„Klein anfangen, groß enden“
Manager mit starker Verbindung zu Deutschland: Gürcan Karakaş, Chef des türkischen E-Autobauers Togg, ist ein Pionier.
Wenn Gürcan Karakaş über den nächsten Schritt spricht, dann ist ihm der Respekt davor anzumerken. „Wir gehen in die Höhle des Löwen“, sagt er – und meint damit den deutschen Markt, der in der Autoindustrie als besonders umkämpft gilt. 600 Exemplare der ersten beiden Togg-Modelle T10X und T10F will er noch in diesem Jahr verkaufen. Vorgestellt hat er die Elektroautos einer breiten Öffentlichkeit auf der Messe IAA Mobility im September 2025 in München. „Klein anfangen, groß enden“, lautet eine von Karakaş‘ Maximen, die er bei Podiumsdiskussionen mit einem schelmischen Lächeln wiederholt.
Im Jahr 2018 hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan Karakaş an die Spitze eines Konsortiums aus fünf Industrie- und Technologie-Unternehmen berufen. Togg ist ein Akronym für „Türkiye'nin Otomobili Girişim Grubu“, auf Deutsch: „Automobil-Initiativgruppe der Türkei“. Sein Auftrag lautete, eine erfolgreiche türkische Elektromarke auf die Beine zu stellen. Das erste Auto kam 2023 auf den Markt, pünktlich zum 100-jährigen Bestehen der Republik Türkei. Alle früheren Anstrengungen, einen nationalen Autohersteller zu formen, waren gescheitert. Doch Gürcan Karakaş gelang der Durchbruch.
Schule und Berufsleben in Deutschland
Die Wahl für das ambitionierte Projekt fiel seinerzeit auch deshalb auf ihn, weil er viele Jahre für das deutsche Unternehmen Bosch gearbeitet hatte, den größten Automobilzulieferer der Welt. In Deutschland war der 1965 in der Kleinstadt Akseki in der Provinz Antalya geborene Karakaş schon zur Schule gegangen. Nach dem Abitur kam er nach Ankara und absolvierte ein Maschinenbaustudium an der Middle East Technical University, bevor er 1988 als Konstrukteur beim türkischen Rüstungskonzern Aselsan startete. 1990 wechselte er zu Bosch nach Stuttgart, wo er mehrere Positionen bekleidete und unter anderem das Werk in Bursa leitete. Das deutsche „Handelsblatt“ kürte ihn 2011 zu einem der „Manager von morgen“.
Für Karakaş, der neben Türkisch auch fließend Deutsch und Englisch spricht, soll Togg einen besonderen Akzent setzen: „Unser Anspruch ist es, eine globale Tech-Company im Bereich Automotive zu sein“, sagte er kürzlich in einem Interview. Von Anfang an sprach er daher konsequent von einem „Smart Mobility Device“, wenn es um das erste Fahrzeug von Togg ging.
Spätestens nach 20 Minuten, so seine Erkenntnis, werde es den Passagieren auf einer Fahrt langweilig, dann wollten sie unterhalten werden. Daher steht das Infotainment für Karakaş im Mittelpunkt.
Deutschland als möglicher Wachstumsmarkt
2021 wurde eine Zentrale in Stuttgart eingerichtet, um das Infotainment auf die europäischen Bedürfnisse anzupassen. Obwohl Togg den Elektromarkt in der Türkei dominiert und mit einer eigenen Ladeinfrastruktur auch die Voraussetzungen für weiteres Wachstum geschaffen hat, reicht dies nicht für ein nachhaltiges Geschäftsmodell. Karakaş sucht also weitere Märkte, um den langfristigen Erfolg zu ermöglichen.
In Deutschland baut er auch auf das Interesse der rund drei Millionen Türkeistämmigen. Das helfe dabei, die Marke bekannter zu machen, ist er sicher. Angesichts chinesischer Konkurrenz schätzt Karakaş die Vorteile der Zollunion zwischen EU und Türkei. Nach Deutschland sollen weitere Märkte wie Frankreich, Italien oder Spanien folgen.