global Media Forum 2018 der Deutschen Welle in Bonn. Die internationale Medienkonferenz bringt Entscheider und Multiplikatoren aus Journalismus, digitalen Medien, Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft zusammen. Die bulgarische EU-Kommissarin für Digitalwirtschaft, Mariya Gabriel, beschäftigt sich dort mit der Frage, welche Konsequenzen die Digitalisierung für die Europäische Union (EU) hat.
Frau Gabriel, verstärkt die Digitalisierung Ungleichheiten – oder kann sie helfen, diese zu überwinden?
Die Digitalisierung kann sich positiv auf die Wirtschaft auswirken. Aber sie birgt das Risiko, dass sich soziale Ausgrenzung, Armut und Unterschiede zwischen den EU-Staaten verstärken. Deshalb ist es so wichtig, dass wir das digitale Gefälle zwischen urbanen und ländlichen Regionen in den Griff bekommen. Studien zeigen, dass der Bedarf nach ultraschnellem Internet rasant zunimmt. Die EU-Kommission hat daher eine Reform der europäischen Vorschriften zur Telekommunikation vorgeschlagen. Wir verstärken unsere Anstrengungen mit Ausbildungs- und Bildungsprogrammen. Stichworte sind die Koalition für digitale Kompetenzen und Arbeitsplätze, der Aktionsplan für digitale Bildung, der EU-Code-Woche und die Strategie für Frauen im Digitalsektor. Das Projekt „Digitale Gelegenheit“ bietet 5000 bis 6000 Studierenden der EU die Chance, ein bezahltes Digitalpraktikum zu absolvieren.
Mit dem EU-Programm Wifi4EU erhalten Bürger oder Besucher an öffentlichen Plätzen, in Parks, Bibliotheken oder Gesundheitszentren kostenlosen Zugang zum Internet. Wir müssen den EU-Binnenmarkt fit für das digitale Zeitalter machen und regulatorische Barrieren abbauen. Der Ausbau digitaler Technologien steigert die Produktivität und schafft neue wirtschaftliche Möglichkeiten. Doch wir brauchen dazu qualifiziertes Personal.
Wie können Medien mit Ungleichheiten umgehen – und sind sie dieser Aufgabe gewachsen?
Medienfreiheit und eine vielfältige Medienlandschaft sind notwendig, damit Journalisten frei berichten und Bürger freien Zugang zu Informationen und Wissen erhalten können. Medienfreiheit und Pluralismus sind Grundrechte, weil sie ein wesentlicher Eckpfeiler der Demokratie sind. Medien können verschiedene Formen von Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder anderer Gründe anprangern und damit ein Bewusstsein schaffen. Leider gibt es zu viele Stereotype, tendenziöse Berichterstattung oder sogar Desinformation, vor allem, aber nicht nur, im Bereich der Onlinemedien. Qualitätsjournalismus und Medienkompetenz gehören zweifellos zu den besten Instrumenten, um die Debatte anzuregen und Ungleichheiten zu bekämpfen, auch wenn sie das nicht alleine stemmen können.
Was erwarten Sie vom Global Media Forum in Bonn?
Ich freue mich sehr auf interessante Diskussionen und Vorträge. Ich finde es enorm motivierend, dass so viele internationale Teilnehmer aus unterschiedlichen Milieus sich zusammentun. Sie wollen die treibenden Kräfte von globaler Ungleichheit und die Rolle der Technologie und der Medien besser verstehen und das Thema anpacken.
Fakten zur Digitalisierung in der Europäischen Union:
- In mehr als jedem zweiten Haushalt in der EU (58 Prozent) wird inzwischen ultraschnelles Internet von mindestens 100 Megabits pro Sekunde genutzt; die Anzahl der Verträge nimmt rapide zu. 15 Prozent der Haushalte nutzen ultraschnelles Breitband-Internet. Das sind doppelt so viele wie noch vor zwei Jahren und fünfmal so viele wie 2013.
- 80 Prozent der europäischen Haushalte sind mit schnellen Breitbandverbindungen mit mindestens 30 Megabit pro Sekunde ausgestattet; jeder dritte europäische Haushalt (33 Prozent) hat einen Vertrag. Das ist eine Steigung von 166 Prozent gegenüber 2013.
- Die Zahl der Mobilfunk-Datenverträge ist seit 2013 um mehr als die Hälfte (57 Prozent) gestiegen. In der EU haben inzwischen 90 von 100 Personen einen solchen Vertrag. 4G-Mobilfunknetze decken im Durchschnitt 91 Prozent der EU-Bevölkerung ab (84 Prozent 2017).
- Der größte Anstieg bei der Nutzung von Internetdiensten ist mit Telefon- und Videogesprächen verbunden: Fast die Hälfte der Europäer (46 Prozent) nutzt das Internet, um Anrufe zu tätigen. Andere Indikatoren zeigen, dass 81 Prozent der Europäer mindestens einmal pro Woche online sind.
Global Media Forum in Bonn von 11. bis 13. Juni 2018
Mariya Gabriels Grundsatzrede „Digitalisierung in Europa – wie wird Europa die Herausforderungen meistern?“ wird live hier übertragen; Termin: Montag, 11. Juni 2018, 10.30 Uhr bis 11 Uhr MEZ.