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Die deutsch-afrikanischen Wirtschaftsbeziehungen

Afrika gilt als Kontinent der großen Chancen – auch für die deutsche Wirtschaft. Zehn Fakten, die Sie kennen sollten.

06.02.2017
© olly/Fotolia - Business

1. Gemeinsam ist man stärker

In der Ease-of-Doing-Business-Rangliste der Weltbank findet sich das beste afrikanische Land – Mauritius – auf Rang 49, das zweitbeste – Ruanda – auf Platz 56. Deutschland liegt auf Platz 17. In der Vergangenheit waren deutsche Unternehmen in Afrika oft auf sich allein gestellt. Jetzt machen sich Vertreter von Wirtschaft, Handelskammern und Regierungen gemeinsam stark. Zu diesem Zweck findet vom 8. bis 10. Februar 2017 der German African Business Summit in Kenia statt. Es werden rund 400 Vertreter von Wirtschaft und Politik erwartet. Sie wollen neue Märkte kennenlernen, Geschäftspartner finden sowie Chancen und Risiken diskutieren.

2. Kontinent der großen Chancen

Bis 2050 soll sich Afrikas Bevölkerung auf 2,1 Milliarden Menschen mehr als verdoppeln. Darin sehen Unternehmen Marktchancen, zumal sich in einigen Ländern erstmals eine Mittelschicht entwickelt. Hohes Potenzial versprechen sich die Anbieter erneuerbarer Energien. Immerhin zwei Drittel der Bürger haben bisher keinen Strom, an Sonne und Wind wiederum herrscht kein Mangel. Nachholbedarf besteht auch im Gesundheitswesen, in der Umwelttechnik, beim Aufbau von Infrastruktur und in der Landwirtschaft. Trotz großer Flächen und fruchtbarer Böden sind viele Länder Nettoimporteure von Nahrungsmitteln. Die weite Verbreitung des Mobilfunks – 2015 hatten 386 Millionen Nutzer einen Vertrag – eröffnet vielfältigen Unternehmen Zugang zu bisher kaum erreichbaren Kundengruppen. Afrika ist aber für viele nicht nur der Kontinent der großen Potenziale, sondern auch der Risiken. Deutsche Unternehmen sorgen sich oft um die politische Stabilität, trotz vermehrt demokratischer Wahlen wie auch um Planungssicherheit und den Schutz des Privateigentums. Behördliche Willkür erschwert häufig die Geschäfte.

3. Investorenschutz und Steuerabkommen

Zur Sicherheit der Investoren hat Deutschland Investitionsschutzverträge mit fünf Ländern geschlossen: Nigeria, Ghana, Elfenbeinküste, Kenia und Angola. Südafrika hat seinen Vertrag 2013 überraschend gekündigt. An seine Stelle soll ein nationales Investitionsschutzgesetz treten. Das bedeutet unter anderem, dass Investoren im Streitfall nicht mehr vor internationalen Gerichten klagen können. Doppelbesteuerungsabkommen bestehen mit Ghana, der Elfenbeinküste, Kenia und Südafrika. Seit vielen Jahren wird über ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit der EU verhandelt, nicht alle Länder haben bisher unterschrieben. 

4. Vorreiter Autoindustrie

Deutschlands Autobauer gehören zu den Pionieren in Afrika. 1896 gelangt das erste Auto nach Südafrika: der von Carl Benz patentierte Motorwagen Benz Velo. Produziert wird am Kap seit den 1940er- und 1950er-Jahren. Volkswagen eröffnete 1949 ein Werk mit 320 Mitarbeitern, Daimler-Benz folgte in den 1950er-Jahren. Das BMW-Werk nahe Pretoria ist für das Münchner Unternehmen die erste Fertigungsstätte im Ausland gewesen. Dank Subventionen ist Südafrika bis heute ein wichtiger Produktionsstandort in Schwellenländern. Daran wollen sich Länder wie Nigeria und Kenia ein Beispiel nehmen. Produziert wird vornehmlich für den Export, etwa in die USA, die Subsahara-Afrika nach dem AGOA-Programm Handelserleichterungen gewähren. Als Nelson Mandela 1990 nach 27 Jahren Haft freigelassen wurde, fertigten Arbeiter des Mercedes-Benz-Werks in East London eigens eine rote S-Klasse für den Nationalhelden.

