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Deutsche Mittelständler entdecken Afrika

Deutsche Mittelständler entdecken Afrika: Welche Chancen ihre Aktivitäten beinhalten und vor welchen Herausforderungen sie stehen.

15.01.2014
© Hansgrohe/SE

Der deutsche Mittelstand hat sich mit dem Zugang zu Afrika lange schwergetan. Auf dem Kontinent herrschen besondere Marktbedingungen, die spezielle interkulturelle und rechtliche Kenntnisse, ein dickes Finanzpolster, viel Geduld und Ausdauer erfordern. Dies übersteigt häufig die Kapazitäten mittelständischer Unternehmen.

Seit einigen Jahren ist dennoch eine erfreuliche Entwicklung in Bezug auf die Afrika-Aktivitäten der deutschen Wirtschaft festzustellen: Nachdem alle oder zumindest die meisten Großunternehmen den Kontinent für sich entdeckt haben, zieht nun der deutsche Mittelstand nach. Dies erfolgt wie im Fall der Kfz-Zulieferbranche teilweise im Schlepptau der Großen, die ihrer Kundschaft insbesondere nach Südafrika gefolgt sind. Bekannte Beispiele sind Bosch und Benteler. Aber auch in vielen anderen Sektoren gibt es zunehmend Erfolgsgeschichten deutscher mittelständischer Firmen quer über den Kontinent. Diese Entwicklung erfolgt zum Teil parallel zum Wachstum der afrikanischen Mittelschicht, weil es hier neues Marktpotenzial im Konsumgüter‑sektor gibt – speziell bei langlebigen Gebrauchswaren.

Einen Namen hat sich zum Beispiel das deutsche Unternehmen Donauer mit seinen „D: Hybrid System Solutions“ insbesondere in Kenia und Ghana gemacht. Bei den Anlagen handelt es sich um eine Kombination der in Afrika im Überfluss vorhandenen Sonnenenergie mit Dieselgeneratoren. Die Stromkosten sinken mit Hilfe der Technologie um rund 40 Prozent. Überhaupt sind Solaranlagen für den gewerblichen und privaten Gebrauch ein interessantes Investitionsfeld, weil deutsche Hersteller in diesem Bereich über viele technologische Kompetenzen verfügen.

Aber auch im Sektor gehobener langlebiger Gebrauchsgüter sind deutsche Unternehmen auf dem Kontinent präsent. Erfolgreich ist zum Beispiel der deutsche Armaturen-Markenfabrikant Hansgrohe. Der Mittelständler ist seit 20 Jahren in Afrika aktiv und nach eigener Aussage mittlerweile als Importeur die Nummer eins auf dem 
südafrikanischen Markt. Ihn zieht es inzwischen auch in weitere aufstrebende Länder südlich der Sahara, wie Tansania, Ghana und Botswana.

Eine Niederlassung in Namibia errichtete der Zementhersteller Schwenk, ein Familienunternehmen aus Ulm, mit Investitionen von 250 Millionen Euro. Für deutsche Mittelständler gilt gerade in diesem Land, das einst eine deutsche Kolonie war und in dem heute noch rund 20.000 Deutsche leben und arbeiten, das Investitionsklima als günstig, auch wegen der vergleichsweise guten In­frastruktur. Ein weiterer Baumaterialienhersteller mit Ambitionen südlich der Sahara ist der Dachziegelfabrikant Monier, der sich bereits vor vielen Jahren in Südafrika niedergelassen und sein Augenmerk auch auf Kenia und Ghana gerichtet hat.

Auf Expansionskurs in Afrika ist auch die Herrenknecht AG aus Schwanau im Schwarzwald, die sogenannte Vortriebsanlagen für Bohrungen von Tunneln herstellt. Nachdem die Firma sich zunächst nur in Südafrika niedergelassen hatte, nimmt sie nun auch andere Länder wie Nigeria ins Visier. Allerdings muss – wie der Firmenchef in einem Interview erklärte – vor jedem Einsatz in Subsahara-Afrika vor allem die Frage der Sicherheit beantwortet werden. Auch Firmenumfragen etwa des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) zu den Ambitionen deutscher Unternehmen in Afrika zeigen regelmäßig den hohen Stellenwert, der Demokratie und Rechtssicherheit in den jeweiligen Zielländern 
beigemessen wird. Denn ein guter Sicherheitsstandard und ein funktionierendes Rechtssystem senken die Produktionskosten und das unternehmerische Risiko.

Rahmenbedingungen wie diese sind ausschlaggebend, wenn es um die Entscheidung zur Errichtung von Fertigungsbetrieben in Afrika geht. In nennenswertem Umfang verfügen deutsche Firmen bisher nur in Südafrika über Produktionsstätten. Ansonsten gibt es Einzelbeispiele, wie die Produktionsanlage von Beiersdorf in Nairobi mit den populären Nivea-Markenprodukten für den ostafrikanischen, speziell kenianischen Markt. Ein wichtiger Konsumgütersektor in allen afrikanischen Ländern ist die Getränkeindustrie, da die Nachfrage aus allen Bevölkerungsschichten stabil ist. In diesem Sektor hat sich die deutsche Firma Krones Abfüllanlagen insbesondere als Auftragnehmer der südafrikanischen SABMiller-Brauerei bei Projekten in Angola, Tansania und Mosambik einen Namen gemacht.

Manch ein deutsches mittelständisches Unternehmen ist bereits seit Jahrzehnten, oft seit der Kolonialzeit, in Afrika „zu Hause“. So etwa das Handelshaus Woehrmann vor allem in Westafrika, Jos. Hansen aus Hamburg, Achelis aus Bremen oder das Unternehmen Lahmeyer im Energiesektor.

Bei allen Engagements in Afrika muss sich der Investor darauf einstellen, dass die chinesische Konkurrenz versucht, die Pläne 
zu durchkreuzen – so geschehen etwa bei 
einem Zementprojekt von Schwenk in Namibia (Ohorongo Cement), das von der dortigen Regierung durch Einfuhrschutz gegen Billigimporte gerettet wurde. Um in Afrika erfolgreich zu sein, müssen die deutschen Unternehmen mit ihren Qualitäten überzeugen: bei Produkten, im Know-how-Transfer, in Service, Wartung, Beschäftigung und Ausbildung lokaler Arbeitskräfte sowie generell mit seriösen Geschäftsmethoden – also auf all den Gebieten, auf denen chinesische Unternehmen in Afrika bislang nicht punkten konnten. ▪

Inge Hackenbroch

Die Autorin ist Referentin für Afrika bei 
Germany Trade and Invest.

Im Überblick: 
Die wichtigsten 
Wachstumsmärkte

Die neue Ausgabe der Broschüre 
„Afrika im Fokus 2013/14“ von 
Germany Trade and Invest enthält Analysen zu den wichtigsten Wachstumsmärkten in Afrika sowie Porträts der gegenwärtigen Schwerpunktländer für internationale Wirtschaftsbeziehungen. Hinzu kommen eine Darstellung der wachsenden afrikanischen Mittelschicht als neuer Marktfaktor sowie eine Analyse der internationalen Investitionsströme nach Subsahara-Afrika. Die Länderporträts betreffen Angola, Ghana, Kenia, Nigeria und Südafrika.