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Eine Typologie der Karnvalsumzüge

Karnevalsumzug ist nicht gleich Karnevalsumzug – eine närrische Übersicht.

12.02.2015
© dpa/Oliver Berg - Carnival Procession

Jeder „Jeck“, also Narr, ist anders – so heißt es schon im Kölner Gebot der Toleranz. Auch bei den Karnevalsumzügen in Deutschland scheiden sich die Geister. Vor allem im Rheinland und im Südwesten der Republik haben die Narren die Qual der Wahl:

Die Rosenmontagsumzüge in den rheinischen Karnevalshochburgen Köln, Düsseldorf und Mainz sind etwas für Partyprofis. Wer bei winterlichen Temperaturen mit einem Millionenpublikum stundenlang am Straßenrand ausharren möchte, der sollte Volksfesterfahrung mitbringen. Das Frieren lohnt sich aber, denn nirgendwo ist die Stimmung ausgelassener. In Köln wird es vor allem männlichen Singles warm ums Herz, wenn die Damen ihre „Bützjer“ (Küsschen) verteilen. Der Erzrivale Düsseldorf gibt sich am Rosenmontag gerne politisch. Die satirischen Motivwagen des Bildhauers Jacques Tilly verschaffen dem Düsseldorfer Umzug schon mal internationale Aufmerksamkeit. Weniger bissig geht es in Mainz zu: Auch hier säumen Hunderttausende am Rosenmontag die Straßen, aber die Gangart ist gemütlicher. Das mag auch daran liegen, dass ein Pokal Wein zur Fassenacht gehört, begleitet von „Weck und Worscht“ (Brötchen und Fleischwurst) als Grundlage.

Mit Familie unterwegs? Dann ist der Mainzer Jugendmaskenumzug am Karnevalssamstag genau das Richtige, oder die Kölner „Schull- un Veedelszöch“: Am Karnevalssonntag ziehen rund 50 Kölner Schulen und fast ebenso viele Nachbarschaftsvereine durch die Innenstadt.

Neu in der Umzugswelt? Übersichtliche 100.000 Zuschauer hat die närrische Parade in Mannheim. Gewöhnungsbedürftig so fern ab jeder Küste ist hier nur der Narrenruf „Ahoi“.

Ein weiteres närrisches Epizentrum liegt in Deutschlands Südwesten. Wer die archaische, düstere Seite des Karnevals kennen lernen möchte, der besuche die schwäbisch-alemannischen Fasnetsumzüge, zum Beispiel den Narrensprung in Rottweil oder den „Ommzug“ in Rottenburg am Neckar. Teufel, Hexen und allerlei Geister treiben hier in den Gassen ihr Unwesen, schwingen schnalzende Peitschen oder dampfende Kessel. Tradition wird groß geschrieben, wenn die verschiedenen Narrenzünfte ihr „Häs“ (Kostüm) mit großem Stolz präsentieren. Verkleidungskünstler könnten sich trotzdem einsam fühlen: Während die aktiven Zugteilnehmer mit ihren fantastischen Larven und Kostümen glänzen, ist der durchschnittliche erwachsene Zuschauer hier oftmals verhalten bis gar nicht kostümiert.

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