Deutsch-afrikanische Forschung für den Klimaschutz
Das Internationale Klimaschutzstipendium ermöglicht den Austausch: Zwei afrikanische Forscherinnen entwickeln mit deutschen Partnern neue Klimastrategien.

Eigentlich hatte Mariam Abbas aus Mosambik ganz andere Pläne. Zu Beginn ihres Studiums der Wirtschaftswissenschaften träumte sie davon, einmal in einer Bank zu arbeiten. Doch nach ihrem Bachelorabschluss lud ihr Professor sie ein, in dem von ihm mitgegründeten Observatorio do Meio Rural in der Hauptstadt Maputo zu forschen. Die gemeinnützige Organisation analysiert die Entwicklung des ländlichen Raums in Mosambik und will damit einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit leisten. „Das Thema Landwirtschaft war am Anfang neu für mich, aber ich konnte mich mit der Sache identifizieren“, sagt Abbas, die heute Wirtschaft und Landwirtschaft durch die sozioökonomische Perspektive verbindet.
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Einverständniserklärung öffnenSeit April 2025 forscht die 34-Jährige allerdings nicht in ihrer Heimat, sondern in Deutschland. Zwei Jahre lang wird sie am Institute for Natural Ressources Technology and Management (ITT) an der Technischen Hochschule Köln bleiben. Möglich macht das das Internationale Klimaschutzstipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung für Menschen aus außereuropäischen Entwicklungs- und Schwellenländern, die sich wissenschaftlich oder in der Praxis mit dem Klimaschutz beschäftigen. Pro Jahr gibt es fünf dieser Stipendien für Postdos wie Mariam Abbas sowie bis zu 15 für Nachwuchsführungskräfte, die so in Deutschland bei einer Gastgeber-Institution an einem wissenschaftlichen Klimawandelprojekt arbeiten können.

Bereits während ihrer Doktorarbeit setzte sich Abbas mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft in Mosambik auseinander und erkannte, wie stark der Mensch die Umwelt beeinflusst. Ihre Heimat ist immer wieder von Stürmen, Überschwemmungen und Dürren betroffen, die die Ernten der Landwirtinnen und -wirte gefährden. „Sie haben Mühe, das ganze Jahr über genug zu essen zu produzieren. Mit dem Klimawandel wird dies noch schlimmer.“ In Köln beschäftigt sich Abbas daher auch mit sozialen Folgen. Ihre Ergebnisse will Abbas in Vorschläge an die Politik einfließen lassen.
In Deutschland berufliche Netzwerke knüpfen
Das Stipendium sieht Abbas als „Win-Win-Situation“. Sie könne mit dem ITT zusammenarbeiten, das sich mit ähnlichen Themen beschäftigt und mit dem sie schon zuvor in Kontakt war. Abbas hofft, dass ihre Ergebnisse auch für deutsche Forschende und Entwicklungsprojekte im Bereich Landwirtschaft in Mosambik hilfreich sein werden. Die Zeit in Deutschland möchte Abbas auch nutzen, um Netzwerke zu knüpfen; zu Beginn des Stipendiums hat sie bereits einige Institutionen wie die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), das Max-Planck-Institut oder das Bundesamt für Naturschutz besucht.

Auch Davephine Tholley aus Sierra Leone will Deutschland für ihre Forschungsarbeit erkunden. Als Stipendiatin der Alexander von Humboldt-Stiftung beschäftigt sie sich mit der Frage, wie deutsche Städte Hitze mit „naturbasierten Lösungen“ abmildern und welche Inspirationen sich zum Beispiel in den Parks für Sierra Leones Hauptstadt finden lassen. „Freetown ist ein wunderschöner Ort, aber wir gehen nicht gut mit unserer Umwelt um“, sagt sie.
Zwischen Berlin und Freetown – im Einsatz für Klimaschutz
Tholley ist Bauingenieurin und hat ihren Master in Engineering Business Management an der University of Sussex in England gemacht. Ein Jahr lang wird sie nun bei der Berliner Agentur für digitale Stadtentwicklung Creative Climate Cities verbringen. Tholleys Gastgeber sehen die Zusammenarbeit wiederum als Chance, um mit ihrer Hilfe unter anderem Kontakte zu Entscheidungsträgern in Afrika und vor allem in Sierra Leone aufzubauen. In der Stadtverwaltung von Freetown war Tholley zuletzt als Operations Management Consultant im Büro der Bürgermeisterin an verschiedenen Projekten beteiligt, vor allem im Bereich Wasserversorgung und bei der Initiative „Freetown the Treetown“ mit dem Ziel, bis 2030 fünf Millionen neue Bäume zu pflanzen.
In Deutschland will Tholley sich auch ansehen, welche Regeln und Gesetze es zum Schutz der Umwelt gibt und was es braucht, damit sie eingehalten werden. „Hier werden zum Beispiel nicht einfach Bäume gefällt“, sagt sie, die in ihrer Heimat gesehen hat, wie Bäume abholzt wurden und Gewässer austrockneten. Erfahrungen, die dazu beigetragen haben, dass sie sich heute für den Klimaschutz einsetzt.
Frauen mit Klimastrategien empowern
Auch Freetown ist immer wieder von Hitze und Überschwemmungen betroffen. „In Sierra Leone sind es Frauen, die bei Klimakatastrophen am meisten gefährdet sind, sowohl wirtschaftlich als auch physisch“, sagt Tholley. „Wenn wir Klimastrategiepläne umsetzen, sollten wir uns darauf konzentrieren, wie wir Frauen und Mädchen damit empowern können.“ Tholley engagiert sich auch ehrenamtlich für Frauenrechte und kann sich vorstellen, dass andere Länder ebenfalls von einem solchen Geschlechter-sensiblen Ansatz im Hinblick auf den Klimawandel und seine Folgen profitieren könnten. „Es geht darum, die Umwelt besser zu machen und Leben zu schützen“, sagt sie über ihre Forschung, mit der sie einen Leitfaden für Freetown entwickeln möchte, den sie nicht nur der Politik vorlegen will; sie möchte auch der Bevölkerung eine praktische Handreichung geben. „Wissen zu teilen ist ein wichtiger Aspekt des Projekts.“
Mariam Abbas und Davephine Tholley möchten ihre Kenntnisse nach der Rückkehr gezielt in ihren Heimatländern einsetzen – und hoffen darauf, dass der Austausch mit deutschen Institutionen langfristig positive Impulse für Forschung und Praxis bringt. Ihr Ziel: praktische Lösungen zu erarbeiten, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren und dabei helfen, Umweltschutz und soziale Entwicklung miteinander zu verbinden.