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Hoffnung auf den Oscar

Abschied und Ankommen: Mit seiner Dokumentation über eine syrische Familie ist der deutsche Filmemacher Marcel Mettelsiefen für den Oscar in der Sparte „Kurz-Dokumentarfilm“ nominiert.

سارة كانينغ, 22.02.2017
© dpa - Marcel Mettelsiefen

„Auf Wiedersehen, Aleppo, ich werde dich so sehr vermissen“, flüstert Hala, die Mutter mit tränenerstickter Stimme. Ihrer Tochter laufen die Tränen lautlos über die staubigen Wangen. Im Hintergrund dröhnen Schüsse. Drei Jahre lang hat der deutsche Fotograf und Filmemacher Marcel Mettelsiefen eine syrische Familie auf der Flucht von Aleppo nach Deutschland begleitet. Mehrere Fernsehdokumentationen sind daraus entstanden: „Aleppo - die geteilte Stadt“, „Die Kinder von Aleppo“ und „Das Schicksal der Kinder von Aleppo - Neue Heimat Deutschland“ wurden mehrfach mit Preisen ausgezeichnet.

Nun kann sich Mettelsiefen Hoffnungen auf eine der wichtigsten Auszeichnungen der Filmbranche machen: Sein 40-minütiger Dokumentarfilm „Watani: My Homeland“ hat Chancen, einen Oscar in der Sparte „Kurz-Dokumentarfilm“ zu gewinnen. Unter die letzten fünf Nominierten hat es der Film bereits geschafft.

Angst und Normalität

Mehr als drei Jahre lang hat Mettelsiefen die syrische Familie filmisch begleitet, deren Vater zu Beginn der Dreharbeiten vom sogenannten Islamischen Staat entführt wird. Mehr als 25 Mal ist er dafür nach Syrien gereist, häufig inkognito. Der Film zeigt die Normalität der Familie, ihre Ängste und die Entwurzelung, als Mutter Hala sich schließlich entscheidet, mit den Kindern nach Deutschland zu flüchten. „Sie mussten aus einem Land fliehen, das sie niemals verlassen wollten“, erzählt Mettelsiefen. Er wollte er mit seinem Film „eine Gegenerzählung“ zur täglichen Berichterstattung aus Syrien in den westlichen Medien schaffen, sagt der Regisseur. „Wenn wir immer nur über Terror sprechen, dann füttern wir dieses Monster.“ Es gebe beispielsweise „viele sehr starke Frauen in Syrien und wir sehen sie nicht“. Mütter wie Hala, die ihr eigenes Leben dafür aufgeben, dass die Kinder in Sicherheit aufwachsen können. Im Film sagt Hala: „Manchmal beneide ich die Toten, weil sie einen Platz gefunden haben, sich niederzulassen. Auch wenn es ein Grab ist – zumindest müssen sie nicht länger darüber nachdenken, wo sie leben sollen.“

Mit solchen intensiven Sätzen und starken Bildern hat sich Mettelsiefens Dokumentation bereits gegen 56 der anderen 61 Oscar-Konkurrenten durchgesetzt. Am 26. Februar 2017 wird sich im Dolby Theatre in Los Angeles zeigen, ob es für einen Sieg reicht. 

 

Anmerkung der Redaktion, 27. Februar 2017: Ausgezeichnet als bester Dokumentar-Kurzfilm wurde in Los Angeles am 26. Februar 2017 nicht „Watani“, sondern ein anderer Film über den Syrienkonflikt: „The White Helmets“, ein Film von Orlando von Einsiedel und Joanna Natasegara, dokumentiert die Arbeit von zivilen Rettungstrupps in dem Bürgerkriegsland.

www.watanifilm.com

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