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Ein engagiertes Paar

Anna Loos und Jan Josef Liefers sind Schauspieler, Sänger, engagierte Bürger – und ein Paar, das sich viel zu sagen hat.

Joachim Huber, 21.03.2014
© picture-alliance/dpa - Loos & Liefers

Anna Loos und Jan Josef Liefers haben es spannend miteinander. Die beiden können sich auf drei Ebenen treffen: als Eheleute, als Schauspieler, als Sänger. Seit dem Jahr 2000 sind sie ein Paar, seit 2004 ein Ehepaar. Getroffen hatten sie sich – nomen est omen? – bei den Dreharbeiten zum Kinofilm „Halt mich fest!“. Sieben gemeinsame Produktionen kamen dazu, zuletzt 2013 der ARD-Film „Nacht über Berlin“ über den Reichstagsbrand 1933.

Liefers betont, es gebe sehr viel mehr derartiger Angebote, als sie tatsächlich annehmen würden. Die sorgfältige Auswahl hat weniger professionelle Gründe, es ist vor allem die Sorge, dass sich das Paar-Spiel vor die Leistung zweier eigenständiger Künstler schieben könnte. Sparsam werden die Medien ins Privatleben hereingelassen, der Boulevardanteil minimiert. „Diesen Blick zuzulassen, ist nicht unsere Lieblingsbeschäftigung. Aber ab und zu sagen wir: Ist in Ordnung“, sagte Liefers der „Berliner Zeitung“. Skandale sind nicht überliefert. Und gemeinsam vor der Kamera? Wird von beiden als Herausforderung gesehen. Loos sagt: „Wir sind da sehr schonungslos gegeneinander, das hilft mir sehr beim Spielen.“

Zusammen spielen ist möglich, zusammen singen ist unmöglich. Jan Josef Liefers geht mit seiner Band „Oblivion“ im Frühjahr 2014 wieder auf Tour. Das hat nichts mit dem Trend „Fernsehmensch greift jetzt zur Gitarre und singt dazu“ zu tun. Bei Liefers ist das lang geübte Profession. Damals, als er vom Deutschen Theater in Berlin, wo er unter anderem unter der Regie von Heiner Müller gespielt hatte, nach Hamburg ans Thalia Theater ging, hat er mit Tom Waits („The Black Rider“) gearbeitet. Wer von diesem Musik-Granden akzeptiert wird, der muss schon was können. 2006 war Liefers mit seiner Bühnenshow „Soundtrack meiner Kindheit“ auf Deutschlandtournee, erzählte zwischen den Songs der in der DDR berühmten Gruppen wie „Renft“, „Puhdys“, „Lift“ und „Silly“ vom realsozialistischen Alltag vor dem Fall der Mauer.

Anna Loos ist in mächtige Schuhe geschlüpft. Sie war mit verschiedenen Bands unterwegs, 2006 dann der große Schlag. Loos trat die Nachfolge der 1996 verstorbenen charismatischen und von vielen verehrten Leadsängerin Tamara Danz bei „Silly“ an. Das ist für die frühere DDR-Bürgerin musikalischer Heimatboden. Loos schreibt Songtexte, politisch und kritisch müssen sie sein, sonst gehören sie nicht in die „Silly“-Sphäre. Wer doch auf Wertigkeiten bei Loos/Liefers rauswill, der könnte sagen: Liefers ist der noch bekanntere Schauspieler, Loos die noch bekanntere Musikerin.

Eine vierte Beziehungsebene existiert zudem: Beide sind in der DDR aufgewachsen. Anna Loos, geboren 1970 in Brandenburg an der Havel, floh 1989, noch bevor die Mauer im November fiel, in den Westen. Keinem hatte sie was erzählt: „Ich dachte mir“, sagte sie in einem Interview mit der „Berliner Morgenpost“, „wenn keiner was von meinem Plan weiß, kann ich auch niemanden mit reinreißen.“ Jan Josef Liefers, 1964 geboren in Dresden, weigerte sich, zur Volksarmee zu gehen, ein Affront in der DDR – Abitur durfte er daraufhin nicht machen. Er absolvierte eine Tischlerlehre, ging dann an die Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“. Neben Bürgerrechtlern wie Jens Reich und Marianne Birthler war Liefers einer der Redner am 4. November 1989 auf dem Alexanderplatz in Berlin, wo Hunderttausende gegen das DDR-Regime protestierten.

