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Deutsch-israelische Paare

Von seltsamen Fragen, Mentalitätsunterschieden, großen Entfernungen und viel Nähe – drei Paare erzählen über ihr Leben zwischen Deutschland und Israel.

Yael Kishon, 22.04.2016
© Ofri Wind-Ben Moshe and Christoph Wind

Christoph und Ofri heirateten gleich dreimal. Maja und Doron suchen noch nach dem perfekten Ort. Ben und Andreas lernten sich über einen Youtube-Film kennen. Drei deutsch-israelische Paare berichten, wie sie sich fanden und welche Herausforderungen sie meistern mussten.

Ofri Wind-Ben Moshe und Christoph Wind

„Er hat sich in mich verliebt, nachdem er mich ein Jahr lang ohne Make-up, ohne High Heels, schwitzend und in Uniform gesehen hatte“, erzählt Ofri Wind-Ben Moshe. „Ich habe mir gedacht, so einen Mann muss ich heiraten und habe ihm einen Heiratsantrag gemacht.“ Christoph Wind, sagte sofort „Ja!“

„Wir haben uns in Israel getroffen, als er zu einem Freiwilligenjahr in ein anthroposophisches Dorf in der Nähe von Beer Sheva kam. Auch ich war dort Freiwillige“, erinnert sich die 29-Jährige. Zwei Monate später zog das Paar zusammen.

„Am Anfang“, sagt Wind-Ben Moshe, „stellte ich Christoph meinen Eltern als einen Bekannten vor. So lernten sie ihn kennen und verliebten sich in ihn.“ Trotzdem, gibt sie zu, verlief nicht alles reibungslos. „Meinem Vater fiel es nicht leicht, die Tatsache zu akzeptieren, dass Christoph Christ ist und ein Studium in Theologie absolviert, das ihn sogar zum Pfarrer befähigen könnte. Es ist für ihn nicht einfach zu verdauen – ein Christ und eine Jüdin.“

Auch auf der Seite ihres 25-jährigen Partners gab es einige, die Schwierigkeiten damit hatten, dass ihr Freund eine jüdische Frau heiraten wollte. „Er hatte Freunde, die sagten: ‚Aber warum heiratest du eine Jüdin? Wann konvertiert sie zum Christentum?‘ Zu ihnen hat er den Kontakt abgebrochen“, erzählt sie.

Hochzeit feierten die beiden gleich dreimal: standesamtlich und kirchlich in Deutschland, reformjüdisch in Israel. Ihr Leben als verheiratetes Paar begannen sie im norddeutschen Kiel. „Mit 25 musste ich mit allem bei null anfangen. Wir kamen im Winter an, in einer Kälte, die ich nicht gewohnt war. Es war deprimierend. Es gab Augenblicke, in denen ich dachte: ‚Was hast du für einen Fehler gemacht‘“, gibt sie zu.

Heute lebt das Paar in Heidelberg, Ofri Wind-Ben Moshe steht kurz vor dem Ende ihrer Ausbildung zur Krankenschwester. Dass sie Kinder haben wollen, steht für beide fest. „Die Kinder werden jüdisch sein. Aber sie werden beide Religionen kennenlernen und können dann mit 18 Jahren wählen. Ich werde von Anfang an hebräisch mit ihnen sprechen, und wir beide wollen, dass sie eine starke Bindung zum Judentum und zu Israel bekommen“, betont sie.

Maja Gratzfeld und Doron Gilad

 „Maja arbeitete in einem Hostel in Dresden und ich kam als Gast mit einer israelisch-palästinensischen Delegation dorthin“, erinnert sich Doron Gilad „An meinem letzten Abend haben wir uns dann kennengelernt. Wir tauschten E-Mail-Adressen aus und haben den Kontakt gehalten, auch nachdem ich nach Israel zurückgekehrt bin.“ Der 29-jährige Israeli ist heute parlamentarischer Mitarbeiter im Bundestag in Berlin. Bis dahin war es ein langer Weg, erinnert er sich.

