„Austausch von Wissen und Ideen“
Das Lehrangebot der Türkisch-Deutschen Universität in Istanbul wird weiterentwickelt.

„Diese Universität ist etwas ganz Besonderes, weil sie ein Forum für Dialog und für den Austausch von Wissen und Ideen zwischen der Türkei und Deutschland ist“, erklärte Bundespräsident Joachim Gauck bei der offiziellen Eröffnung der Türkisch-Deutschen Universität (TDU) Ende April 2014 in Istanbul. Von „deutscher Technologie und Disziplin“ könne sein Land profitieren, meinte wiederum der türkische Staatspräsident Abdullah Gül. Gelehrt wird an der TDU schon seit September 2013: in den Bachelorstudiengängen Technik Mechatronischer Systeme, Rechtswissenschaft und Betriebswirtschaft sowie in den Masterstudiengängen Manufacturing Technology, Interkulturelles Management und International and European Affairs.
Deutsche und türkische Wissenschaftler treffen sich regelmäßig zu Fachgesprächen, erarbeiten gemeinsam Konzepte und Curricula für Studiengänge und entwickeln Fortbildungen für türkische Nachwuchswissenschaftler. Zudem unterrichten Lehrkräfte der deutschen Kooperationspartner an der TDU. Die meisten Dozenten pendeln zwischen Deutschland und der Türkei und halten mindestens sechsmal pro Semester Blockseminare in Istanbul. Eine dieser „fliegenden Dozenten“ ist Viola Heutger. An der Rechtswissenschaftlichen Fakultät hat sie im Sommersemester ein Seminar zur Rechtsgeschichte gegeben. Im nächsten Semester steht Methodenlehre auf dem Studienplan. „Wir unterrichten an der TDU den gleichen Stoff wie in Deutschland“, erklärt die promovierte Rechtshistorikerin. Die TDU-Absolventen sollen mit dem deutschen und dem internationalen Rechtssystem vertraut gemacht werden. Der Bachelorstudiengang Rechtswissenschaft verbinde die Traditionen der türkischen Juristenausbildung mit der deutschen, europäischen und internationalen Ausrichtung. „Das ist sehr viel Stoff und ein 130-prozentiges Studium“, hebt Heutger hervor. Die Studierenden erlebt sie als „ungeheuer motiviert und fleißig“.
124 junge Frauen und Männern sind seit dem Wintersemester 2013/14 an der TDU eingeschrieben. Nach Auskunft von İzzet Furgaç, Koordinator für das Konsortium der deutschen Partneruniversitäten, wird die Zahl der Studierenden im zweiten Jahr um das Dreifache steigen. Ab Wintersemester 2014/15 werde nämlich das Lehrangebot erweitert – um die Bachelorstudiengänge Wirtschaftsingenieurwesen, Politik- und Verwaltungswissenschaften. Auf 5000 soll in absehbarer Zeit die Zahl der Studierenden an der TDU wachsen, die sich als Forschungsuniversität etablieren will.
Noch findet der Lehrbetrieb auf einem provisorischen Campus statt. Die eigentlichen Universitätsgebäude sollen 2016 bezugsfertig sein. Verantwortlich für ihre Finanzierung wie auch für die laufenden Betriebskosten ist die Türkei. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) trägt vor allem die Kosten für das Lehrpersonal aus Deutschland. Beim Festakt im Frühjahr gab Bundesbildungsministerin Johanna Wanka bekannt, dass das BMBF zudem „für zwei Jahre mit jeweils einer Million Euro einen Wissenschaftsfonds finanziert, mit dem besonders qualifizierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für die TDU gewonnen werden sollen“. ▪
Canan Topçu
30 DEUTSCHE PARTNERUNIVERSITÄTEN
Mitverantwortlich für die Lehrinhalte der Türkisch-Deutschen Universität sind 30 deutsche Partneruniversitäten, die sich zu einem Konsortium zusammengeschlossen haben, dessen Geschäftsstelle beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) angesiedelt ist. Federführend am Aufbau der fünf TDU-Fakultäten beteiligt sind die Freie Universität Berlin (Rechtswissenschaftliche Fakultät), die Technische Universität Berlin (Ingenieurwissenschaften), die Universität Heidelberg (Kultur- und Sozialwissenschaften), die Universität zu Köln (Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaften) sowie die Universität Potsdam (Naturwissenschaften).