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Wärmewende für Deutschland

Philipp Pausder von Thermondo will mit dem Einbau von Wärmepumpen das Heizen in Deutschland klimaneutral machen.

Klaus LüberKlaus Lüber, 13.04.2023
Das Tempo bei der Energiewende erhöhen: Das will Philipp Pausder, Chef von Thermondo.
Das Tempo bei der Energiewende erhöhen: Das will Philipp Pausder, Chef von Thermondo. © Jens Gyarmaty

Sie wollen einen Beitrag zur Energiewende leisten, um der Klimakrise entgegenzutreten: Wir stellen Menschen vor, die mit ihren Ideen und ihrem Engagement den Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland und weltweit vorantreiben.

In einer inzwischen berühmten Szene des 2006 erschienenen Dokumentarfilms „Eine unbequeme Wahrheit“ läuft Al Gore vor einem riesigen Bildschirm auf und ab. Dieser zeigt die CO₂-Konzentration und Temperatur auf der Erde in den letzten 650.000 Jahren: zwei Kurven, die sich fast parallel zueinander nach oben und unten schlängeln. Am rechten Rand, in der Gegenwart, steigt die CO₂-Kurve so rasant nach oben, dass Gore sich von einer Hebebühne nach oben fahren lässt, um auf Augenhöhe mit dem angezeigten Wert zu sein. Und dann noch weiter, um den für die nächsten 50 Jahre prognostizierten Wert anzuzeigen. Aus einer Höhe von fast zehn Metern blickt er hinunter auf das Publikum und fragt in den Saal: „Was glauben Sie, wird mit der Temperaturkurve passieren, wenn wir nichts unternehmen?“

„Mich hat das total geschockt damals. Ich dachte mir, wir müssen sofort handeln“, erzählt Philipp Pausder. Der 2,06 Meter große ehemalige Basketballprofi und heutige Unternehmer steht in der Berliner Zentrale seiner Firma Thermondo im fünften Stock eines schicken neuen Bürokomplexes in Berlin-Kreuzberg und berichtet über seine Motivation, die Energiewende voranzubringen. „Als der Film Premiere hatte, war ich gerade Student an der IE Business School in Madrid, also im Grunde im ständigen Suchmodus nach neuen Geschäftsideen. Und mir war sofort klar: Hinter der Handlungsaufforderung von Al Gore steckt auch eine unglaubliche Business Opportunity“, so der 47-jährige Unternehmer.

Wie wird Deutschland bis 2045 klimaneutral?

Wieder zurück in Deutschland gründet Pausder Ende 2012 mit zwei Mitstreitern das Unternehmen Thermondo. Das Ziel: Heizen in Deutschland klimaneutral machen. Und zwar „mit der Geschwindigkeit des Marktes“, wie er, ganz Startup-Unternehmer, sagt. Das Gründungsteam war sich sicher: Der Einbau von Heizungen läuft viel zu schleppend, zu ineffizient, die Planungsprozesse sind viel zu umständlich. „Gerade 17 Prozent der Betriebe hatten überhaupt eine Website“, erzählt er. „Uns war klar, wenn wir so schnell sein wollen, wie wir es angesichts der Klimakrise sein müssen, brauchen wir extrem leistungsstarke und flexible Handwerksbetriebe.“ Um Dynamik in die Heizungsbranche zu bringen, setzt Thermondo auf Digitalisierung, investiert Millionen, um eine Software zu entwickeln, die das Prozessmanagement beim Einbau von Heizungen optimiert. „Das ist auch heute noch eine zentrale Säule unseres Unternehmens.“

Eine Wärmepumpe ist ein Energiewunder.
Philipp Pausder, Gründer und Geschäftsführer von Thermondo

Inzwischen ist Thermondo mit über 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Deutschlands größter Anbieter von Heizungslösungen für Ein- oder Zweifamilienhäuser. Derzeit deckt Deutschland seinen Wärmebedarf noch zu mehr als 80 Prozent durch das Verbrennen fossiler Energieträger. Von den rund 41 Millionen Haushalten nutzt fast jeder zweite Erdgas und fast jeder vierte Heizöl. Ein Drittel des gesamten deutschen CO₂-Ausstoßes werden dadurch verursacht.

