Gebrauchsanweisung für Deutschland
Yong Zhang erklärt chinesischen Studierenden, wie sie sich an der Universität und im deutschen Alltag zurechtfinden.

Schon wieder der Kampf mit dem Essen. Diesmal ist es der Hähnchenschenkel auf dem Teller in der Freiburger Mensa. Die Gabel findet keinen Halt, das Messer rutscht und Yong Zhang hat nur eine Frage: „Kann ich das mit der Hand essen?“ Er kann. „Das dürftest du in Deutschland sogar im Edelrestaurant“, sagt Andreas Vögele, der neben ihm am Tisch sitzt. Yong, 30, lernt immer noch Neues über Deutschland, obwohl er schon als Experte gelten kann. Er unterrichtet Deutsch an der Technischen Universität in Peking, hat über deutsche Semantik promoviert und war schon drei Mal in Deutschland. Doch selbst einen chinesischen Deutschland-Experten machen die Essensregeln manchmal ratlos. Für seine Landsleute, die weniger wissen über das Naturell der Menschen zwischen Flensburg und Friedrichshafen, sind die Gepflogenheiten der Deutschen noch verwirrender als für ihn. Deshalb arbeitet Yong ein halbes Jahr lang im Auftrag der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Studentenwerks im „China-Traineeprogramm an deutschen Hochschulen“ und hilft Studierenden, die für ein Auslandssemester oder Aufbaustudium nach Freiburg kommen. Zusammen mit Andreas Vögele, dem Leiter des Internationalen Clubs des Studierendenwerks Freiburg-Schwarzwald, organisiert er für sie Veranstaltungen und eine chinesische Sprechstunde.
Yong sitzt im Infoladen des Studierendenwerks. Die chinesische Sprechstunde ist gefragt. Die 24-jährige Yini sucht einen Nebenjob und weiß nicht, wie das geht, die 20-jährige Xu versteht die Deutsch-Vorlesung nicht und hat Angst, den Schein nicht zu bekommen, die 22-jährige Chen wohnt in einer Wohnung im Keller und sucht einen Platz im Studentenwohnheim. Yong erklärt, ermutigt, tröstet und hilft. Bei der Wohnungssuche beispielsweise. Wer sich in China an einer Uni einschreibt, bekommt automatisch ein Zimmer und einen Stundenplan. Häufig würden die Eltern das Studienfach bestimmen und alles für ihre Kinder organisieren. „Deshalb sind die chinesischen Studenten anfangs weniger selbständig als die deutschen“, sagt Yong. „Ein guter Deutschlehrer muss seine Schüler schon in China auf Besonderheiten vorbereiten“, findet Yong. Aber viele seiner Kollegen waren zuletzt vor 20 Jahren in Deutschland. Deshalb ist er Trainee geworden. Und staunte anfangs selbst wieder. Darüber, dass deutsche Studentinnen Kinder bekommen und es eine Uni-Kita gibt, dass man finanzielle Unterstützung beantragen kann, dass Studenten nebenher in der Kneipe arbeiten – in China unvorstellbar. „Das Traineeprogramm ist eine große Chance, die mit etwa 1000 Studierenden größte ausländische Gruppe in Freiburg zu erreichen“, sagt Mentor Vögele. Seit vier Jahren wird er im Wintersemester von einem Trainee aus China unterstützt. ▪