Auch 2014, im 25. Jahr des Mauerfalls, sei es für ihn immer noch unglaublich, wie diese ostdeutsche Revolution vor sich gegangen sei, sagte Liefers dem „Tagesspiegel“. „Für mich ein Rätsel und ein Wunder.“ Liefers hat keine Phantomschmerzen: „Das Staatswesen DDR und ihre Institutionen, das empfand ich nicht als Teil meines Lebens.“

Beider Biografien verbinden sich mit den Arbeitsbiografien. Nun sind weder Loos noch Liefers DDR-Nachsteller-Darsteller, gleichwohl werden Besetzung und Spiel durch Herkunft und Heimaterfahrungen umso glaubwürdiger. Anna Loos hat gerade in der zweiten Staffel von „Weissensee“ reüssiert, einer Fernsehserie, die DDR-Geschichte im Unterhaltungsrahmen einer Familiengeschichte in der DDR erzählt. Jan Josef Liefers hat zuletzt in der Verfilmung des Uwe-Tellkamp-Romans „Der Turm“ geglänzt. Es gilt für ihn aber, was der „Film-Dienst“ notierte: Liefers fülle „seine Rollen mit einer Männlichkeit voller Zwischentöne aus“ und lasse sich nicht festlegen auf einen Typ. Dennoch: Liefers spielt oft in Filmen, die Zeitgeschichte, Geschichte, DDR-Geschichte spiegeln – dieser rote Faden zieht sich durch seine Filmografie.

Nicht anders bei Anna Loos. Zahlreich sind die Ost-West-Rollen. Und was für Loos festzuhalten ist, gilt auch für Liefers: Ihren Rollenfiguren mögen die Zeitläufte hautnah passieren, doch die Objekte wandeln sich zusehends in Subjekte. Geschichte wird gemacht? Ja, aber wir machen unsere Geschichte draus.

Das Engagierte ist für beide Teil ihres Lebens. Mit ihrem Ehemann setzt sich Loos für die international tätige Organisation „One“ ein, die gegen extreme Armut und vermeidbare Krankheiten kämpft. Nicht das einzige soziale Projekt, für das sie sich Zeit nehmen – zuletzt brachte Liefers Milchpulver nach Syrien. Das tat er in Begleitung des Boulevardblatts „Bild“-Zeitung, wofür er einige Kritik einstecken musste. Egal, sagt Liefers, „auf dem Sofa sitzen“, das sei viel schlimmer.

Das Paar lebt mit seinen beiden Töchtern in Steglitz, einem gutbürgerlichen Bezirk im Westen Berlins. Aus anderen Beziehungen ist Liefers Vater einer dritten Tochter und eines Sohnes. 2014 wird für Anna Loos und Jan Josef Liefers ein weiteres herausforderndes Jahr. Der Schauspieler hat eine Filmproduktionsfirma gegründet. Und er wird wieder seine populärste Rolle spielen: Professor Boerne, den hochfahrenden, arroganten Gerichtsmediziner im „Tatort“ aus Münster. Der läuft immer am Sonntag. Am Samstag kann er seine Frau als Kommissarin Helen Dorn in einem neuen TV-Krimi sehen. Das könnte ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen bei den Quoten geben. Die Schauspielerin baut vor: „Es ist im Hause Loos/Liefers nicht so, dass uns die Quoten egal sind. Wir machen die Filme, damit die Menschen Lust haben, sie zu sehen.“ Aber vor allem zähle für beide, dass sie mit ihrer Arbeit zufrieden seien. „Es gibt zwischen uns keine Konkurrenz.“ ▪

www.anna-loos.de

www.oblivion-klub.de