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China 2030

Wie entwickelt sich China in den kommenden Jahren und welche Bedeutung hat das für Deutschland? Sechs Szenarien.

16.11.2016
© dpa/Zhong Yang

China erlebt derzeit eine Phase struktureller Umbrüche, die weltweite Auswirkungen haben. Deutschland spürt sie besonders, da kein anderes europäisches Land mit China enger verflochten ist. Für die deutsche Politik ist China ein Schlüsselpartner geworden. Globale Probleme, vom Klimawandel bis zur Bekämpfung des Terrorismus, lassen sich nur gemeinsam mit China lösen. Für die deutsche Wirtschaft ist China einer der wichtigsten Partner. Die Exporte in die Volksrepublik machen rund zwei Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts aus, mehr als 5000 deutsche Unternehmen sind in China aktiv. An deutschen Hochschulen bilden Chinesen seit vielen Jahren die größte Gruppe ausländischer Studierender und schaffen damit ein immer dichter werdendes Netz an Verbindungen zwischen deutscher und chinesischer Gesellschaft. Deutschland hat also allen Grund, China in die eigene Zukunftsplanung einzubeziehen. Vor diesem Hintergrund haben die

Bertelsmann Stiftung und des Fraunhofer Instituts für Innovations- und Systemforschung mit Hilfe von mehr als hundert Experten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien die Studie „China 2030: Szenarien und Strategien für Deutschland“ erstellt. Sie untersucht, welche Entwicklungen in China möglich sind und wie sich unterschiedliche Szenarien auf Deutschland auswirken könnten.

Night view of CBD (Central Business District)

Konkret wurden sechs sehr unterschiedliche Szenarien untersucht, von denen drei als  derzeit gleichermaßen wahrscheinlich erscheinen: Im „Status Quo“-Szenario bleibt Chinas politisches und wirtschaftliches System weitgehend stabil. Für die deutsche Wirtschaft und Politik wäre China in diesem Szenario weiterhin kein einfacher, aber ein einigermaßen berechenbarer Partner. Im „Chinesischer Traum“-Szenario gelingt Chinas Regierung die Umsetzung ihrer ehrgeizigen Wirtschaftsreformen. Für Deutschland wäre das Land ein stärkerer wirtschaftlicher Wettbewerber, aber auch ein weiterhin wachsender Markt und stabiler politischer Partner. Im „Große Mauer“-Szenario eskalieren einige der aktuellen Probleme und treiben China in die Isolation. Darunter würden auch das deutsch-chinesische Verhältnis und die deutsche Wirtschaft leiden.

Drei weitere Szenarien basieren auf der Annahme, dass es in China zu disruptiven Veränderungen kommt: Im Szenario „Singapur-Modell“ erlebt China neben marktwirtschaftlichen Reformen auch eine gewisse politische Erneuerung. International etabliert sich China als Führungsmacht. Im Szenario „Demokratie“ wird China wird eine Demokratie nach westlichem Vorbild – mit allen Stärken und Schwächen. Wirtschaft und Gesellschaft verändern sich grundlegend. Und im Szenario „Chaos“ ist die Kommunistische Partei mit Chinas gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Spannungen überfordert und verliert die Kontrolle. Die Signale aus China sind so widersprüchlich, dass man keinen klaren Entwicklungstrend ausmachen kann. Politik und Wirtschaft sollten sich deshalb nicht auf einzelne Prognosen verlassen, sondern systematisch verschiedene Szenarien durchspielen.

„Gerade im Falle Chinas, das sich in den letzten Jahrzehnten so rapide entwickelt hat, haben wir gesehen, das viele bisherige politische Vorhersagen falsch waren. Deshalb wollten wir keine Vorhersage machen, sondern vielmehr in Möglichkeiten denken“, sagte Bernhard Bartsch, Senior Expert vom Programm „Deutschland und Asien“ der Bertelsmann Stiftung, dem deutschen Auslandssender Deutsche Welle und fügte hinzu: „Aus deutscher Sicht ist ein erfolgreiches China viel besser als ein China, das sich isoliert oder interne Probleme bekommt.“ Seiner Meinung nach ist die Studie auch für Chinesen von Interesse, weil sie darin „sehr gut sehen können, wie in Deutschland über China nachgedacht wird und welche strategische Dimension China für Deutschland hat.“