„Unser Ziel ist, dass die Menschen überleben“
Nahrungsmittel verteilen, Brunnen bauen, Menschenleben retten: Wie Deutschland die Bevölkerung Südsudans humanitär unterstützt.
Die Sonne steht hoch über Kodok, 650 km südlich von Khartum am westlichen Ufer des Weißen Nil. Eine Frau in pinkem Gewand trägt zwei schwere Säcke auf den Schultern nach Hause. Unter einem notdürftigen Zelt aus Ästen und Planen warten ihre Kinder im Schatten. „Sie hat gestrahlt, als sie die Lebensmittel bekam“, erinnert sich Kim Nicolai Kerkhof, Südsudan-Referent bei der Caritas. Kurz darauf erzählte ihm die Frau, dass ihr Mann bei einem Überfall erschossen wurde und vier ihrer Kinder verschleppt worden seien. Zeit zum Trauern blieb ihr nicht. Sie musste überleben – und ihre Familie ernähren. „Das Ziel humanitärer Hilfe ist genau das“, sagt Kerkhof. „Dass die Menschen überhaupt überleben.“
Südsudan zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Bewaffnete Konflikte, Dürren und Überschwemmungen vertreiben die Menschen innerhalb des Landes. Der Krieg im Nachbarland Sudan verschärft die Lage zusätzlich. Denn viele Menschen fliehen von dort nach Südsudan – ein Land, das selbst kaum etwas hat und von den Jahren der Gewalt gezeichnet ist.
Deutschland – einer der größten Geber für humanitäre Hilfe in Südsudan
Deutschland engagiert sich als einer der größten Geber für humanitäre Hilfe in Südsudan und stellte allein 2025 bislang rund 35 Millionen Euro bereit. Das Auswärtige Amt unterstützt zum Beispiel das Caritas-Projekt „Multisektorale humanitäre Hilfe in schwer zugänglichen, konflikt- bzw. überschwemmungsbetroffenen Regionen Demokratische Republik Kongo und Südsudan“. Mit insgesamt 16,7 Millionen Euro wird das Projekt gefördert, davon bisher 6,2 Millionen Euro für Südsudan. „Die wichtigste Komponente ist die Ernährungssicherung“, sagt Kerkhof über den Südsudan-Teil des Programms. Verteilt werden Nahrungsmittel wie Sorghum, Bohnen, Salz und Öl; später Saatgut oder auch Ochsenpflüge. „Eine Grundidee dieses Projekts ist, dass wir die Menschen zunächst einmal wieder in eine körperliche Verfassung bringen, dass sie selbst etwas anbauen können.“
Noch bis Ende August 2026 läuft das Projekt, mit dem innerhalb von drei Jahren mindestens 150.000 Menschen in Südsudan geholfen wird. Die Caritas arbeitet dafür mit vier langjährigen lokalen Partnern zusammen: mit der Society of Daughters of Mary Immaculate and Collaborators (DMI) in Kodok, der Bishop Gassis Relief and Rescue Foundation (BGRRF) in Abyei, der Africa Development Aid (ADA) in Fangak und mit der Mary Help Association (MHA) in Wau. Diese Partner sind für die Umsetzung zuständig, sie stehen in engem Kontakt mit den Menschen vor Ort. „Fast jeder, der in diesen Regionen lebt, ist bedürftig und bräuchte Unterstützung“, sagt Kerkhof.
Hilfe für Betroffene von sexualisierter Gewalt
Im Rahmen des Projekts werden Brunnen gebaut und Öfen verteilt, für die weniger Holz benötigt wird. „Das Suchen von Feuerholz ist für viele Frauen sehr gefährlich“, sagt Kerkhof. Häufig müssten sie weit laufen, dabei komme es immer wieder zu sexuellen Übergriffen. Zwei Partnerorganisationen bieten zudem psychologische und medizinische Betreuung für Betroffene von sexualisierter Gewalt. Zum Programm gehören auch sogenannte Cash-for-Work-Projekte: Wer beim Bau von Dämmen oder Brücken hilft, erhält dafür Geld und kann sich damit selbst versorgen.
Der katholische Malteser Hilfsdienst engagiert sich ebenfalls mit Unterstützung des Auswärtigen Amts in Südsudan, im Rahmen des sogenannten „Multisektoralen humanitären Nothilfeprogramms für vulnerable Bevölkerungsgruppen in Subsahara-Afrika“. Das dreijährige Projekt läuft bis Ende August 2026 und wird mit insgesamt 30,3 Millionen Euro gefördert, davon bisher etwa 5,8 Millionen Euro für Südsudan. Rund 170.000 Menschen profitieren davon. „Aus Sicht unserer Organisation besteht das Ziel des Programms darin, die dringenden humanitären Bedürfnisse der betroffenen Bevölkerung in der gesamten Region zu decken“, sagt Yonathan Qama, Länderkoordinator für die Malteser in Südsudan.
Die Würde der Menschen wahren
Konkret geht es um den verbesserten Zugang zu sauberem Wasser und die Förderung von Hygiene, um Krankheiten vorzubeugen – „und die Würde der Menschen zu wahren“, wie Qama sagt. Das Projekt soll auch Hoffnung geben – etwa durch Mahlzeiten für Schülerinnen und Schüler, die nicht nur satt machen, sondern auch als Anreiz zum Schulbesuch dienen. Die Instandsetzung und Sicherung von Gesundheitseinrichtungen ist ebenfalls Teil des Malteser-Projekts, genauso Bargeldhilfen für Bedürftige. So sollen zum Beispiel von Frauen geführte Haushalte oder solche, in denen Menschen mit Behinderungen, viele Kinder oder ältere Personen leben, zumindest kurzzeitig gestärkt werden.