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Fit für die Industrie 4.0

In einer europäischen Initiative erwerben junge Menschen spezielle IT-Fähigkeiten und steigern so ihre Jobchancen.

Clara Görtz, 15.01.2014
© Martin Barraud/Stone - Industry 4.0

Die Situation ist paradox: In Euro­pa sind fast sechs Millionen Menschen unter 25 Jahren arbeitslos. Gleichzeitig fehlen bis 2015 in der Europäischen Union bis zu eine Million IT-Fachkräfte. Das Problem: Viele der arbeitslosen jungen Menschen verfügen nicht über die IT-Kenntnisse, die sich die Wirtschaft von ihnen erhofft. Das liegt vor allem an den gravierenden Veränderungen, die die zunehmende Digitalisierung mit sich bringt.

Die Lücke will die Initiative „Academy ­Cube“ schließen. Die Onlineplattform widmet sich zwei Themen: der Weiterbildung und der Jobsuche im Bereich der Technik- und Naturwissenschaften. „Eine der wesentlichen Anforderungen, die die Indus­trie 4.0 an Arbeitnehmer stellt, ist die Fähigkeit, vernetzt zu denken und die Grenzen des Fachs zu überschreiten“, erläutert Programmmanager Kay Hradilak.

Aus seiner Sicht sind insbesondere bei Ingenieuren völlig andere Fähigkeiten gefragt als noch vor einigen Jahren. „Sie müssen zum Beispiel lernen, mit Big Data umzugehen, also riesige Mengen von Daten zu verwalten und zu managen. Oder wissen, wie man eine Fertigungsmaschine digital mit einem Werkzeug verknüpft.“ Diesen und weiteren Themen widmen sich die E-Learning-Kurse des Academy Cube. Nicht alle Kurse sind kostenfrei. Viele werden aber von Partnern gesponsert und liegen bis 
zu 80 Prozent unter dem Marktwert. Anmelden können sich Studenten, Absolventen oder Berufstätige aus den Bereichen Mathematik, Ingenieurswesen, Naturwissenschaften und Technik. Gute Englischkenntnisse sind ebenfalls eine Voraussetzung. Interessierte füllen ein Formular aus und laden Bewerbungsdateien hoch. Wenn ihr Profil alle Formalitäten erfüllt, erhalten sie einen kostenlosen Zugang zur Plattform und können sich bereits auf erste konkrete Jobangebote bewerben. „Im dritten Schritt erhalten sie eine Empfehlung, mit welchen Qualifizierungen sie ihre Chance auf die Stelle erhöhen können“, so Experte Hradilak. Wer möchte, absolviert dann einen drei- bis viermonatigen Onlinekurs, legt anschließend eine Prüfung ab und erhält einen Zertifizierungsnachweis. Anschließend bewirbt er sich um den Job.

32 Studenten – zunächst nur aus Spanien und Portugal – haben die im März 2013 
an den Start gegangene Plattform in einer Pilotphase bis Ende Juli getestet und dabei geholfen, sie weiterzuentwickeln. Seit 
August steht sie allen Spaniern und Portugiesen mit den entsprechenden Voraussetzungen offen. Schritt für Schritt wird der Academy Cube nun auf ganz Europa ausgeweitet: In Griechenland hat vor Kurzem ein Pilotprojekt mit zehn Teilnehmern begonnen; weitere Pilotprojekte sind in Irland, Italien und Frankreich geplant.

Gegründet wurde die Plattform von SAP. Der deutsche Softwarehersteller hat die Gesamtkoordination des Projekts übernommen und bisher drei Millionen Euro investiert. Die SAP-Mitarbeiter werden von knapp 30 Unternehmen der IT und des produzierenden Gewerbes, von akademischen Einrichtungen in Europa sowie staatlichen Institutionen unterstützt. Unter den Partnern sind beispielsweise Bosch, Festo, die deutsche Bundesagentur für Arbeit, die IHK Portugal, die Polytechnische Universität Madrid und die Universität Minho.

100 000 junge Menschen wollen SAP und die Partner in den kommenden Jahren mit spezifischen fachlichen Qualifikationen ausstatten und sie dabei unterstützen, einen Job in Europa zu finden. Letztlich ­sollen die jungen Menschen den gesamten euro­päischen Arbeitsmarkt in Betracht ziehen – und damit nicht nur ihren beruflichen Horizont erweitern. ▪

http://academy-cube.eu