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Merkels Rückzug: Das internationale Medienecho

Angela Merkel will den Parteivorsitz abgeben und nach dem Ende der laufenden Wahlperiode auch nicht mehr für den Bundestag kandidieren. Ausgesuchte Pressestimmen.

30.10.2018
Angela Merkel will auf CDU-Vorsitz verzichten
© dpa

Berlin (dpa) - Angela Merkels Rückzug ist auch im Ausland ein großes Thema. Was denken die Kommentatoren?

„Die Dämmerung ihrer (Angela Merkels) politischen Karriere ist für Polen eine schlechte Nachricht. In Deutschland hat in der jüngsten Geschichte noch kein Polen so wohlgesonnener Politiker regiert. Merkel versteht unsere Geschichte und hat sogar daran teilgenommen. (...) Merkel versteht das Streben Polens gen Westen und die Ängste vor dem Osten. Sie hat unsere europäischen Aspirationen unterstützt und dabei geholfen, den Spalt zwischen dem neuen und alten Europa zu schließen.“
„Gazeta Wyborcza“, Polen

„Wir werden Angela Merkel nachtrauern. Die Deutschen, die sie seit 2005 als Kanzlerin hatten, haben die schlimmste Wirtschaftskrise eines Jahrhunderts unbeschadet überstanden. Und wir Europäer, die ihr Zögern erlebt haben, aber auch ihre Fähigkeit, immer das Richtige zu machen, wenn es angebracht war und es keine Alternative gab: Sei es die Griechenlandkrise oder die Flüchtlingskrise im Jahr 2015. Jetzt, wo ihre Dämmerung begonnen hat, zeichnet sich Merkel als historischer Gigant in diesem Stückchen des Jahrtausends ab.“
„Corriere della Sera“, Italien

„Höchstwahrscheinlich hat Merkel den Parteivorsitz nach 18 Jahren unter dem Druck des konservativen Flügels abgegeben. Aber es ist zu früh, von einem Abschied von der Kanzlerschaft zu sprechen, weil der sich erst mit der Bundestagswahl 2021 vollziehen soll. Fürs erste ist die Tatsache wichtig, dass Merkel sich entschlossen hat, Kanzlerin zu bleiben.“
„Nesawissimaja Gaseta“, Russland

„Die wirtschaftliche Stärke ihres Landes hat vielen Deutschen Belastungen erspart, unter denen andere Nationen zu leiden hatten. Doch die Flüchtlingskrise des Jahres 2015 - zu der sie eine liberale und pragmatische Haltung einnahm - brachte Konsequenzen mit sich, die sie nicht gemeistert hat. Ihr Nachfolger wird bei der bedeutenden Aufgabe, unserem verängstigten Kontinent wieder Zuversicht zu geben, aus ihren Stärken ebenso wie aus ihren Schwächen lernen müssen.“
„Guardian“, Großbritannien

„Der Rückzug von Angela Merkel wird nicht nur die deutsche Politik in Mitleidenschaft ziehen, die vom Bedeutungsverlust der Traditionsparteien CDU und SPD und vom alarmierenden Aufstieg der extremen Rechten bedroht wird (...) Merkel ist nicht nur Deutschland. Zusammen mit Frankreich verteidigt sie schon seit vielen Jahren standhaft jene Werte, die Europa zu einem der Räume der demokratischen Welt mit dem größten Wohlstand und Fortschritt gemacht haben. Und das, ohne auf die Gründungsprinzipien der EU wie den Schutz der Menschenrechte, die Bürgergleichheit und den freien Markt zu verzichten. Ihr Rückzug ist deshalb auch eine schlechte Nachricht für die Europäische Union, die in den nächsten Jahren vor den schwierigen Herausforderungen der Konsolidierung der Banken- und Fiskalunion, des erfolgreichen Abschlusses der Brexitgespräche sowie der Dynamisierung der Gemeinschaftsinstitutionen steht.“
„El Mundo“, Spanien