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Gegen die große Flut

Im mosambikanischen Beira ist der Klimawandel schon zu spüren: Der Grundwasserpegel steigt, das Leben vieler Menschen ist bedroht. Deutschland setzt sich für Naturschutz ein und will die Folgen des Klimawandels verringern.

Tim Kanning, 13.01.2016

Wenn Helena Alberto von ihrer neuen Wohnung spricht, dann strahlt sie über das ganze Gesicht. Eine eigene Dusche habe sie jetzt, in der sie sich einmal ganz um sich selbst drehen könne, sagt die Frau mit den kurzen schwarzen Locken und dreht sich einmal mit weit ausgestreckten Armen im Kreis. Sogar eine feste Stelle hat sie nun und kann mit ihrem Gehalt von 4000 Metical im Monat – umgerechnet etwa 87 US-Dollar – ihre sieben Kinder ernähren. Noch vor wenigen Monaten hat die 37 Jahre alte Frau in einer notdürftig zusammengezimmerten Wellblechhütte gelebt und die Familie mit dem Verkauf von Bonbons an der Straße durchgebracht. In der Regenzeit stand ihr Viertel in der mosambikanischen Stadt Beira oft monatelang unter Wasser. Die Kinder wurden krank, Durchfall und Malaria plagten sie alle.

Helena Alberto und ihre Familie profitieren von einem Projekt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), das auf längere Sicht der ganzen Stadt helfen soll. 13 Millionen Euro steckt die Bundesregierung über ihre Förderbank KfW in die Wiederbelebung des Rio Chiveve. Der Fluss ist nach Jahrzehnten der Verschmutzung vollends versiegt, bei Starkregen kann das Wasser nicht mehr über ihn ins Meer fließen, was für Beira und seine 700 000 Einwohner mit dem Klimawandel zunehmend zur existentiellen Gefahr wird. Beira gilt als eine der am stärksten vom Klimawandel bedrohten Städte Afrikas. Denn sie liegt nur knapp über dem Meeresspiegel, an einigen Stellen sogar darunter. Steigen die Meere im Zuge einer beschleunigten Erderwärmung, können die Dämme die Fluten nicht mehr lange aus der Stadt halten. Schon heute steigt der Grundwasserpegel und die Regenzeit kommt seit einigen Jahren mit immer heftigeren Starkregenfällen und Zyklonen einher.

 

Alberto und andere Familien, die vor der Armut des Landes in die zweitgrößte mosambikanische Stadt an der Küste des Indischen Ozean geflohen sind, hatten sich im früheren Flussbett des Rio Chiveve angesiedelt, von dem in der Trockenzeit nichts mehr zu sehen war. Doch in der Regenzeit erobern sich die Wassermassen aus dem Hinterland ihre alten Wege zurück und werden zur tödlichen Gefahr. Mit dem deutschen Geld wird der Rio Chiveve nun gründlich ausgegraben, damit das Wasser wieder frei ins Meer fließen kann. Deshalb wurden Helena Alberto und einige andere Familien in Wohnungen in der Stadt umgesiedelt, viele von ihnen erhielten wie sie Arbeitsplätze auf der Baustelle. Ein positiver Nebeneffekt eines Projektes, das in erster Linie die Stadt vor den Folgen des Klimawandels bewahren soll. Es gibt Wissenschaftler, die Beira in 20 Jahren im Meer versinken sehen. Solche Prognosen will der Bürgermeister der Stadt, Daviz Simango, nicht hören. Doch er weiß auch: „Wenn die Entwässerung der Stadt nicht ordentlich funktioniert, wird uns die erste große Flut alle töten.“ Deswegen ist das Projekt der KfW in seinen Augen so wichtig für die Stadt.

 

Die staatliche Förderbank ist für die finanzielle Zusammenarbeit der Bundesregierung mit armen Ländern und Regionen in der ganzen Welt zuständig. Die Ziele sind vielfältig: Schulen und Straßen werden gebaut, Gesundheitsstationen errichtet, die Wasserversorgung verbessert, erneuerbare Energieträger auf- und ausgebaut. Es gibt Unterstützung in der Landwirtschaft, bei der Ernährungssicherung und Kleinkredite für kleine und mittlere Unternehmer, damit sie sich selbst eine Existenz aufbauen können. 2014 hat sie neue Projekte im Wert von 7,4 Milliarden Euro zugesagt. 1,2 Milliarden Euro flossen in 97 Projekte im Afrika südlich der Sahara, vom Senegal über Kamerun bis hin nach Madagaskar. Je nach Stärke des Partnerlandes gibt die KfW Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen, oder Darlehen zu günstigen Konditionen. Die KfW versucht auch, mit lokalen Organisationen zusammenzuarbeiten. In Beira etwa ist die Nichtregierungsorganisation ADEL mit der Aufforstung der Mangrovenwälder an den Ufern des Rio Chiveve betraut.

In einem Projekt, das die KfW für besonders gelungen hält, wurde mit dem Geld ein grenzüberschreitender Korridor für wilde Elefanten und andere Tiere zwischen Botswana, Namibia und Angola eingerichtet. Wegen der politischen Lage waren die Tiere zum Verbleib in kleinen Regionen gezwungen, was die Fauna und die Landwirtschaft dort beeinträchtigte. Bauern gingen dazu über, die Tiere zu erschießen. Weil sie nun wieder über weitere Flächen wandern können, haben sich sowohl die Population als auch die Landwirtschaft in der Region wieder erholt. Viele Anwohner profitieren nun davon, dass Touristen vermehrt in das Gebiet reisen.

 

Ein großer Teil der Entwicklungsgelder der KfW fließt in Bildungsprojekte. Denn oft fehlt es den Bewohnern an Wissen über ökologische Zusammenhänge und Umweltbewusstsein, das für eine nachhaltige Entwicklung vor Ort notwendig ist. Auch das zeigt sich in Beira. Schon heute reißt der Indische Ozean in Teilen der Stadt Häuser mit sich in die Fluten. Das liegt weniger am Klimawandel als daran, dass diese Gebäude viel zu nah ans Wasser gebaut wurden und wichtige Mangrovenwälder, die die Küste einst befestigten, abgeholzt wurden. „Viele Leute denken: Gott hat hier einen Baum hingesetzt, wenn er wichtig ist, wird er einen neuen Baum hinsetzen“, sagt ADEL-Mitarbeiter Amid Tayob. So lange die Menschen aber nicht mitmachten, könne in der Stadt auch kein nachhaltiger Erfolg erzielt werden. Tayob weiß, dass es ein harter Kampf werden wird, Beira gegen den Klimawandel zu schützen. Das Geld aus Deutschland soll dafür einen Beitrag leisten.