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Würde man Hauswärme aus erneuerbaren Quellen generieren, hätte man es geschafft, einen „schlafenden Riesen“ zu wecken, sagen Energieexpertinnen und -experten. Auch Pausder wählt dieses Bild, um gleichzeitig zu betonen: Man habe gar keine andere Wahl, als den Giganten wachzurütteln und für sich arbeiten zu lassen. „Wenn Deutschland wirklich bis 2045 klimaneutral werden will, müssen wir spätestens 2025 aufhören, fossile Energieträger zu verbauen. Denn Heizungen haben eine durchschnittliche Lebensdauer von 20 Jahren.“

10.000 Wärmepumpen bis Ende 2023

Im Augenblick installiert Thermondo selbst noch Öl- und Gasheizungen, setzt aber seit Kurzem verstärkt auf Wärmepumpen. Diese arbeiten wesentlich effizienter und können komplett mit grünem Strom betrieben werden. „Eine Wärmepumpe ist ein Energiewunder“, schwärmt Pausder. Sie nutzt die bereits in der Luft oder Erde gespeicherte Wärme und macht sie mithilfe elektrischer Energie für das Heizen von Gebäuden nutzbar. „Das ist dreimal effizienter als eine moderne Gasheizung.“ Geht es nach der deutschen Bundesregierung, sollen bis 2030 sechs Millionen der Geräte verbaut sein. Wer nach dem 1. Januar 2024 eine neue Heizung einbauen lässt, muss dafür sorgen, dass diese mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben wird.

Thermondo will bis Ende 2023 10.000 Wärmepumpen in deutsche Ein- und Zweifamilienhäuser verbauen.
Thermondo will bis Ende 2023 10.000 Wärmepumpen in deutsche Ein- und Zweifamilienhäuser verbauen. © Thermondo

Für Thermondo ist das natürlich eine große Chance. Und ein enormer Ansporn, jetzt richtig Tempo zu machen. Gleich neben dem Empfang in der Firmenzentrale hat Pausder eine Tafel aufstellen lassen. Sie zeigt die aktuelle Anzahl der verkauften und installierten Wärmepumpen. Alle zwei Stunden aktualisiert sich die Anzeige mit dem typischen Klappern alter, analoger Anzeigetafeln an Flughäfen. „Ich wollte das für unsere Mitarbeiter so haptisch wie möglich machen, was wir gerade leisten und was wir schon geleistet haben“, so Pausder. 10.000 Wärmepumpen will Thermondo bis Jahresende in deutschen Ein- und Zweifamilienhäusern installieren. Dafür sind bundesweit 500 festangestellte Handwerker, darunter auch viele Heizungsinstallateure, im Einsatz. Ende April steht der Zähler auf 2.070 verkauften und 1.324 installierten Geräten.

Thermondo macht Tempo bei der Installation

Ist das zu schaffen? Pausder nickt. Schließlich arbeitet sein Unternehmen schon seit Jahren intensiv daran, den Prozess einer Heizungsinstallation zu beschleunigen. Thermondo sei auf dem Weg, die Heizungsbranche zu industrialisieren, heißt es immer wieder in Porträts zur Firma. Bei der Wärmepumpe könnte sich dies auszahlen. Denn die Installation ist anspruchsvoll. „Es sind drei Gewerke, die hier zusammenspielen: Sie benötigen einen Heizungsinstallateur, einen Elektriker und einen Handwerker, der das Fundament legt“, erklärt Pausder. Außerdem sei es die Aufgabe des Anbieters, Fördermittel für seine Kundinnen und Kunden zu organisieren. „Aber genau darin sind wir gut.“ Im Schnitt 18 Arbeitstage benötige die Heizungsbranche aktuell, um eine Wärmepumpe zu installieren. Bei Thermondo sind es derzeit zehn, für die Zukunft strebe man sechs Arbeitstage an. „Wir haben keine Zeit zu verlieren.“