„Anfangs haben wir per E-Mail und Skype kommuniziert und nach einer Weile kam Maja mich in Jerusalem besuchen“, erzählt Gilad. „Wir wussten nicht, wie wir eine Fernbeziehung führen sollten. Wegen des Studiums und der Arbeit konnten wir nicht in das Land des Anderen umziehen“, fährt Maja Gratzfeld.fort. Die jüdische Deutsche ist Künstlerin. „Du führst deine Partnerschaft per Skype und das kann sehr frustrierend sein.“

Nach anderthalb Jahren Fernbeziehung wurde Maja an der Kunsthochschule „Bezalel“ aufgenommen und zog nach Jerusalem. Mittlerweile lebt das Paar in Berlin. Obwohl es sich dort bequem leben lässt, sagen beide, dass es ihnen nicht leicht fällt, zwischen Deutschland und Israel zu wählen: „Wir sehnen uns nach der israelischen Wärme. Aber nicht nur nach dem Wetter, sondern auch nach den Menschen“, erklärt Gratzfeld.

Wo sie sich niederlassen wollen? „Wir wissen es noch nicht“, antworten beide. „Wir suchen noch nach einem Ort, an dem es uns gut geht. Israel könnte ideal sein, aber es ist wirtschaftlich schwierig.“

Ben Segev und Andreas Seifert

„Ich habe Andreas über YouTube kennengelernt“, erzählt Ben Segev. „Er sah einen Film, den ich hochgeladen hatte, und schickte mir eine persönliche Nachricht per Mail.“ So begann vor fünf Jahren die Liebesgeschichte zwischen dem 21-jährigen Israeli und seinem neun Jahre älteren deutschen Partner Andreas Seifert. „Wir haben per Skype miteinander gesprochen und viele Gespräche über Israel geführt. Er hatte großes Interesse an Israel und dem Judentum. All diese Themen faszinierten ihn.“

Es folgten gegenseitige Besuche. „Bis ich vor zwei Jahren die Entscheidung traf, nach Deutschland zu ziehen.“ Segev schrieb sich für ein Bachelorstudium in Ökologie ein. Das wollte er ohnehin studieren und fand in Bochum einen Studiengang, den es in dieser Form in Israel nicht gab. Doch ohne Andreas Seifert hätte er den Schritt nicht gemacht, sagt er. „Die Wahrscheinlichkeit wäre ohne meinen Partner gleich null gewesen. Ich habe Deutschland vorher nicht gekannt. Ich wusste nicht, wie es sein würde, hier zu leben“, beschreibt er seine Bedenken vor dem Umzug.

Die Bedenken nahmen Schritt für Schritt ab, aber „das erste Jahr war hart“, erzählt Segev. „Es gibt Mentalitätsunterschiede, die Kultur ist anders, und bis heute fällt es mir nicht leicht, mich daran zu gewöhnen“, sagt er. „In Deutschland ist alles durchgeplant. Wenn man sich mit Freunden treffen möchte, muss man sich zwei Wochen im Voraus verabreden. Ich wiederum kann nicht pünktlich sein und das stört meinen Partner manchmal.“

Segevs Familie hat einen einzigen Einwand gegen das jetzige Leben des Sohns. „Meine Familie ist sehr offen“, erzählt er, „und ich habe nicht das Gefühl gehabt, dass sie ein Problem damit hatten, unsere Beziehung zu akzeptieren. Andererseits gehört mein Vater zur zweiten Generation von Holocaustüberlebenden. Für ihn war es schwierig, die Vorstellung zu akzeptieren, dass ich in Deutschland leben würde. Es ist ihm sehr wichtig, dass ich nach Israel zurückkehre.“ Ben Segev überlegt kurz und fügt dann hinzu: „Aber am wichtigsten ist ihm, dass es mir gut geht.“