Das achte Mal und das erste Mal
Der Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in China verlief sehr freundschaftlich und stellte die Zusammenarbeit auf eine breitere Basis. Sie war zum achten Mal in China, Ministerpräsident Li Keqiang überraschte mit einer Premiere.

Die menschliche Dimension in den deutsch-chinesischen Beziehungen: Fast überschwänglich schilderte Li Keqiang, Ministerpräsident der Volksrepublik China, in der Pressekonferenz zum China-Besuch von Angela Merkel Ende Oktober 2015 seine Gespräche mit der Bundeskanzlerin: „Wir haben sehr offen, sehr intensiv und sehr ehrlich miteinander gesprochen. Wir hatten schon viele Begegnungen, wir sind alte Freunde. Wenn wir miteinander sprechen, dann tun wir das ganz offen und ganz direkt. Wir arbeiten immer hocheffizient, und unsere Gespräche sind immer sehr fruchtbar.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel erwiderte die freundlichen Worte und sagte: „Ich bin heute zum achten Mal in China zu Gast. Ich kann sagen, dass wir über die Jahre die Zusammenarbeit immer auf breitere Grundlagen gestellt haben.“ Besonders hervor hob sie die Vereinbarungen zur Intensivierung der Kontakte unter den Menschen beider Länder. So soll 2016 ein deutsch-chinesisches Jahr für Schüler- und Jugendaustausch stattfinden. Außerdem wurde im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit ein Projekt mit dem Deutschen Fußball-Bund unterzeichnet, mit dem an 20.000 chinesischen Mittelschulen die Ausbildung von Jugendtrainern gefördert werden soll. Nicht zuletzt sollen in ganz China sechs neue Visazentren für chinesische Bürger und Unternehmer eröffnet werden, um die Begegnung der Menschen zu vereinfachen.
Oben auf der Agenda standen Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik. Merkel lobte Chinas Rolle bei den Verhandlungen zur Nuklearvereinbarung mit dem Iran ebenso wie die Vermittlungsrolle in Afghanistan. Hinsichtlich des Syrien-Konflikts bestehe Einigkeit zwischen Deutschland und China, das die Lösung nur in einem politisch-diplomatischen Prozess gefunden werden könne. Einen traditionell großen Raum nimmt die wirtschaftliche Zusammenarbeit bei den gegenseitigen Besuchen ein. So unterzeichneten Vertreter der mitreisenden Wirtschaftsdelegation mit ihren chinesischen Partnern Abkommen in einem Volumen von insgesamt 18,6 Milliarden Euro. Dazu gehört die Gründung eines Joint Ventures zwischen der Deutschen Börse und der Shanghaier Börse sowie der China Financial Futures Exchange. Der europäische Luftfahrkonzern Airbus vereinbarte mit der chinesischen Seite die Lieferung von insgesamt 130 Flugzeugen des Typs A330 und A320 mit einem Gesamtvolumen von 15,4 Milliarden Euro. Außerdem einigten sich der Automobilkonzern Volkswagen und die Industrial and Commercial Bank of China auf eine enge Kooperation.
„Wir haben als neue Qualität der Zusammenarbeit vereinbart, dass die Bereiche Industrie 4.0 und Made in China 2025 enger zusammenarbeiten und haben hierzu eine Arbeitsgruppe gebildet“, sagte Bundeskanzlerin Merkel auf der Pressekonferenz. „In dem Zusammenhang ist es erfreulich, dass wir verabredet haben, dass wir ein Abkommen im Cyber-Bereich erarbeiten werden, das den Verzicht gegenseitiger Wirtschaftsspionage beinhaltet. Ein solches Abkommen gibt es schon mit den Vereinigten Staaten und China und auch mit Großbritannien und China. Wir wollen hier auch sehr schnell nachziehen. Ich freue mich, dass China dazu auch bereit ist.“
Zu Handel und Investitionen sagte Merkel weiter: „Deutschland hat ein zentrales Interesse daran, dass das Investitionsabkommen EU-China möglichst schnell im Jahre 2016 abgeschlossen wird. Ein solcher Abschluss wäre dann auch die Voraussetzung dafür, dass wir die Machbarkeitsfragen im Zusammenhang mit einem EU-China-Freihandelsabkommen prüfen könnten und da vorankämen. Das würde Deutschland sehr begrüßen.“
Einen Tag nach der Pressekonferenz in Peking reiste Bundeskanzlerin Angela Merkel in Begleitung von Ministerpräsident Li Keqiang weiter zu Wirtschaftsgesprächen in dessen Heimatprovinz Anhui. Dort stand die Sitzung des Beratenden Ausschusses der chinesisch-deutschen Wirtschaft (DCBWA) in Hefei an. Li Keqiang sagte, dass es das erste Mal sei, „dass ich, seitdem ich das Amt des chinesischen Ministerpräsidenten übernommen habe, einen ausländischen Staatsgast auf einer China-Reise außerhalb Pekings begleiten werde. Das ist eigentlich ein Zeichen, dass sich die chinesisch-deutschen Beziehungen sehr gut entwickeln und dass unser persönliches Verhältnis, aber auch unser Arbeitsverhältnis sehr gut ist.“ ▪