5. Jenseits von Südafrika

Lange Zeit haben sich deutsche Unternehmen nur auf Südafrika konzentriert. Das ändert sich. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat in den vergangenen acht Jahren immerhin fünf neue Niederlassungen eröffnet. Abgesehen von Südafrika zählen aktuell Nigeria, Ghana, Angola, Tansania und Mosambik zu den Top-Investitionszielen. Volkswagen kehrte vor kurzem nach Kenia zurück. BASF hat neben Südafrika auch Niederlassungen in Kenia, Nigeria und Marokko. Auch Ruanda, Sambia oder die Elfenbeinküste ziehen verstärkt das Interesse auf sich. Äthiopien könnte Kenia trotz politischer Probleme bald als wichtigster Absatzmarkt in Ostafrika ablösen.

6. Wechselseitiger Nutzen

Deutsche Unternehmen sind neben dem primären Geschäft auch an zahlreichen Initiativen beteiligt, um die afrikanische Wirtschaft zu unterstützen und Armut zu bekämpfen. Der Verband der Deutschen Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) hat die Initiative „Fachkräfte für Afrika“ in Botswana, Kenia und Nigeria gegründet. Auch das erfolgreiche deutsche Modell einer dualen Berufsausbildung soll in Afrika Schule machen. Umgekehrt profitieren die Deutschen von der Zusammenarbeit mit einheimischen Partnern. Sie ermöglicht es erst, in neue Märkte vorzudringen. In einigen Ländern sind lokale Anteilseigner unumgänglich.

7. Ausbaufähiger Handel

2015 wurden zwischen Deutschland und dem südlichen Afrika Waren im Wert von 25,6 Milliarden Euro ausgetauscht. Dies entspricht 1,2 Prozent des gesamten deutschen Außenhandels. Im ersten Halbjahr 2016 hat der Warenaustausch wegen des Niedergangs der Rohstoffpreise kräftig gelitten, vor allem die Krise in Nigeria machte  sich bemerkbar. Deutschland importiert insbesondere Metallerze aus Subsahara-Afrika. Umgekehrt gelangen Fahrzeuge, Fahrzeugteile, Maschinen, chemische Erzeugnisse und elektrische Ausrüstungen aus Deutschland nach Afrika.

8. „Made in Germany“ gefragt, aber teuer

In der Rangliste der Top-5-Lieferländer für Subsahara-Afrika steht Deutschland an fünfter Stelle hinter China, Südafrika, Indien und den USA. Der Export konzentriert sich stark auf Südafrika und Nigeria. Mehr als zwei Drittel der Waren werden dorthin exportiert. „Made in Germany“ genießt zwar hohes Ansehen, doch im Preiswettbewerb mit der asiatischen Konkurrenz ziehen die Deutschen oft den Kürzeren. Als Absatzmarkt für afrikanische Produkte liegt Deutschland hinter Indien, China, den Niederlanden, USA und Spanien.

9. Aktives verarbeitendes Gewerbe  

Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes sind die aktivsten Investoren in Subsahara-Afrika, es folgen Finanzdienstleister und Versicherungen.

Insgesamt halten sich deutsche Unternehmen in Afrika aber vergleichsweise zurück. Die deutsche Wirtschaft hat 2014 auf der ganzen Welt fast 1 Billion Euro Direktinvestitionen platziert, auf Afrika entfielen nur 7 Milliarden Euro, weniger als 1 Prozent. Noch stärker als der Handel konzentrieren sich die Direktinvestitionen auf Südafrika. Nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) sind in Subsahara-Afrika 614 deutsche Unternehmen vertreten, 411 in Südafrika. Dazu gehören die großen Dax-Unternehmen wie Siemens, Bayer und die Autobauer.

10. Afrikas Wirtschaft in Deutschland

Afrikanische Unternehmen engagieren sich auch in Deutschland, vor allem Großkonzerne aus Südafrika. So ist der einst von einem Deutschen gegründete Möbelkonzern Steinhoff seit mehr als einem Jahr an der Frankfurter Börse notiert. Unter anderem gehören die Poco-Möbelmärkte zu dem weit verzweigten Imperium. Auch der Petrochemiekonzern Sasol, der Papierhersteller Sappi und der Generika-Produzent Aspen produzieren an verschiedenen deutschen Standorten. Seltener wagen sich Familienbetriebe dorthin. Eine Ausnahme ist der Baumaschinenhersteller Bell Equipment, der seit 2003 in Eisenach Muldenkipper für den europäischen Markt baut. Er macht in Deutschland mit knapp 100 Mitarbeitern einen Umsatz von 100 Millionen Euro. Jüngst eröffnete er einen neuen Hauptsitz im hessischen Alsfeld. 

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