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Sympathische Chefs

Benno Dorer ist der beliebteste CEO in den USA. Auch andere deutsche Chefs sind bei großen amerikanischen Unternehmen erfolgreich.

Roland Lindner, 18.08.2017
Benno Dorer: „Die deutsche Art, Dinge zu tun“
Benno Dorer: „Die deutsche Art, Dinge zu tun“ © Clorox

Von Süddeutschland nach Kalifornien: Benno Dorer, geboren in Furtwangen im Schwarzwald, hat es bis zum Vorstandsvorsitzenden von Clorox gebracht. Der US-Hersteller von Konsumgütern wie Haushaltsreinigern und Körperpflegeprodukten hat seinen Hauptsitz in Oakland. Trotzdem war Dorer bislang in der Öffentlichkeit nicht allzu präsent. Clorox ist zwar mit einem Jahresumsatz von knapp sechs Milliarden Dollar ein Unternehmen von stattlicher Größe. Doch in seiner kalifornischen Heimatregion wird Clorox in puncto Bekanntheit von Unternehmen aus dem nahen Silicon Valley wie Google, Facebook oder Tesla in den Schatten gestellt. Dass der 53-jährige Dorer vor Kurzem dennoch ins Rampenlicht katapultiert wurde, hat einen besonderen Grund.

Vor den Superstars

Die Karriereplattform Glassdoor nennt auf ihrer jährlichen Liste der beliebtesten Vorstandsvorsitzenden diesmal Dorer auf dem ersten Platz. Die Liste basiert auf anonymen Angaben von Mitarbeitern, und unter den Befragten aus seiner Belegschaft zeigten sich 99 Prozent mit Dorers Arbeit zufrieden. Das liegt weit über der durchschnittlichen Zustimmungsrate von 67 Prozent. Unter den 20 beliebtesten Vorstandschefs waren eine Reihe von Superstars der amerikanischen Wirtschaft, etwa Mark Zuckerberg von Facebook oder Sundar Pichai von Google, aber Dorer hat sie alle hinter sich gelassen. Der Clorox-Chef findet das schmeichelhaft, will es aber als Vertrauensvotum für das ganze Unternehmensmanagement verstanden wissen, denn er mag keinen Personenkult: „Ich versuche, meinen Narzissmus gering zu halten.“

Dorer ist einer von rund einem halben Dutzend deutschen Vorstandschefs börsennotierter amerikanischer Unternehmen, und er kann sich vorstellen, dass dieses Grüppchen künftig größer wird. In Amerikas Wirtschaft werde „die deutsche Art, Dinge zu tun“, mehr und mehr geschätzt. Typisch deutsch findet es Dorer, nicht allzu viel Wind um sich zu machen, beständig zu sein und langfristig zu denken. Dass die Abgasaffäre um den Volkswagen-Konzern deutsches Management nicht gerade in ein gutes Licht gerückt hat, ist Dorer bewusst. Aber er meint, die Geschehnisse um VW seien eine Ausnahme von der Regel und würden in Amerika auch so verstanden.

Ich versuche, meinen Leuten nicht in die Quere zu kommen.
Benno Dorer, Vorstandsvorsitzender Clorox

An der Spitze von Clorox steht Dorer seit knapp drei Jahren. Der Aufstieg ist der bisherige Höhepunkt seiner langen Karriere in der Konsumgüterindustrie. Nach dem Betriebswirtschaftsstudium an der Universität des Saarlandes arbeitete Dorer zunächst fünf Jahre in der deutschen Niederlassung von Procter & Gamble. Danach ging er ins Ausland, auch Skandinavien und Belgien zählen zu seinen Stationen.

2005 heuerte er bei Clorox an. Er fand, ein kleineres Unternehmen als Procter & Gamble würde ihm mehr Freiheiten bieten, außerdem gefiel ihm die Aussicht, in der Gegend um San Francisco zu leben. Seiner Berufung zum Vorstandschef ging ein mehrjähriges hartes Rennen um den Posten mit einem Kollegen aus dem Management voraus. Dorer meint, womöglich habe seine internationale Erfahrung die Wahl für ihn beeinflusst.

Dass seine Mitarbeiter sich in der Glassdoor-Umfrage so positiv über ihn geäußert haben, ist mehr als eine hübsche Anerkennung. Denn in seinem Unternehmen hängt auch die Bezahlung des Top-Managements von der Zustimmung der Belegschaft ab. Um das zu messen, führt Clorox selbst eine anonyme Mitarbeiterbefragung durch, die herausfinden soll, wie engagiert und motiviert das Personal ist.

Kultur der Selbstbestimmung

Die Beschäftigten werden zum Beispiel gefragt, wie gut ihnen ihre Aufgabe gefällt und für wie wahrscheinlich sie einen Verbleib im Unternehmen halten. Die Ergebnisse dieser Umfrage schlagen sich dann neben betriebswirtschaftlichen Kennzahlen auch in Dorers Gehaltspaket nieder. Der Deutsche sagt, seine Mitarbeiter würdigten, dass er ihnen viel Verantwortung gebe. Er sieht es als die Aufgabe des Top-Managements, die wirklich harten Entscheidungen zu treffen, aber ansonsten eine Kultur der Selbstbestimmung zu schaffen und die Belegschaft an der langen Leine zu führen. „Ich versuche, meinen Leuten nicht in die Quere zu kommen.“

Auch diese deutschen CEOs sorgen in Amerika für Aufsehen:

Marc Bitzer, 52 Jahre, ist der jüngste Neuzugang in der Riege deutscher Vorstandschefs in den USA. Er wurde im Juni 2017 an die Spitze des Hausgeräteherstellers Whirlpool berufen, zu dem auch die deutsche Marke Bauknecht gehört. Bitzer stammt aus Balingen bei Tübingen, bei Whirlpool ist er schon seit 1999. Whirlpool ist nun gemessen am Umsatz das größte amerikanische Unternehmen mit einem Deutschen an der Spitze.

Martin Richenhagen, 65 Jahre, ist der Veteran unter den Deutschen in amerikanischen Chefetagen. Seit 13 Jahren führt er den Landmaschinenhersteller Agco, der unter anderem die deutsche Marke Fendt produziert. Der gebürtige Kölner, der früher einmal Lehrer für Religion und Französisch war, tauchte 2017 auf der von der Zeitschrift „Fortune“ herausgegebenen Liste der am meisten bewunderten Vorstandschefs in Amerika auf.

Andreas Mattes, 55 Jahre, hat 2016 mit dem von ihm geführten amerikanischen Geldautomatenhersteller Diebold den deutschen Wettbewerber Wincor Nixdorf gekauft. Er ist nun Vorstandschef des kombinierten Unternehmens Diebold Nixdorf. Mattes ist in Nürnberg geboren und hat 20 Jahre lang für den deutschen Industriekonzern Siemens gearbeitet, unter anderem in Amerika. Bevor er zu Diebold kam, war er beim Technologiekonzern Hewlett-Packard im Silicon Valley.

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